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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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sein. Der Zusammenhang lehrt jedoch, dass sie ein von den
andern unabhängiges Bild war, dessen Entstehungszeit nicht
bestimmt angegeben werden kann. -- Ferner sah Pausanias 1)
auf dem Helikon drei Musenstatuen von Strongylion neben
drei andern des Olympiosthenes und eben so vielen des Ke-
phisodotos. Da sie wahrscheinlich gleichzeitig aufgestellt wa-
ren, Kephisodot aber gewöhnlich in die 102te Olympiade ge-
setzt wird, so glaubte man hiermit die frühere Bestimmung,
wonach Strongylion schon vor Ol. 91, 2 thätig sein musste,
nicht in Einklang bringen zu können. Wir werden jedoch spä-
ter sehen, dass Kephisodot schon mehrere Olympiaden früher ein
bekannter Künstler sein konnte. -- Auch Plinius 2) führt zwei
Werke des Strongylion an: eine Amazone, welche wegen
der Vorzüglichkeit ihrer Schenkel Euknemon genannt, und
deshalb von Nero stets mit herumgeführt wurde; ferner eine
Knabenfigur, zu welcher der bei Philippi gebliebene Brutus
eine solche Liebe hegte, dass sie davon den Beinamen Phi-
lippensis
erhielt. -- Endlich rühmt Pausanias 3) den Stron-
gylion noch im Allgemeinen als ausgezeichnet in der Bildung
von Stieren und Pferden. Einen Beleg dafür liefert uns
das trojanische Pferd; und da in nicht grosser Entfernung von
demselben ein eherner Stier aufgestellt war 4), welcher auch
sonst von den Alten mit dem Pferde und einem Widder zu-
sammen genannt wird, so vermuthet Bergk 5), dass auch diese
Thiere Werke des Strongylion gewesen seien, und Pausanias
gerade in Erinnerung an dieselben dem Künstler das allgemeine
Lob ertheile.

Dass Strongylion vielmehr zu den Nachfolgern des Myron
als des Phidias zu rechnen ist, lehren sowohl seine Thierbildun-
gen, als die von Plinius genannten Werke, welche offenbar
ihren Ruf nicht sowohl durch ihre geistige Hoheit, als durch
körperliche Schönheit erlangt hatten.

Olympiosthenes.

Er muss hier wegen der drei Musen, welche Pausanias 6)
auf dem Helikon neben denen des Strongylion und Kephisodot
sah, seine Stelle finden, um so mehr, als er, neben zwei athe-
nischen Künstlern arbeitend, selbst Athener gewesen sein wird.

1) IX, 30, 1.
2) 34, 82.
3) IX, 30, 1.
4) Paus. I, 24, 2.
5) Ztschr. f. Altw. 1845, S. 979 flgdd.
6) IX, 30, 1.

sein. Der Zusammenhang lehrt jedoch, dass sie ein von den
andern unabhängiges Bild war, dessen Entstehungszeit nicht
bestimmt angegeben werden kann. — Ferner sah Pausanias 1)
auf dem Helikon drei Musenstatuen von Strongylion neben
drei andern des Olympiosthenes und eben so vielen des Ke-
phisodotos. Da sie wahrscheinlich gleichzeitig aufgestellt wa-
ren, Kephisodot aber gewöhnlich in die 102te Olympiade ge-
setzt wird, so glaubte man hiermit die frühere Bestimmung,
wonach Strongylion schon vor Ol. 91, 2 thätig sein musste,
nicht in Einklang bringen zu können. Wir werden jedoch spä-
ter sehen, dass Kephisodot schon mehrere Olympiaden früher ein
bekannter Künstler sein konnte. — Auch Plinius 2) führt zwei
Werke des Strongylion an: eine Amazone, welche wegen
der Vorzüglichkeit ihrer Schenkel Euknemon genannt, und
deshalb von Nero stets mit herumgeführt wurde; ferner eine
Knabenfigur, zu welcher der bei Philippi gebliebene Brutus
eine solche Liebe hegte, dass sie davon den Beinamen Phi-
lippensis
erhielt. — Endlich rühmt Pausanias 3) den Stron-
gylion noch im Allgemeinen als ausgezeichnet in der Bildung
von Stieren und Pferden. Einen Beleg dafür liefert uns
das trojanische Pferd; und da in nicht grosser Entfernung von
demselben ein eherner Stier aufgestellt war 4), welcher auch
sonst von den Alten mit dem Pferde und einem Widder zu-
sammen genannt wird, so vermuthet Bergk 5), dass auch diese
Thiere Werke des Strongylion gewesen seien, und Pausanias
gerade in Erinnerung an dieselben dem Künstler das allgemeine
Lob ertheile.

Dass Strongylion vielmehr zu den Nachfolgern des Myron
als des Phidias zu rechnen ist, lehren sowohl seine Thierbildun-
gen, als die von Plinius genannten Werke, welche offenbar
ihren Ruf nicht sowohl durch ihre geistige Hoheit, als durch
körperliche Schönheit erlangt hatten.

Olympiosthenes.

Er muss hier wegen der drei Musen, welche Pausanias 6)
auf dem Helikon neben denen des Strongylion und Kephisodot
sah, seine Stelle finden, um so mehr, als er, neben zwei athe-
nischen Künstlern arbeitend, selbst Athener gewesen sein wird.

1) IX, 30, 1.
2) 34, 82.
3) IX, 30, 1.
4) Paus. I, 24, 2.
5) Ztschr. f. Altw. 1845, S. 979 flgdd.
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[268/0281] sein. Der Zusammenhang lehrt jedoch, dass sie ein von den andern unabhängiges Bild war, dessen Entstehungszeit nicht bestimmt angegeben werden kann. — Ferner sah Pausanias 1) auf dem Helikon drei Musenstatuen von Strongylion neben drei andern des Olympiosthenes und eben so vielen des Ke- phisodotos. Da sie wahrscheinlich gleichzeitig aufgestellt wa- ren, Kephisodot aber gewöhnlich in die 102te Olympiade ge- setzt wird, so glaubte man hiermit die frühere Bestimmung, wonach Strongylion schon vor Ol. 91, 2 thätig sein musste, nicht in Einklang bringen zu können. Wir werden jedoch spä- ter sehen, dass Kephisodot schon mehrere Olympiaden früher ein bekannter Künstler sein konnte. — Auch Plinius 2) führt zwei Werke des Strongylion an: eine Amazone, welche wegen der Vorzüglichkeit ihrer Schenkel Euknemon genannt, und deshalb von Nero stets mit herumgeführt wurde; ferner eine Knabenfigur, zu welcher der bei Philippi gebliebene Brutus eine solche Liebe hegte, dass sie davon den Beinamen Phi- lippensis erhielt. — Endlich rühmt Pausanias 3) den Stron- gylion noch im Allgemeinen als ausgezeichnet in der Bildung von Stieren und Pferden. Einen Beleg dafür liefert uns das trojanische Pferd; und da in nicht grosser Entfernung von demselben ein eherner Stier aufgestellt war 4), welcher auch sonst von den Alten mit dem Pferde und einem Widder zu- sammen genannt wird, so vermuthet Bergk 5), dass auch diese Thiere Werke des Strongylion gewesen seien, und Pausanias gerade in Erinnerung an dieselben dem Künstler das allgemeine Lob ertheile. Dass Strongylion vielmehr zu den Nachfolgern des Myron als des Phidias zu rechnen ist, lehren sowohl seine Thierbildun- gen, als die von Plinius genannten Werke, welche offenbar ihren Ruf nicht sowohl durch ihre geistige Hoheit, als durch körperliche Schönheit erlangt hatten. Olympiosthenes. Er muss hier wegen der drei Musen, welche Pausanias 6) auf dem Helikon neben denen des Strongylion und Kephisodot sah, seine Stelle finden, um so mehr, als er, neben zwei athe- nischen Künstlern arbeitend, selbst Athener gewesen sein wird. 1) IX, 30, 1. 2) 34, 82. 3) IX, 30, 1. 4) Paus. I, 24, 2. 5) Ztschr. f. Altw. 1845, S. 979 flgdd. 6) IX, 30, 1.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/281>, abgerufen am 24.11.2024.