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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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ein Leben, welches alle Kräfte vom Handwerker bis zum voll-
endetsten Künstler in Anspruch nahm 1). Phidias aber stand
in dieser Periode in der Blüthe seiner Thätigkeit und seines
Ansehens, und durch sein persönliches Verhältniss zu Perikles
ward er die Seele aller dieser Unternehmungen 2). So müssen
wir denn in diese Periode nicht allein den grössten Theil der
in Attika aufgestellten und dem Phidias namentlich zugeschrie-
benen Werke versetzen, sondern es gebührt ihm auch ein
grosser Antheil des Ruhms aller der grossen perikleischen
Bauten. Namentlich aber werden wir die reichen plastischen
und statuarischen Verzierungen des Parthenon, wenigstens
nach Erfindung, Zeichnung und Anordnung, als Werke des
Phidias betrachten dürfen, wenn er auch bei der Ausführung
so ausgedehnter Arbeiten sich fremder Hülfe bedienen musste.

Eine dritte Epoche des Phidias wird uns endlich durch
seinen Aufenthalt in Elis bezeichnet. Hier handelt es sich um
die Darstellung des olympischen Zeus in aller seiner Macht
und Herrlichkeit, eines in demselben Sinne specifisch helleni-
schen Ideales, wie Athene ein attisches war. -- Sein dortiges
Auftreten scheint nicht weniger glänzend gewesen zu sein, als
in Athen. Er kam nicht allein, sondern mit einer Reihe sei-
ner vorzüglichsten Schüler 3), so dass die attische Kunst plötz-
lich dorthin versetzt zu sein scheint. Man bewirbt sich um
Werke von ihm und seinen Schülern 4), man erbaut ihm von
Staats wegen eine Werkstatt, die noch zu Pausanias Zeit ge-
zeigt ward 5), seine Nachkommen erhalten als Ehrenamt die
Sorge für die Reinigung des Zeusbildes 6); ihm selbst aber
wird in Olympia gestattet, was ihm in Athen verweigert wor-
den sein soll 7), nämlich seinen Namen unter das Bild des
höchsten Gottes Griechenlands zu setzen 8). Alles dieses zu-
sammengenommen zeigt uns, dass er mit Ehren empfangen
und ebenso mit Ehren entlassen worden sein muss. Diese
Umstände aber müssen wir vor Augen behalten, wenn wir die

1) Plut. Per. 12.
2) ib. 13; 31.
3) Panaenos war sogar sunergo-
labos (Strabo VIII, p. 354), an dem Contracte betheiligt, der wegen der Arbeit
abgeschlossen ward. Colotes, Phidiae discipulus et in faciendo Iove Olympio
adiutor: Plin. 35, 54. Alkamenes liefert die Statuen für den hinteren Giebel
des Tempels: Paus. V, 10, 2.
4) Erwähnt werden zu Elis eine Aphrodite
Urania von Phidias; ebendaselbst eine Athene von ihm oder Kolotes; zu Kyl-
lene ein Asklepios von Kolotes; ferner Gemälde des Panaenos zu Elis.
5) V, 15, 1.
6) Paus. V, 14, 5.
7) Cic. Tusc. I, 15.
8) Paus. V, 10, 2.

ein Leben, welches alle Kräfte vom Handwerker bis zum voll-
endetsten Künstler in Anspruch nahm 1). Phidias aber stand
in dieser Periode in der Blüthe seiner Thätigkeit und seines
Ansehens, und durch sein persönliches Verhältniss zu Perikles
ward er die Seele aller dieser Unternehmungen 2). So müssen
wir denn in diese Periode nicht allein den grössten Theil der
in Attika aufgestellten und dem Phidias namentlich zugeschrie-
benen Werke versetzen, sondern es gebührt ihm auch ein
grosser Antheil des Ruhms aller der grossen perikleischen
Bauten. Namentlich aber werden wir die reichen plastischen
und statuarischen Verzierungen des Parthenon, wenigstens
nach Erfindung, Zeichnung und Anordnung, als Werke des
Phidias betrachten dürfen, wenn er auch bei der Ausführung
so ausgedehnter Arbeiten sich fremder Hülfe bedienen musste.

Eine dritte Epoche des Phidias wird uns endlich durch
seinen Aufenthalt in Elis bezeichnet. Hier handelt es sich um
die Darstellung des olympischen Zeus in aller seiner Macht
und Herrlichkeit, eines in demselben Sinne specifisch helleni-
schen Ideales, wie Athene ein attisches war. — Sein dortiges
Auftreten scheint nicht weniger glänzend gewesen zu sein, als
in Athen. Er kam nicht allein, sondern mit einer Reihe sei-
ner vorzüglichsten Schüler 3), so dass die attische Kunst plötz-
lich dorthin versetzt zu sein scheint. Man bewirbt sich um
Werke von ihm und seinen Schülern 4), man erbaut ihm von
Staats wegen eine Werkstatt, die noch zu Pausanias Zeit ge-
zeigt ward 5), seine Nachkommen erhalten als Ehrenamt die
Sorge für die Reinigung des Zeusbildes 6); ihm selbst aber
wird in Olympia gestattet, was ihm in Athen verweigert wor-
den sein soll 7), nämlich seinen Namen unter das Bild des
höchsten Gottes Griechenlands zu setzen 8). Alles dieses zu-
sammengenommen zeigt uns, dass er mit Ehren empfangen
und ebenso mit Ehren entlassen worden sein muss. Diese
Umstände aber müssen wir vor Augen behalten, wenn wir die

1) Plut. Per. 12.
2) ib. 13; 31.
3) Panaenos war sogar συνεργο-
λάβος (Strabo VIII, p. 354), an dem Contracte betheiligt, der wegen der Arbeit
abgeschlossen ward. Colotes, Phidiae discipulus et in faciendo Iove Olympio
adiutor: Plin. 35, 54. Alkamenes liefert die Statuen für den hinteren Giebel
des Tempels: Paus. V, 10, 2.
4) Erwähnt werden zu Elis eine Aphrodite
Urania von Phidias; ebendaselbst eine Athene von ihm oder Kolotes; zu Kyl-
lene ein Asklepios von Kolotes; ferner Gemälde des Panaenos zu Elis.
5) V, 15, 1.
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7) Cic. Tusc. I, 15.
8) Paus. V, 10, 2.
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[166/0179] ein Leben, welches alle Kräfte vom Handwerker bis zum voll- endetsten Künstler in Anspruch nahm 1). Phidias aber stand in dieser Periode in der Blüthe seiner Thätigkeit und seines Ansehens, und durch sein persönliches Verhältniss zu Perikles ward er die Seele aller dieser Unternehmungen 2). So müssen wir denn in diese Periode nicht allein den grössten Theil der in Attika aufgestellten und dem Phidias namentlich zugeschrie- benen Werke versetzen, sondern es gebührt ihm auch ein grosser Antheil des Ruhms aller der grossen perikleischen Bauten. Namentlich aber werden wir die reichen plastischen und statuarischen Verzierungen des Parthenon, wenigstens nach Erfindung, Zeichnung und Anordnung, als Werke des Phidias betrachten dürfen, wenn er auch bei der Ausführung so ausgedehnter Arbeiten sich fremder Hülfe bedienen musste. Eine dritte Epoche des Phidias wird uns endlich durch seinen Aufenthalt in Elis bezeichnet. Hier handelt es sich um die Darstellung des olympischen Zeus in aller seiner Macht und Herrlichkeit, eines in demselben Sinne specifisch helleni- schen Ideales, wie Athene ein attisches war. — Sein dortiges Auftreten scheint nicht weniger glänzend gewesen zu sein, als in Athen. Er kam nicht allein, sondern mit einer Reihe sei- ner vorzüglichsten Schüler 3), so dass die attische Kunst plötz- lich dorthin versetzt zu sein scheint. Man bewirbt sich um Werke von ihm und seinen Schülern 4), man erbaut ihm von Staats wegen eine Werkstatt, die noch zu Pausanias Zeit ge- zeigt ward 5), seine Nachkommen erhalten als Ehrenamt die Sorge für die Reinigung des Zeusbildes 6); ihm selbst aber wird in Olympia gestattet, was ihm in Athen verweigert wor- den sein soll 7), nämlich seinen Namen unter das Bild des höchsten Gottes Griechenlands zu setzen 8). Alles dieses zu- sammengenommen zeigt uns, dass er mit Ehren empfangen und ebenso mit Ehren entlassen worden sein muss. Diese Umstände aber müssen wir vor Augen behalten, wenn wir die 1) Plut. Per. 12. 2) ib. 13; 31. 3) Panaenos war sogar συνεργο- λάβος (Strabo VIII, p. 354), an dem Contracte betheiligt, der wegen der Arbeit abgeschlossen ward. Colotes, Phidiae discipulus et in faciendo Iove Olympio adiutor: Plin. 35, 54. Alkamenes liefert die Statuen für den hinteren Giebel des Tempels: Paus. V, 10, 2. 4) Erwähnt werden zu Elis eine Aphrodite Urania von Phidias; ebendaselbst eine Athene von ihm oder Kolotes; zu Kyl- lene ein Asklepios von Kolotes; ferner Gemälde des Panaenos zu Elis. 5) V, 15, 1. 6) Paus. V, 14, 5. 7) Cic. Tusc. I, 15. 8) Paus. V, 10, 2.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/179>, abgerufen am 09.11.2024.