nommen hatte, scheint doch von manchen und schweren Irr- thümern nicht frei geblieben zu sein.
Wie unter den bisher entwickelten Kriterien sachlicher Art die einen geeignet erscheinen, Echtheit oder Unechtheit ohne weiteres zu entscheiden, die anderen, nur den Verdacht zu wecken oder zu erhöhen, so verhält es sich in gleicher Weise mit den äusseren oder historischen Momenten der Beurtheilung. Ist die Unechtheit eines Bildes oder einer In- schrift von ihrem Verfertiger oder einem glaubwürdigen Zeu- gen anerkannt, so ist natürlich jede weitere Erörterung über- flüssig. Wo ein solches Zeugniss fehlt, lässt es sich oft vollstän- dig oder theilweise ersetzen durch die Nachweisung des Stütz- punktes, dessen sich der Fälscher bedient hat, um seinem Betruge eine äussere Glaubwürdigkeit zu verschaffen. So muss, wenn ein und derselbe Name eines Steinschneiders auf einer ganzen Reihe von Steinen wiederkehrt, nothwendig der Verdacht entstehen, dass mindestens ein Theil derselben un- tergeschoben sei. Entscheidend wird dieser Verdacht, wenn der Name von einem, wenn auch echten Steine entlehnt ist, auf dem er aber nicht den Steinschneider bezeichnen kann, oder wenn eine echte Inschrift falsch gelesen und danach auch falsch copirt worden ist (vgl. Stephani S. 192). Nicht zu leugnen ist, dass die Fälscher die Namen nicht blos von anderen Gemmen und aus den Schriften der Alten, sondern auch zuweilen aus alten Inschriften entlehnt haben mögen, besonders nachdem (hauptsächlich durch Gori) die Identität der Steinschneider und der gemmarii, aurifices u. s. w. behaup- tet worden war. Der Versuch, den Stephani gemacht hat, eine ganze Reihe von Künstlerinschriften unter diesem Ge- sichtspunkte zu betrachten, kann jedoch lehren, dass die Re- sultate nur selten einige Sicherheit gewähren, während sie sich in vielen Fällen als vollkommen trügerisch erwiesen haben.
Endlich ist die Zuverlässigkeit eines Werkes oder einer Inschrift häufig und oft wesentlich bedingt durch die Quelle, aus welcher sie uns bekannt geworden sind. Lässt sich die Geschichte eines Steins bis über das sechszehnte Jahrhundert oder die Zeit des Wiederauflebens der Steinschneidekunst verfolgen, so ist dadurch eine unbedingte Gewähr seines Al- terthums gegeben. Von relativem Werth ist es aus den nach-
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 30
nommen hatte, scheint doch von manchen und schweren Irr- thümern nicht frei geblieben zu sein.
Wie unter den bisher entwickelten Kriterien sachlicher Art die einen geeignet erscheinen, Echtheit oder Unechtheit ohne weiteres zu entscheiden, die anderen, nur den Verdacht zu wecken oder zu erhöhen, so verhält es sich in gleicher Weise mit den äusseren oder historischen Momenten der Beurtheilung. Ist die Unechtheit eines Bildes oder einer In- schrift von ihrem Verfertiger oder einem glaubwürdigen Zeu- gen anerkannt, so ist natürlich jede weitere Erörterung über- flüssig. Wo ein solches Zeugniss fehlt, lässt es sich oft vollstän- dig oder theilweise ersetzen durch die Nachweisung des Stütz- punktes, dessen sich der Fälscher bedient hat, um seinem Betruge eine äussere Glaubwürdigkeit zu verschaffen. So muss, wenn ein und derselbe Name eines Steinschneiders auf einer ganzen Reihe von Steinen wiederkehrt, nothwendig der Verdacht entstehen, dass mindestens ein Theil derselben un- tergeschoben sei. Entscheidend wird dieser Verdacht, wenn der Name von einem, wenn auch echten Steine entlehnt ist, auf dem er aber nicht den Steinschneider bezeichnen kann, oder wenn eine echte Inschrift falsch gelesen und danach auch falsch copirt worden ist (vgl. Stephani S. 192). Nicht zu leugnen ist, dass die Fälscher die Namen nicht blos von anderen Gemmen und aus den Schriften der Alten, sondern auch zuweilen aus alten Inschriften entlehnt haben mögen, besonders nachdem (hauptsächlich durch Gori) die Identität der Steinschneider und der gemmarii, aurifices u. s. w. behaup- tet worden war. Der Versuch, den Stephani gemacht hat, eine ganze Reihe von Künstlerinschriften unter diesem Ge- sichtspunkte zu betrachten, kann jedoch lehren, dass die Re- sultate nur selten einige Sicherheit gewähren, während sie sich in vielen Fällen als vollkommen trügerisch erwiesen haben.
Endlich ist die Zuverlässigkeit eines Werkes oder einer Inschrift häufig und oft wesentlich bedingt durch die Quelle, aus welcher sie uns bekannt geworden sind. Lässt sich die Geschichte eines Steins bis über das sechszehnte Jahrhundert oder die Zeit des Wiederauflebens der Steinschneidekunst verfolgen, so ist dadurch eine unbedingte Gewähr seines Al- terthums gegeben. Von relativem Werth ist es aus den nach-
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 30
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nommen hatte, scheint doch von manchen und schweren Irr-
thümern nicht frei geblieben zu sein.
Wie unter den bisher entwickelten Kriterien sachlicher
Art die einen geeignet erscheinen, Echtheit oder Unechtheit
ohne weiteres zu entscheiden, die anderen, nur den Verdacht
zu wecken oder zu erhöhen, so verhält es sich in gleicher
Weise mit den äusseren oder historischen Momenten der
Beurtheilung. Ist die Unechtheit eines Bildes oder einer In-
schrift von ihrem Verfertiger oder einem glaubwürdigen Zeu-
gen anerkannt, so ist natürlich jede weitere Erörterung über-
flüssig. Wo ein solches Zeugniss fehlt, lässt es sich oft vollstän-
dig oder theilweise ersetzen durch die Nachweisung des Stütz-
punktes, dessen sich der Fälscher bedient hat, um seinem
Betruge eine äussere Glaubwürdigkeit zu verschaffen. So
muss, wenn ein und derselbe Name eines Steinschneiders auf
einer ganzen Reihe von Steinen wiederkehrt, nothwendig der
Verdacht entstehen, dass mindestens ein Theil derselben un-
tergeschoben sei. Entscheidend wird dieser Verdacht, wenn
der Name von einem, wenn auch echten Steine entlehnt ist,
auf dem er aber nicht den Steinschneider bezeichnen kann,
oder wenn eine echte Inschrift falsch gelesen und danach
auch falsch copirt worden ist (vgl. Stephani S. 192). Nicht
zu leugnen ist, dass die Fälscher die Namen nicht blos von
anderen Gemmen und aus den Schriften der Alten, sondern
auch zuweilen aus alten Inschriften entlehnt haben mögen,
besonders nachdem (hauptsächlich durch Gori) die Identität
der Steinschneider und der gemmarii, aurifices u. s. w. behaup-
tet worden war. Der Versuch, den Stephani gemacht hat,
eine ganze Reihe von Künstlerinschriften unter diesem Ge-
sichtspunkte zu betrachten, kann jedoch lehren, dass die Re-
sultate nur selten einige Sicherheit gewähren, während sie
sich in vielen Fällen als vollkommen trügerisch erwiesen
haben.
Endlich ist die Zuverlässigkeit eines Werkes oder einer
Inschrift häufig und oft wesentlich bedingt durch die Quelle,
aus welcher sie uns bekannt geworden sind. Lässt sich die
Geschichte eines Steins bis über das sechszehnte Jahrhundert
oder die Zeit des Wiederauflebens der Steinschneidekunst
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/474>, abgerufen am 24.11.2024.
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