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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.

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§ 58. Die Formelsammlungen.

3. Die Formulae Sangallenses miscellaneae54, 23 ver-
schiedenartige Formeln, die uns in verschiedenen Handschriften er-
halten sind. Die meisten stammen aus dem letzten Viertel des neunten
Jahrhunderts. Die Formeln 19--23, früher mit Unrecht dem St. Galler
Mönche Iso (+ 872) zugeschrieben, sind erst gegen Ausgang des
neunten Jahrhunderts, jedenfalls nicht vor Karls III. Kaiserkrönung
(881) entstanden.

4. Das sogenannte Formelbuch Salomos III. von Konstanz55,
eine Kompilation, welche in Sankt Gallen von dem Mönche Notker
dem Stammler (+ 912)56 angelegt worden ist. Den rechtsgeschichtlich
wertvollsten Teil bildet eine darin enthaltene Sammlung von rechts-
geschäftlichen Formeln, welche um 870 begonnen wurde (F. 6--21).
Die ersten fünf Nummern, Formeln für Königsurkunden, sind freie
und fehlerhafte Erfindungen des Verfassers. Als eine besondere
Gruppe hebt sich eine Briefsammlung der Brüder Waldo und Salomo
(später Bischöfe von Freiburg und Konstanz) heraus. Dass Bischof
Salomo (890--920) die Herstellung der Kompilation veranlasst habe,
lässt sich nicht erweisen.

IV. Bairische Formelsammlungen.

1. Die Formulae Salzburgenses57, Briefformeln, die sich in
einer Münchner Handschrift hinter den Lindenbruchschen Formeln und
dem karolingischen Marculf finden58, darunter zahlreiche Briefe
Alkuins. Die Sammlung entstand zu Salzburg in den ersten Jahren
des neunten Jahrhunderts.

2. Die Collectio Pataviensis59, eine kleine Sammlung von
7 Formeln, in der Zeit Ludwigs des Deutschen zu Passau entstanden.

3. Die St. Emmeramer Fragmente60, Überreste einer dem Salz-
burger Formelbuche verwandten aber rechtsgeschichtlich bedeutsameren
Kompilation. Sie zerfiel in drei Sammlungen. Die erste, von welcher uns

54 Zeumer S 380.
55 U. d. T. herausgeg. von Dümmler 1857. Bei Zeumer S 395 als Col-
lectio Sangallensis Salomonis III. tempore conscripta.
56 Nach Zeumer, Aufsätze für Waitz S 97 Verfasser der bekannten Er-
zählungen des "monachus Sangallensis".
57 Zeumer S 439.
58 Die ganze Kompilation hat Rockinger als Salzburgisches Formelbuch
aus des Erzbischofs Arno Zeit in den Quellen und Erörterungen zur bairischen
und deutschen Geschichte 1858 VII 127 ff. veröffentlicht.
59 Zeumer S 457.
60 Zeumer S 463; derselbe, NA VIII 601 ff.
§ 58. Die Formelsammlungen.

3. Die Formulae Sangallenses miscellaneae54, 23 ver-
schiedenartige Formeln, die uns in verschiedenen Handschriften er-
halten sind. Die meisten stammen aus dem letzten Viertel des neunten
Jahrhunderts. Die Formeln 19—23, früher mit Unrecht dem St. Galler
Mönche Iso († 872) zugeschrieben, sind erst gegen Ausgang des
neunten Jahrhunderts, jedenfalls nicht vor Karls III. Kaiserkrönung
(881) entstanden.

4. Das sogenannte Formelbuch Salomos III. von Konstanz55,
eine Kompilation, welche in Sankt Gallen von dem Mönche Notker
dem Stammler († 912)56 angelegt worden ist. Den rechtsgeschichtlich
wertvollsten Teil bildet eine darin enthaltene Sammlung von rechts-
geschäftlichen Formeln, welche um 870 begonnen wurde (F. 6—21).
Die ersten fünf Nummern, Formeln für Königsurkunden, sind freie
und fehlerhafte Erfindungen des Verfassers. Als eine besondere
Gruppe hebt sich eine Briefsammlung der Brüder Waldo und Salomo
(später Bischöfe von Freiburg und Konstanz) heraus. Daſs Bischof
Salomo (890—920) die Herstellung der Kompilation veranlaſst habe,
läſst sich nicht erweisen.

IV. Bairische Formelsammlungen.

1. Die Formulae Salzburgenses57, Briefformeln, die sich in
einer Münchner Handschrift hinter den Lindenbruchschen Formeln und
dem karolingischen Marculf finden58, darunter zahlreiche Briefe
Alkuins. Die Sammlung entstand zu Salzburg in den ersten Jahren
des neunten Jahrhunderts.

2. Die Collectio Pataviensis59, eine kleine Sammlung von
7 Formeln, in der Zeit Ludwigs des Deutschen zu Passau entstanden.

3. Die St. Emmeramer Fragmente60, Überreste einer dem Salz-
burger Formelbuche verwandten aber rechtsgeschichtlich bedeutsameren
Kompilation. Sie zerfiel in drei Sammlungen. Die erste, von welcher uns

54 Zeumer S 380.
55 U. d. T. herausgeg. von Dümmler 1857. Bei Zeumer S 395 als Col-
lectio Sangallensis Salomonis III. tempore conscripta.
56 Nach Zeumer, Aufsätze für Waitz S 97 Verfasser der bekannten Er-
zählungen des „monachus Sangallensis“.
57 Zeumer S 439.
58 Die ganze Kompilation hat Rockinger als Salzburgisches Formelbuch
aus des Erzbischofs Arno Zeit in den Quellen und Erörterungen zur bairischen
und deutschen Geschichte 1858 VII 127 ff. veröffentlicht.
59 Zeumer S 457.
60 Zeumer S 463; derselbe, NA VIII 601 ff.
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[411/0429] § 58. Die Formelsammlungen. 3. Die Formulae Sangallenses miscellaneae 54, 23 ver- schiedenartige Formeln, die uns in verschiedenen Handschriften er- halten sind. Die meisten stammen aus dem letzten Viertel des neunten Jahrhunderts. Die Formeln 19—23, früher mit Unrecht dem St. Galler Mönche Iso († 872) zugeschrieben, sind erst gegen Ausgang des neunten Jahrhunderts, jedenfalls nicht vor Karls III. Kaiserkrönung (881) entstanden. 4. Das sogenannte Formelbuch Salomos III. von Konstanz 55, eine Kompilation, welche in Sankt Gallen von dem Mönche Notker dem Stammler († 912) 56 angelegt worden ist. Den rechtsgeschichtlich wertvollsten Teil bildet eine darin enthaltene Sammlung von rechts- geschäftlichen Formeln, welche um 870 begonnen wurde (F. 6—21). Die ersten fünf Nummern, Formeln für Königsurkunden, sind freie und fehlerhafte Erfindungen des Verfassers. Als eine besondere Gruppe hebt sich eine Briefsammlung der Brüder Waldo und Salomo (später Bischöfe von Freiburg und Konstanz) heraus. Daſs Bischof Salomo (890—920) die Herstellung der Kompilation veranlaſst habe, läſst sich nicht erweisen. IV. Bairische Formelsammlungen. 1. Die Formulae Salzburgenses 57, Briefformeln, die sich in einer Münchner Handschrift hinter den Lindenbruchschen Formeln und dem karolingischen Marculf finden 58, darunter zahlreiche Briefe Alkuins. Die Sammlung entstand zu Salzburg in den ersten Jahren des neunten Jahrhunderts. 2. Die Collectio Pataviensis 59, eine kleine Sammlung von 7 Formeln, in der Zeit Ludwigs des Deutschen zu Passau entstanden. 3. Die St. Emmeramer Fragmente 60, Überreste einer dem Salz- burger Formelbuche verwandten aber rechtsgeschichtlich bedeutsameren Kompilation. Sie zerfiel in drei Sammlungen. Die erste, von welcher uns 54 Zeumer S 380. 55 U. d. T. herausgeg. von Dümmler 1857. Bei Zeumer S 395 als Col- lectio Sangallensis Salomonis III. tempore conscripta. 56 Nach Zeumer, Aufsätze für Waitz S 97 Verfasser der bekannten Er- zählungen des „monachus Sangallensis“. 57 Zeumer S 439. 58 Die ganze Kompilation hat Rockinger als Salzburgisches Formelbuch aus des Erzbischofs Arno Zeit in den Quellen und Erörterungen zur bairischen und deutschen Geschichte 1858 VII 127 ff. veröffentlicht. 59 Zeumer S 457. 60 Zeumer S 463; derselbe, NA VIII 601 ff.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/429>, abgerufen am 22.11.2024.