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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Wollten wir aber nach einem von seinem Urheber Sillig selbst
kaum noch gebilligten Vorschlage lesen: Una Scopa operi etc.,
so werden wir nur noch mehr auf das Unpassende der Erwäh-
nung des Skopas hingewiesen. Denn die ganze Erzählung des
Plinius handelt bestimmt nur von dem alten Baue zur Zeit des
Kroesos. Demnach scheint noch immer die Emendation Wink-
kelmann's 1): XXXVI caelatae uno e scapo, den besten, ja
überhaupt erst den richtigen Sinn zu gewähren, indem nun die
36 monolithen Säulen den übrigen passend entgegengesetzt
werden.

Noch schwieriger ist es, mit der durch den Bau des Mau-
soleums gesicherten Zeitbestimmung die Angabe des Plinius2)
in Einklang zu bringen, welcher Skopas unter den Künstlern
der 90sten Olympiade, und noch dazu unter den Erzbildnern
anführt, während unter allen seinen Werken nur ein einziges,
eine Aphrodite Pandemos zu Elis, als aus diesem Stoffe ge-
bildet bekannt ist. Allein wir haben schon früher gesehen,
wie gerade an dieser Stelle die chronologischen Angaben des
Plinius durchaus unzuverlässig sind, und wir daher das Recht
haben, wo sie Schwierigkeiten bereiten, sie unberücksichtigt
zu lassen 3).

Werke des Skopas sind:

Der Apollo Palatinus: Plin. 36, 25. Nach Properz II,
31, 15 war er als pythischer Citharoede in langem Gewande
dargestellt und stand im palatinischen Tempel zwischen den
Statuen der Leto und Artemis, Werken des jüngeren Kephi-
sodotos und Timotheos (w. m. s.). Abbildungen finden sich auf
römischen Münzen mit der Beischrift: APOLLO ACTIVS oder

1) Mon. in. II, p. 271.
2) 34, 49.
3) Die im Catalogus artificum aufgestellte
Vermuthung, dass Scopas Parelius bei Plinius aus SCOPAS entstanden,
und danach ein Skopas aus Elis neben dem Parier anzunehmen sei, hat Sillig
in der Ansgabe des Plinius selbst aufgegeben, da die Bamberger Handschrift
nicht Parelius, sondern Perellus darbietet. Die Annahme eines älteren Skopas
als eines Zeitgenossen des Phidias liesse sich einigermassen dadurch rechtferti-
gen, dass die Aphrodite Pandemos zu Elis neben einer Urania des Phidias, so-
wie ferner eine Hermes des Phidias und eine Athene des Skopas als Pronaoi
vor dem Ismenieion in Theben aufgestellt waren. Dieser ältere Skopas könnte
dann sehr wohl der Grossvater des jüngeren sein; und wem mit Vermuthungen
dieser Art gedient ist, dem lässt sich auch für das zwischen Beiden noch feh-
lende Mittelglied ein Name in Vorschlag bringen, nemlich der unter den argi-
vischen Künstlern angeführte Aristandros aus Paros. Zum Beweise haben wir
freilich nichts als einen Aristandros, Sohn des Skopas aus Paros, in einer In-
schrift etwa aus der 160sten Olympiade: C. I. Gr. n. 2285 b.

Wollten wir aber nach einem von seinem Urheber Sillig selbst
kaum noch gebilligten Vorschlage lesen: Una Scopa operi etc.,
so werden wir nur noch mehr auf das Unpassende der Erwäh-
nung des Skopas hingewiesen. Denn die ganze Erzählung des
Plinius handelt bestimmt nur von dem alten Baue zur Zeit des
Kroesos. Demnach scheint noch immer die Emendation Wink-
kelmann’s 1): XXXVI caelatae uno e scapo, den besten, ja
überhaupt erst den richtigen Sinn zu gewähren, indem nun die
36 monolithen Säulen den übrigen passend entgegengesetzt
werden.

Noch schwieriger ist es, mit der durch den Bau des Mau-
soleums gesicherten Zeitbestimmung die Angabe des Plinius2)
in Einklang zu bringen, welcher Skopas unter den Künstlern
der 90sten Olympiade, und noch dazu unter den Erzbildnern
anführt, während unter allen seinen Werken nur ein einziges,
eine Aphrodite Pandemos zu Elis, als aus diesem Stoffe ge-
bildet bekannt ist. Allein wir haben schon früher gesehen,
wie gerade an dieser Stelle die chronologischen Angaben des
Plinius durchaus unzuverlässig sind, und wir daher das Recht
haben, wo sie Schwierigkeiten bereiten, sie unberücksichtigt
zu lassen 3).

Werke des Skopas sind:

Der Apollo Palatinus: Plin. 36, 25. Nach Properz II,
31, 15 war er als pythischer Citharoede in langem Gewande
dargestellt und stand im palatinischen Tempel zwischen den
Statuen der Leto und Artemis, Werken des jüngeren Kephi-
sodotos und Timotheos (w. m. s.). Abbildungen finden sich auf
römischen Münzen mit der Beischrift: APOLLO ACTIVS oder

1) Mon. in. II, p. 271.
2) 34, 49.
3) Die im Catalogus artificum aufgestellte
Vermuthung, dass Scopas Parelius bei Plinius aus SCOPAS entstanden,
und danach ein Skopas aus Elis neben dem Parier anzunehmen sei, hat Sillig
in der Ansgabe des Plinius selbst aufgegeben, da die Bamberger Handschrift
nicht Parelius, sondern Perellus darbietet. Die Annahme eines älteren Skopas
als eines Zeitgenossen des Phidias liesse sich einigermassen dadurch rechtferti-
gen, dass die Aphrodite Pandemos zu Elis neben einer Urania des Phidias, so-
wie ferner eine Hermes des Phidias und eine Athene des Skopas als Pronaoi
vor dem Ismenieion in Theben aufgestellt waren. Dieser ältere Skopas könnte
dann sehr wohl der Grossvater des jüngeren sein; und wem mit Vermuthungen
dieser Art gedient ist, dem lässt sich auch für das zwischen Beiden noch feh-
lende Mittelglied ein Name in Vorschlag bringen, nemlich der unter den argi-
vischen Künstlern angeführte Aristandros aus Paros. Zum Beweise haben wir
freilich nichts als einen Aristandros, Sohn des Skopas aus Paros, in einer In-
schrift etwa aus der 160sten Olympiade: C. I. Gr. n. 2285 b.
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[319/0332] Wollten wir aber nach einem von seinem Urheber Sillig selbst kaum noch gebilligten Vorschlage lesen: Una Scopa operi etc., so werden wir nur noch mehr auf das Unpassende der Erwäh- nung des Skopas hingewiesen. Denn die ganze Erzählung des Plinius handelt bestimmt nur von dem alten Baue zur Zeit des Kroesos. Demnach scheint noch immer die Emendation Wink- kelmann’s 1): XXXVI caelatae uno e scapo, den besten, ja überhaupt erst den richtigen Sinn zu gewähren, indem nun die 36 monolithen Säulen den übrigen passend entgegengesetzt werden. Noch schwieriger ist es, mit der durch den Bau des Mau- soleums gesicherten Zeitbestimmung die Angabe des Plinius 2) in Einklang zu bringen, welcher Skopas unter den Künstlern der 90sten Olympiade, und noch dazu unter den Erzbildnern anführt, während unter allen seinen Werken nur ein einziges, eine Aphrodite Pandemos zu Elis, als aus diesem Stoffe ge- bildet bekannt ist. Allein wir haben schon früher gesehen, wie gerade an dieser Stelle die chronologischen Angaben des Plinius durchaus unzuverlässig sind, und wir daher das Recht haben, wo sie Schwierigkeiten bereiten, sie unberücksichtigt zu lassen 3). Werke des Skopas sind: Der Apollo Palatinus: Plin. 36, 25. Nach Properz II, 31, 15 war er als pythischer Citharoede in langem Gewande dargestellt und stand im palatinischen Tempel zwischen den Statuen der Leto und Artemis, Werken des jüngeren Kephi- sodotos und Timotheos (w. m. s.). Abbildungen finden sich auf römischen Münzen mit der Beischrift: APOLLO ACTIVS oder 1) Mon. in. II, p. 271. 2) 34, 49. 3) Die im Catalogus artificum aufgestellte Vermuthung, dass Scopas Parelius bei Plinius aus SCOPAS [FORMEL] entstanden, und danach ein Skopas aus Elis neben dem Parier anzunehmen sei, hat Sillig in der Ansgabe des Plinius selbst aufgegeben, da die Bamberger Handschrift nicht Parelius, sondern Perellus darbietet. Die Annahme eines älteren Skopas als eines Zeitgenossen des Phidias liesse sich einigermassen dadurch rechtferti- gen, dass die Aphrodite Pandemos zu Elis neben einer Urania des Phidias, so- wie ferner eine Hermes des Phidias und eine Athene des Skopas als Pronaoi vor dem Ismenieion in Theben aufgestellt waren. Dieser ältere Skopas könnte dann sehr wohl der Grossvater des jüngeren sein; und wem mit Vermuthungen dieser Art gedient ist, dem lässt sich auch für das zwischen Beiden noch feh- lende Mittelglied ein Name in Vorschlag bringen, nemlich der unter den argi- vischen Künstlern angeführte Aristandros aus Paros. Zum Beweise haben wir freilich nichts als einen Aristandros, Sohn des Skopas aus Paros, in einer In- schrift etwa aus der 160sten Olympiade: C. I. Gr. n. 2285 b.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/332>, abgerufen am 13.05.2024.