den sich dieselben nur durch die gründlichste Kenntniss der Technik und eine umfassende Vergleichung alter und neuer Steine im Original nachweisen lassen. Fruchtbringender möchte es sein, die Aufmerksamkeit auf einen andern Punkt zu lenken, nämlich die Untersuchung der Oberfläche der ge- schnittenen Steine selbst, indem ich mich dabei auf das Zeug- niss einer an praktischen Erfahrungen in der Gemmenkunde reichen Sammlerin, der verstorbenen Frau Mertens-Schaaff- hausen, berufe. Von einer Patina im eigentlichen Sinne des Wortes lässt sich allerdings bei den Gemmen nicht sprechen; doch soll auch auf sie die Wirkung der Zeit nicht gänzlich ohne Einfluss sein; und zwar in der Weise, dass sich selbst an den am besten erhaltenen Steinen des Alterthums bei sehr starker Vergrösserung (wie sie für mineralogische Untersu- chungen gebräuchlich ist) auf der ganzen Oberfläche des Steins eine gelinde Corrosion zeigt, kaum so stark, dass sie den Glanz der Politur wesentlich zu beeinträchtigen vermöge. Ihr Nicht vorhandensein würde also die Neuheit des Steines beweisen; und liesse sich weiter darthun, dass sie sich durch künstliche Mittel gar nicht oder nur in mangelhafter Weise (etwa wie die Patina der Bronzen) herstellen liesse, so wäre dadurch das sicherste Kriterium der Echtheit gewonnen. Mag aber auch die hier angedeutete Beobachtung geringere Be- deutung haben, als ich anzunehmen geneigt bin, so bleibt die sorgfältigste Untersuchung der Steine selbst doch dasjenige, was bei dem jetzigen Stande dieser ganzen Erörterungen am meisten noththut. Doch wird es auch hier einer systemati- schen Betrachtung bedürfen, wenn eine über subjective An- sichten hinausgehende Sicherheit des Urtheils erreicht wer- den soll.
Endlich vermag in einzelnen Fällen auch die Natur des Steines selbst eine Entscheidung über die Echtheit herbeizu- führen, indem einzelne Steinarten den Alten noch gar nicht bekannt waren oder nur innerhalb gewisser Grenzen ange- wendet wurden. Allerdings wird in der Praxis der Werth dieses Kriteriums dadurch vermindert, dass die Kenntniss der Originale selten umfassend genug sein wird, um ein durch- aus sicheres Urtheil feststellen zu können. Selbst Köhler, der gerade nach dieser Seite hin selbständige Studien unter-
den sich dieselben nur durch die gründlichste Kenntniss der Technik und eine umfassende Vergleichung alter und neuer Steine im Original nachweisen lassen. Fruchtbringender möchte es sein, die Aufmerksamkeit auf einen andern Punkt zu lenken, nämlich die Untersuchung der Oberfläche der ge- schnittenen Steine selbst, indem ich mich dabei auf das Zeug- niss einer an praktischen Erfahrungen in der Gemmenkunde reichen Sammlerin, der verstorbenen Frau Mertens-Schaaff- hausen, berufe. Von einer Patina im eigentlichen Sinne des Wortes lässt sich allerdings bei den Gemmen nicht sprechen; doch soll auch auf sie die Wirkung der Zeit nicht gänzlich ohne Einfluss sein; und zwar in der Weise, dass sich selbst an den am besten erhaltenen Steinen des Alterthums bei sehr starker Vergrösserung (wie sie für mineralogische Untersu- chungen gebräuchlich ist) auf der ganzen Oberfläche des Steins eine gelinde Corrosion zeigt, kaum so stark, dass sie den Glanz der Politur wesentlich zu beeinträchtigen vermöge. Ihr Nicht vorhandensein würde also die Neuheit des Steines beweisen; und liesse sich weiter darthun, dass sie sich durch künstliche Mittel gar nicht oder nur in mangelhafter Weise (etwa wie die Patina der Bronzen) herstellen liesse, so wäre dadurch das sicherste Kriterium der Echtheit gewonnen. Mag aber auch die hier angedeutete Beobachtung geringere Be- deutung haben, als ich anzunehmen geneigt bin, so bleibt die sorgfältigste Untersuchung der Steine selbst doch dasjenige, was bei dem jetzigen Stande dieser ganzen Erörterungen am meisten noththut. Doch wird es auch hier einer systemati- schen Betrachtung bedürfen, wenn eine über subjective An- sichten hinausgehende Sicherheit des Urtheils erreicht wer- den soll.
Endlich vermag in einzelnen Fällen auch die Natur des Steines selbst eine Entscheidung über die Echtheit herbeizu- führen, indem einzelne Steinarten den Alten noch gar nicht bekannt waren oder nur innerhalb gewisser Grenzen ange- wendet wurden. Allerdings wird in der Praxis der Werth dieses Kriteriums dadurch vermindert, dass die Kenntniss der Originale selten umfassend genug sein wird, um ein durch- aus sicheres Urtheil feststellen zu können. Selbst Köhler, der gerade nach dieser Seite hin selbständige Studien unter-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0473"n="456"/>
den sich dieselben nur durch die gründlichste Kenntniss der<lb/>
Technik und eine umfassende Vergleichung alter und neuer<lb/>
Steine im Original nachweisen lassen. Fruchtbringender<lb/>
möchte es sein, die Aufmerksamkeit auf einen andern Punkt<lb/>
zu lenken, nämlich die Untersuchung der Oberfläche der ge-<lb/>
schnittenen Steine selbst, indem ich mich dabei auf das Zeug-<lb/>
niss einer an praktischen Erfahrungen in der Gemmenkunde<lb/>
reichen Sammlerin, der verstorbenen Frau Mertens-Schaaff-<lb/>
hausen, berufe. Von einer Patina im eigentlichen Sinne des<lb/>
Wortes lässt sich allerdings bei den Gemmen nicht sprechen;<lb/>
doch soll auch auf sie die Wirkung der Zeit nicht gänzlich<lb/>
ohne Einfluss sein; und zwar in der Weise, dass sich selbst<lb/>
an den am besten erhaltenen Steinen des Alterthums bei sehr<lb/>
starker Vergrösserung (wie sie für mineralogische Untersu-<lb/>
chungen gebräuchlich ist) auf der ganzen Oberfläche des<lb/>
Steins eine gelinde Corrosion zeigt, kaum so stark, dass sie<lb/>
den Glanz der Politur wesentlich zu beeinträchtigen vermöge.<lb/>
Ihr <hirendition="#g">Nicht</hi> vorhandensein würde also die Neuheit des Steines<lb/>
beweisen; und liesse sich weiter darthun, dass sie sich durch<lb/>
künstliche Mittel gar nicht oder nur in mangelhafter Weise<lb/>
(etwa wie die Patina der Bronzen) herstellen liesse, so wäre<lb/>
dadurch das sicherste Kriterium der Echtheit gewonnen. Mag<lb/>
aber auch die hier angedeutete Beobachtung geringere Be-<lb/>
deutung haben, als ich anzunehmen geneigt bin, so bleibt die<lb/>
sorgfältigste Untersuchung der Steine selbst doch dasjenige,<lb/>
was bei dem jetzigen Stande dieser ganzen Erörterungen am<lb/>
meisten noththut. Doch wird es auch hier einer systemati-<lb/>
schen Betrachtung bedürfen, wenn eine über subjective An-<lb/>
sichten hinausgehende Sicherheit des Urtheils erreicht wer-<lb/>
den soll.</p><lb/><p>Endlich vermag in einzelnen Fällen auch die Natur des<lb/>
Steines selbst eine Entscheidung über die Echtheit herbeizu-<lb/>
führen, indem einzelne Steinarten den Alten noch gar nicht<lb/>
bekannt waren oder nur innerhalb gewisser Grenzen ange-<lb/>
wendet wurden. Allerdings wird in der Praxis der Werth<lb/>
dieses Kriteriums dadurch vermindert, dass die Kenntniss der<lb/>
Originale selten umfassend genug sein wird, um ein durch-<lb/>
aus sicheres Urtheil feststellen zu können. Selbst Köhler,<lb/>
der gerade nach dieser Seite hin selbständige Studien unter-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[456/0473]
den sich dieselben nur durch die gründlichste Kenntniss der
Technik und eine umfassende Vergleichung alter und neuer
Steine im Original nachweisen lassen. Fruchtbringender
möchte es sein, die Aufmerksamkeit auf einen andern Punkt
zu lenken, nämlich die Untersuchung der Oberfläche der ge-
schnittenen Steine selbst, indem ich mich dabei auf das Zeug-
niss einer an praktischen Erfahrungen in der Gemmenkunde
reichen Sammlerin, der verstorbenen Frau Mertens-Schaaff-
hausen, berufe. Von einer Patina im eigentlichen Sinne des
Wortes lässt sich allerdings bei den Gemmen nicht sprechen;
doch soll auch auf sie die Wirkung der Zeit nicht gänzlich
ohne Einfluss sein; und zwar in der Weise, dass sich selbst
an den am besten erhaltenen Steinen des Alterthums bei sehr
starker Vergrösserung (wie sie für mineralogische Untersu-
chungen gebräuchlich ist) auf der ganzen Oberfläche des
Steins eine gelinde Corrosion zeigt, kaum so stark, dass sie
den Glanz der Politur wesentlich zu beeinträchtigen vermöge.
Ihr Nicht vorhandensein würde also die Neuheit des Steines
beweisen; und liesse sich weiter darthun, dass sie sich durch
künstliche Mittel gar nicht oder nur in mangelhafter Weise
(etwa wie die Patina der Bronzen) herstellen liesse, so wäre
dadurch das sicherste Kriterium der Echtheit gewonnen. Mag
aber auch die hier angedeutete Beobachtung geringere Be-
deutung haben, als ich anzunehmen geneigt bin, so bleibt die
sorgfältigste Untersuchung der Steine selbst doch dasjenige,
was bei dem jetzigen Stande dieser ganzen Erörterungen am
meisten noththut. Doch wird es auch hier einer systemati-
schen Betrachtung bedürfen, wenn eine über subjective An-
sichten hinausgehende Sicherheit des Urtheils erreicht wer-
den soll.
Endlich vermag in einzelnen Fällen auch die Natur des
Steines selbst eine Entscheidung über die Echtheit herbeizu-
führen, indem einzelne Steinarten den Alten noch gar nicht
bekannt waren oder nur innerhalb gewisser Grenzen ange-
wendet wurden. Allerdings wird in der Praxis der Werth
dieses Kriteriums dadurch vermindert, dass die Kenntniss der
Originale selten umfassend genug sein wird, um ein durch-
aus sicheres Urtheil feststellen zu können. Selbst Köhler,
der gerade nach dieser Seite hin selbständige Studien unter-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/473>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.