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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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drungene Schöpfung" anerkennen will. Auch Raspe äussert
einige Zweifel gegen die Echtheit. Was Clarac p. 93 über
einen Stein des Herzogs von Devonshire bemerkt, scheint
auf einer Verwechselung zu beruhen.

"Auf einem Carneol in der farnesischen, jetzt königli-
chen Sammlung zu Neapel ist Perseus stehend gebildet, sich
auf seinen Schild lehnend, der mit dem Medusenhaupte ge-
schmückt ist. Zu seinen Füssen liegen der Harnisch, der
Helm und die Beinstiefeln. Im Abschnitte liest man die Auf-
schrift [fremdsprachliches Material - fehlt] (Stosch t. 30; Bracci II, t. 60;
[Lippert II, 12]; Raspe 8867; Cades III, B, 200). Zeichnung
und Ausführung an dieser Gemme ist schön und von einem
nicht zu bezweifelnden Alterthume. ... Der Name des Dios-
kurides ... ist neu, wie man deutlich aus der Furchtsam-
keit der Ausführung, aus der Ungleichheit der Fläche, auf
der die Buchstaben stehen, und endlich aus dem Umstande
sieht, dass, wie es scheint, man anfangs den Namen hatte ab-
kürzen wollen, und nachher erst die von den vorhergehenden
etwas entfernten Endbuchstaben OY hinzugesetzt hat. Auch
finde ich in dem handschriftlichen Verzeichnisse der farne-
sischen Sammlung bemerkt, dass einige diese Aufschrift für
einen späterhin beigefügten Zusatz gehalten haben": Köhler
S. 147. Die Worte jenes Verzeichnisses (zu N. 273) lauten
nach Köhler: "Corniola colla figura di Perseo colla testa di
Medusa in mano, scheggiata nelle gambe, col nome dell'
autore Dioscoride dimezzato in caratteri Greci, che si cre-
dono posteriori." Sie scheinen sich daher gar nicht auf den
vorliegenden Stein zu beziehen, sondern vielleicht auf das
Original einer Glaspaste, darstellend Perseus mit dem Me-
dusenhaupte, mit der Inschrift [fremdsprachliches Material - fehlt]: Winck. Descr. III,
128; Raspe 8860; Bracci II, p. 27, die allerdings keinen An-
spruch machen kann, für ein Werk des Dioskurides zu gel-
ten. Aber, auch abgesehen von dieser Verwechselung, be-
finde ich mich in dem seltenen Falle, über Köhler's Zweifel
noch, hinausgehen und das Alter selbst jener von Köhler be-
sprochenen Arbeit verdächtigen zu müssen. Zeichnung und
Ausführung jener Figur, für welche der Name Perseus übri-
gens keineswegs hinlänglich begründet ist, verdienen das Lob
der Schönheit; allein -- nur so weit als sie mit dem soge-
nannten Antinous, d. h. Mercur des Belvedere (Mus. PCI. I,

drungene Schöpfung‟ anerkennen will. Auch Raspe äussert
einige Zweifel gegen die Echtheit. Was Clarac p. 93 über
einen Stein des Herzogs von Devonshire bemerkt, scheint
auf einer Verwechselung zu beruhen.

„Auf einem Carneol in der farnesischen, jetzt königli-
chen Sammlung zu Neapel ist Perseus stehend gebildet, sich
auf seinen Schild lehnend, der mit dem Medusenhaupte ge-
schmückt ist. Zu seinen Füssen liegen der Harnisch, der
Helm und die Beinstiefeln. Im Abschnitte liest man die Auf-
schrift [fremdsprachliches Material – fehlt] (Stosch t. 30; Bracci II, t. 60;
[Lippert II, 12]; Raspe 8867; Cades III, B, 200). Zeichnung
und Ausführung an dieser Gemme ist schön und von einem
nicht zu bezweifelnden Alterthume. … Der Name des Dios-
kurides … ist neu, wie man deutlich aus der Furchtsam-
keit der Ausführung, aus der Ungleichheit der Fläche, auf
der die Buchstaben stehen, und endlich aus dem Umstande
sieht, dass, wie es scheint, man anfangs den Namen hatte ab-
kürzen wollen, und nachher erst die von den vorhergehenden
etwas entfernten Endbuchstaben OY hinzugesetzt hat. Auch
finde ich in dem handschriftlichen Verzeichnisse der farne-
sischen Sammlung bemerkt, dass einige diese Aufschrift für
einen späterhin beigefügten Zusatz gehalten haben‟: Köhler
S. 147. Die Worte jenes Verzeichnisses (zu N. 273) lauten
nach Köhler: „Corniola colla figura di Perseo colla testa di
Medusa in mano, scheggiata nelle gambe, col nome dell’
autore Dioscoride dimezzato in caratteri Greci, che si cre-
dono posteriori.‟ Sie scheinen sich daher gar nicht auf den
vorliegenden Stein zu beziehen, sondern vielleicht auf das
Original einer Glaspaste, darstellend Perseus mit dem Me-
dusenhaupte, mit der Inschrift [fremdsprachliches Material – fehlt]: Winck. Descr. III,
128; Raspe 8860; Bracci II, p. 27, die allerdings keinen An-
spruch machen kann, für ein Werk des Dioskurides zu gel-
ten. Aber, auch abgesehen von dieser Verwechselung, be-
finde ich mich in dem seltenen Falle, über Köhler’s Zweifel
noch, hinausgehen und das Alter selbst jener von Köhler be-
sprochenen Arbeit verdächtigen zu müssen. Zeichnung und
Ausführung jener Figur, für welche der Name Perseus übri-
gens keineswegs hinlänglich begründet ist, verdienen das Lob
der Schönheit; allein — nur so weit als sie mit dem soge-
nannten Antinous, d. h. Mercur des Belvedere (Mus. PCI. I,

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[493/0510] drungene Schöpfung‟ anerkennen will. Auch Raspe äussert einige Zweifel gegen die Echtheit. Was Clarac p. 93 über einen Stein des Herzogs von Devonshire bemerkt, scheint auf einer Verwechselung zu beruhen. „Auf einem Carneol in der farnesischen, jetzt königli- chen Sammlung zu Neapel ist Perseus stehend gebildet, sich auf seinen Schild lehnend, der mit dem Medusenhaupte ge- schmückt ist. Zu seinen Füssen liegen der Harnisch, der Helm und die Beinstiefeln. Im Abschnitte liest man die Auf- schrift _ (Stosch t. 30; Bracci II, t. 60; [Lippert II, 12]; Raspe 8867; Cades III, B, 200). Zeichnung und Ausführung an dieser Gemme ist schön und von einem nicht zu bezweifelnden Alterthume. … Der Name des Dios- kurides … ist neu, wie man deutlich aus der Furchtsam- keit der Ausführung, aus der Ungleichheit der Fläche, auf der die Buchstaben stehen, und endlich aus dem Umstande sieht, dass, wie es scheint, man anfangs den Namen hatte ab- kürzen wollen, und nachher erst die von den vorhergehenden etwas entfernten Endbuchstaben OY hinzugesetzt hat. Auch finde ich in dem handschriftlichen Verzeichnisse der farne- sischen Sammlung bemerkt, dass einige diese Aufschrift für einen späterhin beigefügten Zusatz gehalten haben‟: Köhler S. 147. Die Worte jenes Verzeichnisses (zu N. 273) lauten nach Köhler: „Corniola colla figura di Perseo colla testa di Medusa in mano, scheggiata nelle gambe, col nome dell’ autore Dioscoride dimezzato in caratteri Greci, che si cre- dono posteriori.‟ Sie scheinen sich daher gar nicht auf den vorliegenden Stein zu beziehen, sondern vielleicht auf das Original einer Glaspaste, darstellend Perseus mit dem Me- dusenhaupte, mit der Inschrift _ : Winck. Descr. III, 128; Raspe 8860; Bracci II, p. 27, die allerdings keinen An- spruch machen kann, für ein Werk des Dioskurides zu gel- ten. Aber, auch abgesehen von dieser Verwechselung, be- finde ich mich in dem seltenen Falle, über Köhler’s Zweifel noch, hinausgehen und das Alter selbst jener von Köhler be- sprochenen Arbeit verdächtigen zu müssen. Zeichnung und Ausführung jener Figur, für welche der Name Perseus übri- gens keineswegs hinlänglich begründet ist, verdienen das Lob der Schönheit; allein — nur so weit als sie mit dem soge- nannten Antinous, d. h. Mercur des Belvedere (Mus. PCI. I,

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/510>, abgerufen am 15.06.2024.