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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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entblösst sind; hinter dem Pfeiler, auf dem ein nacktes Figür-
chen steht, liest man [fremdsprachliches Material - fehlt]: Stosch t. 45; Gori
Mus. flor. II, t. 4; Bracci t. 88; Winckelm. Descr. II, 1263;
Raspe 3440; Cades II, C, 27; C. I. 7231. Köhler, der im
Allgemeinen das Verdienst dieses Werkes richtig würdigt
(S. 190), kann doch auch hier nicht unterlassen, wenigstens
gegen die Inschrift Zweifel zu äussern. Er nennt Gestalt und
Kopf der Figur "gut erfunden und gezeichnet, auch die Aus-
führung leicht und geschmackvoll, aber alles nur angefangen,
blos angelegt und nichts vollendet"; die verschiedenen Wie-
derholungen derselben Gestalt (deren es z. B. zwei mit den
Namen des Allion und Archion giebt) ständen gegen diese
Paste weit zurück. Weil aber alles nur angelegt sei, und
der Glasfluss auch nicht von einem Steine, sondern von einem
Entwurfe in Wachs genommen zu sein scheine, so müsse die
Inschrift verdächtig sein, da doch kein Künstler seinen Na-
men auf einen blossen Entwurf werde geschrieben haben.
Wie wenig haltbar alle diese Gründe sind, hat schon Stephani
(S. 352) bemerkt. Namentlich hebt er mit Recht hervor, dass
der Mangel an Beendigung wenigstens zum Theil wohl Folge
der Nachlässigkeit bei Anfertigung der antiken Paste sein
möge; und in der That ist die Arbeit keineswegs skizzenhaft
derb, sondern sie ermangelt nur der Schärfe in den Details.
Weiter aber bietet die Inschrift an sich betrachtet nichts Ver-
dächtiges dar, und es wäre überdem kein Grund abzusehen,
wie ein Fälscher auf den seltenen Namen des Onesas ver-
fallen sein könnte. Nehmen wir endlich dazu, dass Figur
und Inschrift bereits um die Mitte des siebzehnten Jahrhun-
derts bekannt wurden, so wird auch der letzte Zweifel an
ihrer Echtheit verstummen müssen.

Begründeter scheinen die Angriffe, welche ein zweiter
Stein mit dem Namen des Onesas von Seiten Köhler's erfah-
ren hat: ein Carneol der Andreini'schen und später der floren-
tiner Sammlung mit dem Brustbilde des Herakles, der das
Haupt mit dem Olivenkranz umwunden und um den Hals das
Löwenfell geknüpft hat. Vor dem Halse steht ONHCAC;
an dem oberen Theile ist der Stein beschädigt, Stosch t.
46; Gori Mus. Flor. II, t. 1, 3; Bracci II, t. 89; Winck. Descr.
II, 1683; Lippert I, 532; Raspe 5504; Cades III, A, 22; C.
I. 7232. Köhler sagt (S. 186): "Die Arbeit an diesem Kopfe

entblösst sind; hinter dem Pfeiler, auf dem ein nacktes Figür-
chen steht, liest man [fremdsprachliches Material – fehlt]: Stosch t. 45; Gori
Mus. flor. II, t. 4; Bracci t. 88; Winckelm. Descr. II, 1263;
Raspe 3440; Cades II, C, 27; C. I. 7231. Köhler, der im
Allgemeinen das Verdienst dieses Werkes richtig würdigt
(S. 190), kann doch auch hier nicht unterlassen, wenigstens
gegen die Inschrift Zweifel zu äussern. Er nennt Gestalt und
Kopf der Figur „gut erfunden und gezeichnet, auch die Aus-
führung leicht und geschmackvoll, aber alles nur angefangen,
blos angelegt und nichts vollendet‟; die verschiedenen Wie-
derholungen derselben Gestalt (deren es z. B. zwei mit den
Namen des Allion und Archion giebt) ständen gegen diese
Paste weit zurück. Weil aber alles nur angelegt sei, und
der Glasfluss auch nicht von einem Steine, sondern von einem
Entwurfe in Wachs genommen zu sein scheine, so müsse die
Inschrift verdächtig sein, da doch kein Künstler seinen Na-
men auf einen blossen Entwurf werde geschrieben haben.
Wie wenig haltbar alle diese Gründe sind, hat schon Stephani
(S. 352) bemerkt. Namentlich hebt er mit Recht hervor, dass
der Mangel an Beendigung wenigstens zum Theil wohl Folge
der Nachlässigkeit bei Anfertigung der antiken Paste sein
möge; und in der That ist die Arbeit keineswegs skizzenhaft
derb, sondern sie ermangelt nur der Schärfe in den Details.
Weiter aber bietet die Inschrift an sich betrachtet nichts Ver-
dächtiges dar, und es wäre überdem kein Grund abzusehen,
wie ein Fälscher auf den seltenen Namen des Onesas ver-
fallen sein könnte. Nehmen wir endlich dazu, dass Figur
und Inschrift bereits um die Mitte des siebzehnten Jahrhun-
derts bekannt wurden, so wird auch der letzte Zweifel an
ihrer Echtheit verstummen müssen.

Begründeter scheinen die Angriffe, welche ein zweiter
Stein mit dem Namen des Onesas von Seiten Köhler’s erfah-
ren hat: ein Carneol der Andreini’schen und später der floren-
tiner Sammlung mit dem Brustbilde des Herakles, der das
Haupt mit dem Olivenkranz umwunden und um den Hals das
Löwenfell geknüpft hat. Vor dem Halse steht ONHCAC;
an dem oberen Theile ist der Stein beschädigt, Stosch t.
46; Gori Mus. Flor. II, t. 1, 3; Bracci II, t. 89; Winck. Descr.
II, 1683; Lippert I, 532; Raspe 5504; Cades III, A, 22; C.
I. 7232. Köhler sagt (S. 186): „Die Arbeit an diesem Kopfe

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[520/0537] entblösst sind; hinter dem Pfeiler, auf dem ein nacktes Figür- chen steht, liest man _ : Stosch t. 45; Gori Mus. flor. II, t. 4; Bracci t. 88; Winckelm. Descr. II, 1263; Raspe 3440; Cades II, C, 27; C. I. 7231. Köhler, der im Allgemeinen das Verdienst dieses Werkes richtig würdigt (S. 190), kann doch auch hier nicht unterlassen, wenigstens gegen die Inschrift Zweifel zu äussern. Er nennt Gestalt und Kopf der Figur „gut erfunden und gezeichnet, auch die Aus- führung leicht und geschmackvoll, aber alles nur angefangen, blos angelegt und nichts vollendet‟; die verschiedenen Wie- derholungen derselben Gestalt (deren es z. B. zwei mit den Namen des Allion und Archion giebt) ständen gegen diese Paste weit zurück. Weil aber alles nur angelegt sei, und der Glasfluss auch nicht von einem Steine, sondern von einem Entwurfe in Wachs genommen zu sein scheine, so müsse die Inschrift verdächtig sein, da doch kein Künstler seinen Na- men auf einen blossen Entwurf werde geschrieben haben. Wie wenig haltbar alle diese Gründe sind, hat schon Stephani (S. 352) bemerkt. Namentlich hebt er mit Recht hervor, dass der Mangel an Beendigung wenigstens zum Theil wohl Folge der Nachlässigkeit bei Anfertigung der antiken Paste sein möge; und in der That ist die Arbeit keineswegs skizzenhaft derb, sondern sie ermangelt nur der Schärfe in den Details. Weiter aber bietet die Inschrift an sich betrachtet nichts Ver- dächtiges dar, und es wäre überdem kein Grund abzusehen, wie ein Fälscher auf den seltenen Namen des Onesas ver- fallen sein könnte. Nehmen wir endlich dazu, dass Figur und Inschrift bereits um die Mitte des siebzehnten Jahrhun- derts bekannt wurden, so wird auch der letzte Zweifel an ihrer Echtheit verstummen müssen. Begründeter scheinen die Angriffe, welche ein zweiter Stein mit dem Namen des Onesas von Seiten Köhler’s erfah- ren hat: ein Carneol der Andreini’schen und später der floren- tiner Sammlung mit dem Brustbilde des Herakles, der das Haupt mit dem Olivenkranz umwunden und um den Hals das Löwenfell geknüpft hat. Vor dem Halse steht ONHCAC; an dem oberen Theile ist der Stein beschädigt, Stosch t. 46; Gori Mus. Flor. II, t. 1, 3; Bracci II, t. 89; Winck. Descr. II, 1683; Lippert I, 532; Raspe 5504; Cades III, A, 22; C. I. 7232. Köhler sagt (S. 186): „Die Arbeit an diesem Kopfe

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/537>, abgerufen am 15.06.2024.