bedingt ist. Aber es mag selbst eine relativ grosse künst- lerische Vollendung zugegeben werden, so liefert dennoch die Vergleichung mit dem unvollkommenen Werke des Rhö- kos keinen Beweis für die spätere Zeit jener Werke. Es genügt, auf das homerische Zeitalter hinzuweisen, um zu zeigen, wie die eigentlich statuarische Kunst noch eine sehr niedrige Stufe einnehmen kann, während jene dem "verfeinerten Luxus" dienende Kunst auf ihrem Gebiete schon ganz anerkennenswürdige Leistungen aufzuweisen hat. Spricht doch sogar die kleine Ilias (Schol. Eurip. Troad. 822; cf. Orest. 1376) schon von einem goldenen Weinstocke, freilich als einem Werke des Hephästos, welcher möglicher Weise die Veranlassung zu dem Werke des Theodoros ge- wesen sein kann. Dass endlich der Architekt und Erfinder des Erzgusses nicht auch zugleich jene Arbeiten in edleren Stoffen und in einer feineren Technik habe ausführen können, wird Angesichts mancher Analogien alter und neuer Zeit niemand behaupten wollen. -- Hiernach aber bleiben uns keine Gründe übrig, welche uns an der Identität der zwei Künstler des Namens Theodoros zweifeln lassen, und ich muss daher den Erörterungen von Urlichs gegenüber, so weit sie die Chronologie und Genealogie der ältesten sami- schen Küstler betreffen, an den früher von mir aufgestellten Resultaten festhalten. Dagegen bekenne ich gern, dass von ihm die Kenntniss der einzelnen Werke dieser Künstler theils durch die Beibringung mancher von mir übersehenen Notizen erweitert, theils durch eine schärfere Kritik der ver- schiedenen Angaben geläutert worden ist. Es scheint mir daher nicht unangemessen, an dieser Stelle die Reihe der Werke noch einmal im einzelnen durchzugehen.
Das Heräon zu Samos. Mit Recht weist Urlichs darauf hin, dass bei den Worten Vitruvs VII, praef. §. 12: de aede Junonis, quae est Sami Dorica, Theodorus (edidit volumen), entweder ein grobes Versehen dieses Schriftstel- stellers, oder wohl richtiger eine Corruptel anzunehmen ist, indem das richtige und ursprüngliche Ionica, dessen Anfangs- buchstabe sich in der Endung Sami verlor, durch die Nachbar- schaft der Wörter Doricorum (in dem vorhergehenden Satze de symmetriis Doricorum) und Theodorus in Dorica verdor- ben wurde. Denn die noch erhaltenen Reste sind ionischer
bedingt ist. Aber es mag selbst eine relativ grosse künst- lerische Vollendung zugegeben werden, so liefert dennoch die Vergleichung mit dem unvollkommenen Werke des Rhö- kos keinen Beweis für die spätere Zeit jener Werke. Es genügt, auf das homerische Zeitalter hinzuweisen, um zu zeigen, wie die eigentlich statuarische Kunst noch eine sehr niedrige Stufe einnehmen kann, während jene dem „verfeinerten Luxus“ dienende Kunst auf ihrem Gebiete schon ganz anerkennenswürdige Leistungen aufzuweisen hat. Spricht doch sogar die kleine Ilias (Schol. Eurip. Troad. 822; cf. Orest. 1376) schon von einem goldenen Weinstocke, freilich als einem Werke des Hephästos, welcher möglicher Weise die Veranlassung zu dem Werke des Theodoros ge- wesen sein kann. Dass endlich der Architekt und Erfinder des Erzgusses nicht auch zugleich jene Arbeiten in edleren Stoffen und in einer feineren Technik habe ausführen können, wird Angesichts mancher Analogien alter und neuer Zeit niemand behaupten wollen. — Hiernach aber bleiben uns keine Gründe übrig, welche uns an der Identität der zwei Künstler des Namens Theodoros zweifeln lassen, und ich muss daher den Erörterungen von Urlichs gegenüber, so weit sie die Chronologie und Genealogie der ältesten sami- schen Küstler betreffen, an den früher von mir aufgestellten Resultaten festhalten. Dagegen bekenne ich gern, dass von ihm die Kenntniss der einzelnen Werke dieser Künstler theils durch die Beibringung mancher von mir übersehenen Notizen erweitert, theils durch eine schärfere Kritik der ver- schiedenen Angaben geläutert worden ist. Es scheint mir daher nicht unangemessen, an dieser Stelle die Reihe der Werke noch einmal im einzelnen durchzugehen.
Das Heräon zu Samos. Mit Recht weist Urlichs darauf hin, dass bei den Worten Vitruvs VII, praef. §. 12: de aede Junonis, quae est Sami Dorica, Theodorus (edidit volumen), entweder ein grobes Versehen dieses Schriftstel- stellers, oder wohl richtiger eine Corruptel anzunehmen ist, indem das richtige und ursprüngliche Ionica, dessen Anfangs- buchstabe sich in der Endung Sami verlor, durch die Nachbar- schaft der Wörter Doricorum (in dem vorhergehenden Satze de symmetriis Doricorum) und Theodorus in Dorica verdor- ben wurde. Denn die noch erhaltenen Reste sind ionischer
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bedingt ist. Aber es mag selbst eine relativ grosse künst-
lerische Vollendung zugegeben werden, so liefert dennoch
die Vergleichung mit dem unvollkommenen Werke des Rhö-
kos keinen Beweis für die spätere Zeit jener Werke. Es
genügt, auf das homerische Zeitalter hinzuweisen, um
zu zeigen, wie die eigentlich statuarische Kunst noch
eine sehr niedrige Stufe einnehmen kann, während jene dem
„verfeinerten Luxus“ dienende Kunst auf ihrem Gebiete
schon ganz anerkennenswürdige Leistungen aufzuweisen hat.
Spricht doch sogar die kleine Ilias (Schol. Eurip. Troad. 822;
cf. Orest. 1376) schon von einem goldenen Weinstocke,
freilich als einem Werke des Hephästos, welcher möglicher
Weise die Veranlassung zu dem Werke des Theodoros ge-
wesen sein kann. Dass endlich der Architekt und Erfinder
des Erzgusses nicht auch zugleich jene Arbeiten in edleren
Stoffen und in einer feineren Technik habe ausführen können,
wird Angesichts mancher Analogien alter und neuer Zeit
niemand behaupten wollen. — Hiernach aber bleiben uns
keine Gründe übrig, welche uns an der Identität der zwei
Künstler des Namens Theodoros zweifeln lassen, und ich
muss daher den Erörterungen von Urlichs gegenüber, so
weit sie die Chronologie und Genealogie der ältesten sami-
schen Küstler betreffen, an den früher von mir aufgestellten
Resultaten festhalten. Dagegen bekenne ich gern, dass von
ihm die Kenntniss der einzelnen Werke dieser Künstler
theils durch die Beibringung mancher von mir übersehenen
Notizen erweitert, theils durch eine schärfere Kritik der ver-
schiedenen Angaben geläutert worden ist. Es scheint mir
daher nicht unangemessen, an dieser Stelle die Reihe der
Werke noch einmal im einzelnen durchzugehen.
Das Heräon zu Samos. Mit Recht weist Urlichs
darauf hin, dass bei den Worten Vitruvs VII, praef. §. 12:
de aede Junonis, quae est Sami Dorica, Theodorus (edidit
volumen), entweder ein grobes Versehen dieses Schriftstel-
stellers, oder wohl richtiger eine Corruptel anzunehmen ist,
indem das richtige und ursprüngliche Ionica, dessen Anfangs-
buchstabe sich in der Endung Sami verlor, durch die Nachbar-
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de symmetriis Doricorum) und Theodorus in Dorica verdor-
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/394>, abgerufen am 22.12.2024.
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