Scheiterhaufen des Hephaestion berichtet wird, mit dessen Errichtung Alexander den kühnsten seiner Architekten, den Deinokrates, beauftragte. Der griechischen Architektur wurde hier eine ihr bisher ganz fremde Aufgabe geboten: es handelte sich um die Aufstellung eines ganz neuen, sehr umfassenden Systems der Decorirung, zu dessen Ausbildung es gerade in dieser Zeit an Gelegenheit nicht fehlte. Her- vorragende Belege dafür bieten der Leichenwagen des Alexander von einem nicht bekannten Künstler, sodann, nur unter Modificationen für den besonderen Zweck, das Pracht- schiff oder der schwimmende Palast, welchen Archias für den jüngeren Dionysios in Syrakus ausführte; so wie andere ähnliche für einzelne Festlichkeiten errichtete Bauten, welche Athenaeus im fünften Buche beschreibt.
Nicht ohne Einfluss mochte der Anblick orientalischer Pracht auch bei manchen Städteanlagen dieser Zeit sein. Das System der grösseren Regelmässigkeit war zwar schon in der früheren Periode von Hippodamos aufgestellt worden. Blicken wir aber auf Städte, wie Alexandria, welches unter der Leitung des Deinokrates erstand, oder Antiochia, des- sen Mauern Xenaeos baute, so gab es hier auch wesent- lich neue Forderungen zu befriedigen: vor Allem waren es die Königsburgen, welche hier in den Mittelpunkt des Gan- zen traten; und für diese waren die Muster nicht in Grie- chenland, sondern im Orient zu finden.
Der Ruhm solcher Anlagen blieb indessen gewöhnlich mehr den Königen, welche sie gründeten, als den einzelnen dabei beschäftigten Architekten. So erklärt es sich, wie hier zunächst nur noch wenige Namen wegen einzelner her- vorragender Werke nachzutragen sind. Dahin gehört So- stratos, welcher namentlich wegen des Pharos in Alexan- dria, daneben auch wegen einer Halle in Knidos erwähnt wird, ferner Philon, dessen Arsenal im Piraeus als der letzte grossartige, aus eigenen Mitteln ausgeführte Bau des athenischen Staates erscheint. Weniger dürftig sind unsere Nachrichten über eine andere Classe von Architekten, nem- lich über die Militärarchitekten. Sie legen Zeugniss ab so- wohl von der Ausbildung der Belagerungskunst als sol- cher, wie von dem Fortschritte der Mechanik als Wissen- schaft, welcher sich in der Erfindung einer Reihe neuer
Scheiterhaufen des Hephaestion berichtet wird, mit dessen Errichtung Alexander den kühnsten seiner Architekten, den Deinokrates, beauftragte. Der griechischen Architektur wurde hier eine ihr bisher ganz fremde Aufgabe geboten: es handelte sich um die Aufstellung eines ganz neuen, sehr umfassenden Systems der Decorirung, zu dessen Ausbildung es gerade in dieser Zeit an Gelegenheit nicht fehlte. Her- vorragende Belege dafür bieten der Leichenwagen des Alexander von einem nicht bekannten Künstler, sodann, nur unter Modificationen für den besonderen Zweck, das Pracht- schiff oder der schwimmende Palast, welchen Archias für den jüngeren Dionysios in Syrakus ausführte; so wie andere ähnliche für einzelne Festlichkeiten errichtete Bauten, welche Athenaeus im fünften Buche beschreibt.
Nicht ohne Einfluss mochte der Anblick orientalischer Pracht auch bei manchen Städteanlagen dieser Zeit sein. Das System der grösseren Regelmässigkeit war zwar schon in der früheren Periode von Hippodamos aufgestellt worden. Blicken wir aber auf Städte, wie Alexandria, welches unter der Leitung des Deinokrates erstand, oder Antiochia, des- sen Mauern Xenaeos baute, so gab es hier auch wesent- lich neue Forderungen zu befriedigen: vor Allem waren es die Königsburgen, welche hier in den Mittelpunkt des Gan- zen traten; und für diese waren die Muster nicht in Grie- chenland, sondern im Orient zu finden.
Der Ruhm solcher Anlagen blieb indessen gewöhnlich mehr den Königen, welche sie gründeten, als den einzelnen dabei beschäftigten Architekten. So erklärt es sich, wie hier zunächst nur noch wenige Namen wegen einzelner her- vorragender Werke nachzutragen sind. Dahin gehört So- stratos, welcher namentlich wegen des Pharos in Alexan- dria, daneben auch wegen einer Halle in Knidos erwähnt wird, ferner Philon, dessen Arsenal im Piraeus als der letzte grossartige, aus eigenen Mitteln ausgeführte Bau des athenischen Staates erscheint. Weniger dürftig sind unsere Nachrichten über eine andere Classe von Architekten, nem- lich über die Militärarchitekten. Sie legen Zeugniss ab so- wohl von der Ausbildung der Belagerungskunst als sol- cher, wie von dem Fortschritte der Mechanik als Wissen- schaft, welcher sich in der Erfindung einer Reihe neuer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0350"n="333"/>
Scheiterhaufen des Hephaestion berichtet wird, mit dessen<lb/>
Errichtung Alexander den kühnsten seiner Architekten, den<lb/><hirendition="#g">Deinokrates,</hi> beauftragte. Der griechischen Architektur<lb/>
wurde hier eine ihr bisher ganz fremde Aufgabe geboten:<lb/>
es handelte sich um die Aufstellung eines ganz neuen, sehr<lb/>
umfassenden Systems der Decorirung, zu dessen Ausbildung<lb/>
es gerade in dieser Zeit an Gelegenheit nicht fehlte. Her-<lb/>
vorragende Belege dafür bieten der Leichenwagen des<lb/>
Alexander von einem nicht bekannten Künstler, sodann, nur<lb/>
unter Modificationen für den besonderen Zweck, das Pracht-<lb/>
schiff oder der schwimmende Palast, welchen <hirendition="#g">Archias</hi> für<lb/>
den jüngeren Dionysios in Syrakus ausführte; so wie andere<lb/>
ähnliche für einzelne Festlichkeiten errichtete Bauten, welche<lb/>
Athenaeus im fünften Buche beschreibt.</p><lb/><p>Nicht ohne Einfluss mochte der Anblick orientalischer<lb/>
Pracht auch bei manchen Städteanlagen dieser Zeit sein.<lb/>
Das System der grösseren Regelmässigkeit war zwar schon<lb/>
in der früheren Periode von Hippodamos aufgestellt worden.<lb/>
Blicken wir aber auf Städte, wie Alexandria, welches unter<lb/>
der Leitung des <hirendition="#g">Deinokrates</hi> erstand, oder Antiochia, des-<lb/>
sen Mauern <hirendition="#g">Xenaeos</hi> baute, so gab es hier auch wesent-<lb/>
lich neue Forderungen zu befriedigen: vor Allem waren es<lb/>
die Königsburgen, welche hier in den Mittelpunkt des Gan-<lb/>
zen traten; und für diese waren die Muster nicht in Grie-<lb/>
chenland, sondern im Orient zu finden.</p><lb/><p>Der Ruhm solcher Anlagen blieb indessen gewöhnlich<lb/>
mehr den Königen, welche sie gründeten, als den einzelnen<lb/>
dabei beschäftigten Architekten. So erklärt es sich, wie<lb/>
hier zunächst nur noch wenige Namen wegen einzelner her-<lb/>
vorragender Werke nachzutragen sind. Dahin gehört <hirendition="#g">So-<lb/>
stratos,</hi> welcher namentlich wegen des Pharos in Alexan-<lb/>
dria, daneben auch wegen einer Halle in Knidos erwähnt<lb/>
wird, ferner <hirendition="#g">Philon,</hi> dessen Arsenal im Piraeus als der<lb/>
letzte grossartige, aus eigenen Mitteln ausgeführte Bau des<lb/>
athenischen Staates erscheint. Weniger dürftig sind unsere<lb/>
Nachrichten über eine andere Classe von Architekten, nem-<lb/>
lich über die Militärarchitekten. Sie legen Zeugniss ab so-<lb/>
wohl von der Ausbildung der Belagerungskunst als sol-<lb/>
cher, wie von dem Fortschritte der Mechanik als Wissen-<lb/>
schaft, welcher sich in der Erfindung einer Reihe neuer<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[333/0350]
Scheiterhaufen des Hephaestion berichtet wird, mit dessen
Errichtung Alexander den kühnsten seiner Architekten, den
Deinokrates, beauftragte. Der griechischen Architektur
wurde hier eine ihr bisher ganz fremde Aufgabe geboten:
es handelte sich um die Aufstellung eines ganz neuen, sehr
umfassenden Systems der Decorirung, zu dessen Ausbildung
es gerade in dieser Zeit an Gelegenheit nicht fehlte. Her-
vorragende Belege dafür bieten der Leichenwagen des
Alexander von einem nicht bekannten Künstler, sodann, nur
unter Modificationen für den besonderen Zweck, das Pracht-
schiff oder der schwimmende Palast, welchen Archias für
den jüngeren Dionysios in Syrakus ausführte; so wie andere
ähnliche für einzelne Festlichkeiten errichtete Bauten, welche
Athenaeus im fünften Buche beschreibt.
Nicht ohne Einfluss mochte der Anblick orientalischer
Pracht auch bei manchen Städteanlagen dieser Zeit sein.
Das System der grösseren Regelmässigkeit war zwar schon
in der früheren Periode von Hippodamos aufgestellt worden.
Blicken wir aber auf Städte, wie Alexandria, welches unter
der Leitung des Deinokrates erstand, oder Antiochia, des-
sen Mauern Xenaeos baute, so gab es hier auch wesent-
lich neue Forderungen zu befriedigen: vor Allem waren es
die Königsburgen, welche hier in den Mittelpunkt des Gan-
zen traten; und für diese waren die Muster nicht in Grie-
chenland, sondern im Orient zu finden.
Der Ruhm solcher Anlagen blieb indessen gewöhnlich
mehr den Königen, welche sie gründeten, als den einzelnen
dabei beschäftigten Architekten. So erklärt es sich, wie
hier zunächst nur noch wenige Namen wegen einzelner her-
vorragender Werke nachzutragen sind. Dahin gehört So-
stratos, welcher namentlich wegen des Pharos in Alexan-
dria, daneben auch wegen einer Halle in Knidos erwähnt
wird, ferner Philon, dessen Arsenal im Piraeus als der
letzte grossartige, aus eigenen Mitteln ausgeführte Bau des
athenischen Staates erscheint. Weniger dürftig sind unsere
Nachrichten über eine andere Classe von Architekten, nem-
lich über die Militärarchitekten. Sie legen Zeugniss ab so-
wohl von der Ausbildung der Belagerungskunst als sol-
cher, wie von dem Fortschritte der Mechanik als Wissen-
schaft, welcher sich in der Erfindung einer Reihe neuer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/350>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.