Um zu dieser streng gesetzmässigen Anordnung zu ge- langen, ist es nur nöthig, unter B 2 den Namen einer männ- lichen Gottheit zu ergänzen. Dies rechtfertigt sich aber durch den Text des Pausanias, indem die Worte Era, para de auton Kharis grammatisch unrichtig sind, wenn wir auton nicht auf einen jetzt ausgefallenen Götternamen beziehen wollen. -- Eine Composition, welche durch einen so strengen Parallelis- mus ihrer Glieder verbunden ist, kann nicht zerrissen und auf verschiedene Seiten der Basis vertheilt werden, zumal da Pau- sanias von den letzten Figuren sagt, sie ständen ede tou ba- throu pros to perati. Der Raum, den sie einnahm, musste also sehr breit bei verhältnissmässig geringer Höhe sein. Da nun nach den Maassen des Tempels die Basis kaum um vieles breiter sein konnte, als der Thron selbst, so können wir ihr auf keinen Fall die Höhe geben, welche wir als die gewöhn- liche bei stehenden Figuren kennen, nämlich etwa 1/3 bis 1/2 derselben. Vielmehr muss sie den Eindruck einer Stufe ge- währt haben, von welcher der Gott, wenn er sich hätte erhe- ben können, mit Bequemlichkeit herabgestiegen sein würde.
Die Maasse des ganzen Bildes hatte nach Strabo 1) Kalli- machos in iambischen Versen angegeben. Pausanias aber missbilligt es, darüber Berechnungen anzustellen 2), da ja der Gott selbst seine Billigung ausgesprochen habe, indem er auf die Bitte des Phidias um ein Zeichen einen Blitz vor dem Bilde habe niederfahren lassen, wo noch zu Pausanias Zeiten eine eherne Hydria zum Andenken aufgestellt war. Hygin und Philo sprechen von 60 Fuss, Andere sogar von 100 Fuss oder Ellen 3). Allein der ganze Tempel mit Dach und, wie es scheint, mit Sockel hatte nach Pausanias 4) nur eine Höhe von 68 Fuss; der innere Raum nach den neueren Berechnun-
1) VIII, p. 354.
2) So verbindet Schubart S. 406, mit Beseitigung der Worte epei kai ta bis doxa als eines Glossems, welches vom Rande in den Text gekommen sei.
3) Hygin. fab. 223. Philo de sept. orb. spect. ed. Orelli, p. 12. Vibius Sequester bei Orelli, p. 142; und ebend. S. 145.
4) V, 10, 2.
B C zwischen Centrum und Enden,
[Spaltenumbruch]
B
1. Zeus und Hera.
2. [Hephaestos und] Charis.
3. Hermes und Hestia.
[Spaltenumbruch]
C
1. Poseidon und Amphitrite.
2. Athene und Herakles.
3. Apollo und Artemis.
Um zu dieser streng gesetzmässigen Anordnung zu ge- langen, ist es nur nöthig, unter B 2 den Namen einer männ- lichen Gottheit zu ergänzen. Dies rechtfertigt sich aber durch den Text des Pausanias, indem die Worte Ἥρα, παρὰ δὲ αὐτὸν Χάρις grammatisch unrichtig sind, wenn wir αὐτὸν nicht auf einen jetzt ausgefallenen Götternamen beziehen wollen. — Eine Composition, welche durch einen so strengen Parallelis- mus ihrer Glieder verbunden ist, kann nicht zerrissen und auf verschiedene Seiten der Basis vertheilt werden, zumal da Pau- sanias von den letzten Figuren sagt, sie ständen ἤδη τοῦ βά- ϑρου πρὸς τῷ πέρατι. Der Raum, den sie einnahm, musste also sehr breit bei verhältnissmässig geringer Höhe sein. Da nun nach den Maassen des Tempels die Basis kaum um vieles breiter sein konnte, als der Thron selbst, so können wir ihr auf keinen Fall die Höhe geben, welche wir als die gewöhn- liche bei stehenden Figuren kennen, nämlich etwa ⅓ bis ½ derselben. Vielmehr muss sie den Eindruck einer Stufe ge- währt haben, von welcher der Gott, wenn er sich hätte erhe- ben können, mit Bequemlichkeit herabgestiegen sein würde.
Die Maasse des ganzen Bildes hatte nach Strabo 1) Kalli- machos in iambischen Versen angegeben. Pausanias aber missbilligt es, darüber Berechnungen anzustellen 2), da ja der Gott selbst seine Billigung ausgesprochen habe, indem er auf die Bitte des Phidias um ein Zeichen einen Blitz vor dem Bilde habe niederfahren lassen, wo noch zu Pausanias Zeiten eine eherne Hydria zum Andenken aufgestellt war. Hygin und Philo sprechen von 60 Fuss, Andere sogar von 100 Fuss oder Ellen 3). Allein der ganze Tempel mit Dach und, wie es scheint, mit Sockel hatte nach Pausanias 4) nur eine Höhe von 68 Fuss; der innere Raum nach den neueren Berechnun-
1) VIII, p. 354.
2) So verbindet Schubart S. 406, mit Beseitigung der Worte ἐπεὶ καὶ τὰ bis δόξα als eines Glossems, welches vom Rande in den Text gekommen sei.
3) Hygin. fab. 223. Philo de sept. orb. spect. ed. Orelli, p. 12. Vibius Sequester bei Orelli, p. 142; und ebend. S. 145.
4) V, 10, 2.
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[175/0188]
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1. Zeus und Hera.
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3. Hermes und Hestia.
C
1. Poseidon und Amphitrite.
2. Athene und Herakles.
3. Apollo und Artemis.
Um zu dieser streng gesetzmässigen Anordnung zu ge-
langen, ist es nur nöthig, unter B 2 den Namen einer männ-
lichen Gottheit zu ergänzen. Dies rechtfertigt sich aber durch
den Text des Pausanias, indem die Worte Ἥρα, παρὰ δὲ
αὐτὸν Χάρις grammatisch unrichtig sind, wenn wir αὐτὸν nicht
auf einen jetzt ausgefallenen Götternamen beziehen wollen. —
Eine Composition, welche durch einen so strengen Parallelis-
mus ihrer Glieder verbunden ist, kann nicht zerrissen und auf
verschiedene Seiten der Basis vertheilt werden, zumal da Pau-
sanias von den letzten Figuren sagt, sie ständen ἤδη τοῦ βά-
ϑρου πρὸς τῷ πέρατι. Der Raum, den sie einnahm, musste
also sehr breit bei verhältnissmässig geringer Höhe sein. Da
nun nach den Maassen des Tempels die Basis kaum um vieles
breiter sein konnte, als der Thron selbst, so können wir ihr
auf keinen Fall die Höhe geben, welche wir als die gewöhn-
liche bei stehenden Figuren kennen, nämlich etwa ⅓ bis ½
derselben. Vielmehr muss sie den Eindruck einer Stufe ge-
währt haben, von welcher der Gott, wenn er sich hätte erhe-
ben können, mit Bequemlichkeit herabgestiegen sein würde.
Die Maasse des ganzen Bildes hatte nach Strabo 1) Kalli-
machos in iambischen Versen angegeben. Pausanias aber
missbilligt es, darüber Berechnungen anzustellen 2), da ja der
Gott selbst seine Billigung ausgesprochen habe, indem er auf
die Bitte des Phidias um ein Zeichen einen Blitz vor dem
Bilde habe niederfahren lassen, wo noch zu Pausanias Zeiten
eine eherne Hydria zum Andenken aufgestellt war. Hygin
und Philo sprechen von 60 Fuss, Andere sogar von 100 Fuss
oder Ellen 3). Allein der ganze Tempel mit Dach und, wie
es scheint, mit Sockel hatte nach Pausanias 4) nur eine Höhe
von 68 Fuss; der innere Raum nach den neueren Berechnun-
1) VIII, p. 354.
2) So verbindet Schubart S. 406, mit Beseitigung der
Worte ἐπεὶ καὶ τὰ bis δόξα als eines Glossems, welches vom Rande in den
Text gekommen sei.
3) Hygin. fab. 223. Philo de sept. orb. spect. ed.
Orelli, p. 12. Vibius Sequester bei Orelli, p. 142; und ebend. S. 145.
4) V, 10, 2.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/188>, abgerufen am 09.11.2024.
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