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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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nicht abzusehen, wie die Niobiden auf den Stützen der Arm-
lehnen genügenden Raum finden konnten, während die Schwin-
gen die erwünschten Maasse darbieten. So können wir wohl
zufrieden sein, mit den Worten des Pausanias nicht in direkten
Widerspruch zu gerathen, sofern wir die Niobiden zwar nicht
gerade unter die Sphinxe, aber doch auf einen tiefer gelegenen
Raum, die Schwingen, versetzen.

Von der Rücklehne des Thrones erfahren wir nur, dass
Phidias, auf dem obersten Theile des Thrones über dem Haupte
des Gottes einerseits die Chariten, andererseits die Horen, je
zu drei bildete. Eben so kurz behandelt Pausanias den Fuss-
schemel. Es befanden sich "daran goldene Löwen und des
Theseus Schlacht gegen die Amazonen in Relief, die erste
Heldenthat der Athener gegen Nicht-Stammesgenossen." Dass
auch die Löwen nur in Relief gebildet sein sollten, ist für
mich nicht so ausgemacht, als es Schubart 1) behauptet, da in
den Worten: leontas te khrusous kai Theseos epeirgasmenen
ekhei makhen der Singular epeirgasmenen keineswegs mit Noth-
wendigkeit sich auch auf leontas zu beziehen braucht. In
künstlerischer Hinsicht sind gewiss rundgearbeitete Löwen als
Stützen des Schemels vorzuziehen.

Endlich folgt in der Beschreibung die Basis, welche den
Thron und die übrige Ausschmückung des Gottes trug. Hier
wäre es besonders erwünscht, einigermassen das Verhältniss
ihrer Höhe zu der des Bildes bestimmen zu können, weil da-
von ein grosser Theil der Gesammtwirkung abhängen musste.
Pausanias hilft uns hier nur mittelbar auf die Spur, indem er
die Figuren aufzählt, welche sich an der Basis fanden. Sie
ordnen sich mit Nothwendigkeit in folgender Weise:

[Abbildung]

A im Centrum, Aphrodite aus dem Meere aufsteigend, be-
gleitet von Eros und Peitho.

D E an den Enden, Helios und Selene, die als Schluss-
gruppen grösserer Göttervereine öfter wiederkehren 2).

1) S. 406.
2) Jahn Beiträge, S. 79 flgdd.

nicht abzusehen, wie die Niobiden auf den Stützen der Arm-
lehnen genügenden Raum finden konnten, während die Schwin-
gen die erwünschten Maasse darbieten. So können wir wohl
zufrieden sein, mit den Worten des Pausanias nicht in direkten
Widerspruch zu gerathen, sofern wir die Niobiden zwar nicht
gerade unter die Sphinxe, aber doch auf einen tiefer gelegenen
Raum, die Schwingen, versetzen.

Von der Rücklehne des Thrones erfahren wir nur, dass
Phidias, auf dem obersten Theile des Thrones über dem Haupte
des Gottes einerseits die Chariten, andererseits die Horen, je
zu drei bildete. Eben so kurz behandelt Pausanias den Fuss-
schemel. Es befanden sich „daran goldene Löwen und des
Theseus Schlacht gegen die Amazonen in Relief, die erste
Heldenthat der Athener gegen Nicht-Stammesgenossen.” Dass
auch die Löwen nur in Relief gebildet sein sollten, ist für
mich nicht so ausgemacht, als es Schubart 1) behauptet, da in
den Worten: λέοντάς τε χρυσοῦς καὶ Θησέως ἐπειργασμένην
ἔχει μάχην der Singular ἐπειργασμένην keineswegs mit Noth-
wendigkeit sich auch auf λέοντας zu beziehen braucht. In
künstlerischer Hinsicht sind gewiss rundgearbeitete Löwen als
Stützen des Schemels vorzuziehen.

Endlich folgt in der Beschreibung die Basis, welche den
Thron und die übrige Ausschmückung des Gottes trug. Hier
wäre es besonders erwünscht, einigermassen das Verhältniss
ihrer Höhe zu der des Bildes bestimmen zu können, weil da-
von ein grosser Theil der Gesammtwirkung abhängen musste.
Pausanias hilft uns hier nur mittelbar auf die Spur, indem er
die Figuren aufzählt, welche sich an der Basis fanden. Sie
ordnen sich mit Nothwendigkeit in folgender Weise:

[Abbildung]

A im Centrum, Aphrodite aus dem Meere aufsteigend, be-
gleitet von Eros und Peitho.

D E an den Enden, Helios und Selene, die als Schluss-
gruppen grösserer Göttervereine öfter wiederkehren 2).

1) S. 406.
2) Jahn Beiträge, S. 79 flgdd.
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[174/0187] nicht abzusehen, wie die Niobiden auf den Stützen der Arm- lehnen genügenden Raum finden konnten, während die Schwin- gen die erwünschten Maasse darbieten. So können wir wohl zufrieden sein, mit den Worten des Pausanias nicht in direkten Widerspruch zu gerathen, sofern wir die Niobiden zwar nicht gerade unter die Sphinxe, aber doch auf einen tiefer gelegenen Raum, die Schwingen, versetzen. Von der Rücklehne des Thrones erfahren wir nur, dass Phidias, auf dem obersten Theile des Thrones über dem Haupte des Gottes einerseits die Chariten, andererseits die Horen, je zu drei bildete. Eben so kurz behandelt Pausanias den Fuss- schemel. Es befanden sich „daran goldene Löwen und des Theseus Schlacht gegen die Amazonen in Relief, die erste Heldenthat der Athener gegen Nicht-Stammesgenossen.” Dass auch die Löwen nur in Relief gebildet sein sollten, ist für mich nicht so ausgemacht, als es Schubart 1) behauptet, da in den Worten: λέοντάς τε χρυσοῦς καὶ Θησέως ἐπειργασμένην ἔχει μάχην der Singular ἐπειργασμένην keineswegs mit Noth- wendigkeit sich auch auf λέοντας zu beziehen braucht. In künstlerischer Hinsicht sind gewiss rundgearbeitete Löwen als Stützen des Schemels vorzuziehen. Endlich folgt in der Beschreibung die Basis, welche den Thron und die übrige Ausschmückung des Gottes trug. Hier wäre es besonders erwünscht, einigermassen das Verhältniss ihrer Höhe zu der des Bildes bestimmen zu können, weil da- von ein grosser Theil der Gesammtwirkung abhängen musste. Pausanias hilft uns hier nur mittelbar auf die Spur, indem er die Figuren aufzählt, welche sich an der Basis fanden. Sie ordnen sich mit Nothwendigkeit in folgender Weise: [Abbildung] A im Centrum, Aphrodite aus dem Meere aufsteigend, be- gleitet von Eros und Peitho. D E an den Enden, Helios und Selene, die als Schluss- gruppen grösserer Göttervereine öfter wiederkehren 2). 1) S. 406. 2) Jahn Beiträge, S. 79 flgdd.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/187>, abgerufen am 27.04.2024.