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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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zu sein. Uebrigens haben wir uns diesen Schmuck buntfarbig
zu denken 1), wahrscheinlich emaillirt, so wie den am Scepter
als eingelegte Metallarbeit.

Von dem Throne sagt Pausanias im Allgemeinen, er sei
bunt von Gold und Steinen, bunt auch von Ebenholz und El-
fenbein. Die Vertheilung dieser Stoffe im Einzelnen giebt er
nicht an. Wenn er dagegen ferner berichtet: Figuren seien
an dem Throne in Malerei dargestellt und plastische Werke
daran angebracht, so ergiebt sich aus der weiteren Beschrei-
bung, dass die Gemälde nur auf einen Theil beschränkt und,
wie wir sehen werden, für diesen besonders berechnet waren.
Von den Theilen des Thrones nennt Pausanias zuerst die Füsse.
"Vier Niken in der Haltung von Chortänzerinnen sind an jedem
Fusse des Thrones, zwei andere an dem unteren Theile jedes
Fusses." Hier ist die natürlichste Anordnung, dass die vier
oberen rings um die vier Seiten des freistehenden Fusses ver-
theilt waren, die unteren an den zwei nach aussen gekehrten
Seiten. "Zwischen den Füssen des Thrones aber sind vier
Querriegel, je einer von einem Fusse zum andern durchlau-
fend." Der Platz, den wir denselben anweisen können, muss
nothwendig zwischen der oberen und unteren Ordnung der Sie-
gesgöttinnen sein. Dass wir nicht die Schwingen des Sessels,
die Querhölzer unmittelbar unter dem Sitzbrett, zu verstehen
haben, lehrt uns die Folge; denn es heisst: "auf dem Quer-
riegel dem Eingang gegenüber sind sieben Figuren, da die
achte, ich weiss nicht auf welche Weise, verschwunden ist."
Diese Figuren, auf die Schwinge des Stuhls gesetzt, würden
durch die Schenkel und den Mantel des Gottes dem Auge des
Beschauers entzogen worden sein. Nehmen wir dagegen an,
die Füsse und der Mantel seien in ähnlicher Weise angeordnet
gewesen, wie z. B. in der Verospischen Statue 2), dass näm-
lich die Füsse nahe bei einander standen, der Mantel, unten
etwas gesammelt, nicht bis zur Fusssohle herabfiel; nehmen
wir dazu, dass die Füsse des Gottes auf einem Schemel stan-
den: so bleibt der Querriegel in der halben Höhe des Thrones,
d. i. zwischen den vier und den zwei Niken, für den Beschauer
fast ganz frei, und acht Figuren konnten sehr wohl dort Platz

1) Deshalb leistete nach Strabo VIII, p. 354 der Maler Panaenos gerade
bei diesem Theile dem Phidias thätige Hülfe.
2) Müller u. Oest. II, 1, n. 7.

zu sein. Uebrigens haben wir uns diesen Schmuck buntfarbig
zu denken 1), wahrscheinlich emaillirt, so wie den am Scepter
als eingelegte Metallarbeit.

Von dem Throne sagt Pausanias im Allgemeinen, er sei
bunt von Gold und Steinen, bunt auch von Ebenholz und El-
fenbein. Die Vertheilung dieser Stoffe im Einzelnen giebt er
nicht an. Wenn er dagegen ferner berichtet: Figuren seien
an dem Throne in Malerei dargestellt und plastische Werke
daran angebracht, so ergiebt sich aus der weiteren Beschrei-
bung, dass die Gemälde nur auf einen Theil beschränkt und,
wie wir sehen werden, für diesen besonders berechnet waren.
Von den Theilen des Thrones nennt Pausanias zuerst die Füsse.
„Vier Niken in der Haltung von Chortänzerinnen sind an jedem
Fusse des Thrones, zwei andere an dem unteren Theile jedes
Fusses.” Hier ist die natürlichste Anordnung, dass die vier
oberen rings um die vier Seiten des freistehenden Fusses ver-
theilt waren, die unteren an den zwei nach aussen gekehrten
Seiten. „Zwischen den Füssen des Thrones aber sind vier
Querriegel, je einer von einem Fusse zum andern durchlau-
fend.” Der Platz, den wir denselben anweisen können, muss
nothwendig zwischen der oberen und unteren Ordnung der Sie-
gesgöttinnen sein. Dass wir nicht die Schwingen des Sessels,
die Querhölzer unmittelbar unter dem Sitzbrett, zu verstehen
haben, lehrt uns die Folge; denn es heisst: „auf dem Quer-
riegel dem Eingang gegenüber sind sieben Figuren, da die
achte, ich weiss nicht auf welche Weise, verschwunden ist.”
Diese Figuren, auf die Schwinge des Stuhls gesetzt, würden
durch die Schenkel und den Mantel des Gottes dem Auge des
Beschauers entzogen worden sein. Nehmen wir dagegen an,
die Füsse und der Mantel seien in ähnlicher Weise angeordnet
gewesen, wie z. B. in der Verospischen Statue 2), dass näm-
lich die Füsse nahe bei einander standen, der Mantel, unten
etwas gesammelt, nicht bis zur Fusssohle herabfiel; nehmen
wir dazu, dass die Füsse des Gottes auf einem Schemel stan-
den: so bleibt der Querriegel in der halben Höhe des Thrones,
d. i. zwischen den vier und den zwei Niken, für den Beschauer
fast ganz frei, und acht Figuren konnten sehr wohl dort Platz

1) Deshalb leistete nach Strabo VIII, p. 354 der Maler Panaenos gerade
bei diesem Theile dem Phidias thätige Hülfe.
2) Müller u. Oest. II, 1, n. 7.
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[170/0183] zu sein. Uebrigens haben wir uns diesen Schmuck buntfarbig zu denken 1), wahrscheinlich emaillirt, so wie den am Scepter als eingelegte Metallarbeit. Von dem Throne sagt Pausanias im Allgemeinen, er sei bunt von Gold und Steinen, bunt auch von Ebenholz und El- fenbein. Die Vertheilung dieser Stoffe im Einzelnen giebt er nicht an. Wenn er dagegen ferner berichtet: Figuren seien an dem Throne in Malerei dargestellt und plastische Werke daran angebracht, so ergiebt sich aus der weiteren Beschrei- bung, dass die Gemälde nur auf einen Theil beschränkt und, wie wir sehen werden, für diesen besonders berechnet waren. Von den Theilen des Thrones nennt Pausanias zuerst die Füsse. „Vier Niken in der Haltung von Chortänzerinnen sind an jedem Fusse des Thrones, zwei andere an dem unteren Theile jedes Fusses.” Hier ist die natürlichste Anordnung, dass die vier oberen rings um die vier Seiten des freistehenden Fusses ver- theilt waren, die unteren an den zwei nach aussen gekehrten Seiten. „Zwischen den Füssen des Thrones aber sind vier Querriegel, je einer von einem Fusse zum andern durchlau- fend.” Der Platz, den wir denselben anweisen können, muss nothwendig zwischen der oberen und unteren Ordnung der Sie- gesgöttinnen sein. Dass wir nicht die Schwingen des Sessels, die Querhölzer unmittelbar unter dem Sitzbrett, zu verstehen haben, lehrt uns die Folge; denn es heisst: „auf dem Quer- riegel dem Eingang gegenüber sind sieben Figuren, da die achte, ich weiss nicht auf welche Weise, verschwunden ist.” Diese Figuren, auf die Schwinge des Stuhls gesetzt, würden durch die Schenkel und den Mantel des Gottes dem Auge des Beschauers entzogen worden sein. Nehmen wir dagegen an, die Füsse und der Mantel seien in ähnlicher Weise angeordnet gewesen, wie z. B. in der Verospischen Statue 2), dass näm- lich die Füsse nahe bei einander standen, der Mantel, unten etwas gesammelt, nicht bis zur Fusssohle herabfiel; nehmen wir dazu, dass die Füsse des Gottes auf einem Schemel stan- den: so bleibt der Querriegel in der halben Höhe des Thrones, d. i. zwischen den vier und den zwei Niken, für den Beschauer fast ganz frei, und acht Figuren konnten sehr wohl dort Platz 1) Deshalb leistete nach Strabo VIII, p. 354 der Maler Panaenos gerade bei diesem Theile dem Phidias thätige Hülfe. 2) Müller u. Oest. II, 1, n. 7.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/183>, abgerufen am 27.04.2024.