Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

Offenbar ist der in dieser Inschrift genannte Aristokles der-
selbe, der auch die Grabsäule des sogenannten marathonischen
Kriegers gemacht hat, welche bei Belanideza in der Nähe des
alten Brauron gefunden wurde. Die Inschrift unter dem Relief
lautet1):

[Abbildung]
und auf der Basis:
[Abbildung]
Die erste dieser Inschriften setzt Böckh zwischen Ol. 75 und
85; und zwar wenn das Th richtig ist und nicht vielmehr im
Original steht, näher an Ol. 85, als an 75. In der Schatz-
rechnung des Parthenon kommt aber unter dem dritten Jahre
der 95ten Ol. ein Aristokles vor, der die Basis des Tempelbil-
des restaurirt2):
[Abbildung]
Wir haben sonach einen Aristokles ungefähr in der 80sten und
einen andern in der 95sten Olympiade, etwa Grossvater und
Enkel: zwischen beide in die Mitte tritt Kleoetas als Sohn
des einen und Vater des andern. Er war also Zeitgenosse des
Phidias, und nicht unmöglich ist, was Böckh vermuthet, dass
er diesen nach Olympia begleitete. Denn von seiner dortigen
Thätigkeit legten die Schranken des Hippodrom Zeugniss ab,
die er auf eine besonders kunstreiche Weise construirte3).
Die nähere Beschreibung können wir hier übergehen, da die
ganze Einrichtung mehr der Architektur, als der Sculptur und
Plastik angehört. Zum Beweise, dass Kleoetas sich auf diese
Schranken etwas eingebildet habe, führt Pausanias die Inschrift
einer Statue an, die er in Athen gemacht hatte. Es ist kein
Grund zu zweifeln, dass es dieselbe sei, an der Pausanias4)
eine technische Besonderheit hervorhebt, aus der man nach
den verschiedenen Zwecken Verschiedenes hat folgern wollen.
Die Worte lauten: ostis de ta sun tekhne pepoiemena epiprosthe
tithetai ton es arkhaioteta ekonton, kai tade estin oi theasasthai.
kranos estin epikeimenos aner Kleoitou, kai oi tous onukhas

1) Stephani a. a. O. Rangabe ant. hell. n. 21. Bull. dell' Inst. 1839. p. 75.
Kunstbl. 1839 n. 46 u. 92. Schöll Mittheil. S. 46. Ephem. arkhaiol. 1838
Augustheft.
2) C. I. n. 150. p. 233. l. 13.
3) Paus. VI, 20, 7.
4) I,
24, 3.

Offenbar ist der in dieser Inschrift genannte Aristokles der-
selbe, der auch die Grabsäule des sogenannten marathonischen
Kriegers gemacht hat, welche bei Belanideza in der Nähe des
alten Brauron gefunden wurde. Die Inschrift unter dem Relief
lautet1):

[Abbildung]
und auf der Basis:
[Abbildung]
Die erste dieser Inschriften setzt Böckh zwischen Ol. 75 und
85; und zwar wenn das Θ richtig ist und nicht vielmehr im
Original ⨂ steht, näher an Ol. 85, als an 75. In der Schatz-
rechnung des Parthenon kommt aber unter dem dritten Jahre
der 95ten Ol. ein Aristokles vor, der die Basis des Tempelbil-
des restaurirt2):
[Abbildung]
Wir haben sonach einen Aristokles ungefähr in der 80sten und
einen andern in der 95sten Olympiade, etwa Grossvater und
Enkel: zwischen beide in die Mitte tritt Kleoetas als Sohn
des einen und Vater des andern. Er war also Zeitgenosse des
Phidias, und nicht unmöglich ist, was Böckh vermuthet, dass
er diesen nach Olympia begleitete. Denn von seiner dortigen
Thätigkeit legten die Schranken des Hippodrom Zeugniss ab,
die er auf eine besonders kunstreiche Weise construirte3).
Die nähere Beschreibung können wir hier übergehen, da die
ganze Einrichtung mehr der Architektur, als der Sculptur und
Plastik angehört. Zum Beweise, dass Kleoetas sich auf diese
Schranken etwas eingebildet habe, führt Pausanias die Inschrift
einer Statue an, die er in Athen gemacht hatte. Es ist kein
Grund zu zweifeln, dass es dieselbe sei, an der Pausanias4)
eine technische Besonderheit hervorhebt, aus der man nach
den verschiedenen Zwecken Verschiedenes hat folgern wollen.
Die Worte lauten: ὅστις δὲ τὰ σὺν τέχνῃ πεποιημένα ἐπίπροσϑε
τίϑεται τῶν ἐς ἀρχαιότητα ἡκόντων, καὶ τάδε ἐστίν οἱ ϑεάσασϑαι.
κράνος ἐστὶν ἐπικείμενος ἀνὴρ Κλεοίτου, καὶ οἱ τοὺς ὄνυχας

1) Stephani a. a. O. Rangabé ant. hell. n. 21. Bull. dell’ Inst. 1839. p. 75.
Kunstbl. 1839 n. 46 u. 92. Schöll Mittheil. S. 46. Ἐφημ. ἀρχαιολ. 1838
Augustheft.
2) C. I. n. 150. p. 233. l. 13.
3) Paus. VI, 20, 7.
4) I,
24, 3.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0120" n="107"/>
Offenbar ist der in dieser Inschrift genannte Aristokles der-<lb/>
selbe, der auch die Grabsäule des sogenannten marathonischen<lb/>
Kriegers gemacht hat, welche bei Belanideza in der Nähe des<lb/>
alten Brauron gefunden wurde. Die Inschrift unter dem Relief<lb/>
lautet<note place="foot" n="1)">Stephani a. a. O. Rangabé ant. hell. n. 21. Bull. dell&#x2019; Inst. 1839. p. 75.<lb/>
Kunstbl. 1839 n. 46 u. 92. Schöll Mittheil. S. 46. &#x1F18;&#x03C6;&#x03B7;&#x03BC;. &#x1F00;&#x03C1;&#x03C7;&#x03B1;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BB;. 1838<lb/>
Augustheft.</note>:<lb/><figure/><lb/>
und auf der Basis:<lb/><figure/><lb/>
Die erste dieser Inschriften setzt Böckh zwischen Ol. 75 und<lb/>
85; und zwar wenn das &#x0398; richtig ist und nicht vielmehr im<lb/>
Original &#x2A02; steht, näher an Ol. 85, als an 75. In der Schatz-<lb/>
rechnung des Parthenon kommt aber unter dem dritten Jahre<lb/>
der 95ten Ol. ein Aristokles vor, der die Basis des Tempelbil-<lb/>
des restaurirt<note place="foot" n="2)">C. I. n. 150. p. 233. l. 13.</note>:<lb/><figure/><lb/>
Wir haben sonach einen Aristokles ungefähr in der 80sten und<lb/>
einen andern in der 95sten Olympiade, etwa Grossvater und<lb/>
Enkel: zwischen beide in die Mitte tritt Kleoetas als Sohn<lb/>
des einen und Vater des andern. Er war also Zeitgenosse des<lb/>
Phidias, und nicht unmöglich ist, was Böckh vermuthet, dass<lb/>
er diesen nach Olympia begleitete. Denn von seiner dortigen<lb/>
Thätigkeit legten die Schranken des Hippodrom Zeugniss ab,<lb/>
die er auf eine besonders kunstreiche Weise construirte<note place="foot" n="3)">Paus. VI, 20, 7.</note>.<lb/>
Die nähere Beschreibung können wir hier übergehen, da die<lb/>
ganze Einrichtung mehr der Architektur, als der Sculptur und<lb/>
Plastik angehört. Zum Beweise, dass Kleoetas sich auf diese<lb/>
Schranken etwas eingebildet habe, führt Pausanias die Inschrift<lb/>
einer Statue an, die er in Athen gemacht hatte. Es ist kein<lb/>
Grund zu zweifeln, dass es dieselbe sei, an der Pausanias<note place="foot" n="4)">I,<lb/>
24, 3.</note><lb/>
eine technische Besonderheit hervorhebt, aus der man nach<lb/>
den verschiedenen Zwecken Verschiedenes hat folgern wollen.<lb/>
Die Worte lauten: &#x1F45;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B9;&#x03C2; &#x03B4;&#x1F72; &#x03C4;&#x1F70; &#x03C3;&#x1F7A;&#x03BD; &#x03C4;&#x03AD;&#x03C7;&#x03BD;&#x1FC3; &#x03C0;&#x03B5;&#x03C0;&#x03BF;&#x03B9;&#x03B7;&#x03BC;&#x03AD;&#x03BD;&#x03B1; &#x1F10;&#x03C0;&#x03AF;&#x03C0;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C3;&#x03D1;&#x03B5;<lb/>
&#x03C4;&#x03AF;&#x03D1;&#x03B5;&#x03C4;&#x03B1;&#x03B9; &#x03C4;&#x1FF6;&#x03BD; &#x1F10;&#x03C2; &#x1F00;&#x03C1;&#x03C7;&#x03B1;&#x03B9;&#x03CC;&#x03C4;&#x03B7;&#x03C4;&#x03B1; &#x1F21;&#x03BA;&#x03CC;&#x03BD;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BD;, &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03C4;&#x03AC;&#x03B4;&#x03B5; &#x1F10;&#x03C3;&#x03C4;&#x03AF;&#x03BD; &#x03BF;&#x1F31; &#x03D1;&#x03B5;&#x03AC;&#x03C3;&#x03B1;&#x03C3;&#x03D1;&#x03B1;&#x03B9;.<lb/>
&#x03BA;&#x03C1;&#x03AC;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; &#x1F10;&#x03C3;&#x03C4;&#x1F76;&#x03BD; &#x1F10;&#x03C0;&#x03B9;&#x03BA;&#x03B5;&#x03AF;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; &#x1F00;&#x03BD;&#x1F74;&#x03C1; &#x039A;&#x03BB;&#x03B5;&#x03BF;&#x03AF;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C5;, &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03BF;&#x1F31; &#x03C4;&#x03BF;&#x1F7A;&#x03C2; &#x1F44;&#x03BD;&#x03C5;&#x03C7;&#x03B1;&#x03C2;<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0120] Offenbar ist der in dieser Inschrift genannte Aristokles der- selbe, der auch die Grabsäule des sogenannten marathonischen Kriegers gemacht hat, welche bei Belanideza in der Nähe des alten Brauron gefunden wurde. Die Inschrift unter dem Relief lautet 1): [Abbildung] und auf der Basis: [Abbildung] Die erste dieser Inschriften setzt Böckh zwischen Ol. 75 und 85; und zwar wenn das Θ richtig ist und nicht vielmehr im Original ⨂ steht, näher an Ol. 85, als an 75. In der Schatz- rechnung des Parthenon kommt aber unter dem dritten Jahre der 95ten Ol. ein Aristokles vor, der die Basis des Tempelbil- des restaurirt 2): [Abbildung] Wir haben sonach einen Aristokles ungefähr in der 80sten und einen andern in der 95sten Olympiade, etwa Grossvater und Enkel: zwischen beide in die Mitte tritt Kleoetas als Sohn des einen und Vater des andern. Er war also Zeitgenosse des Phidias, und nicht unmöglich ist, was Böckh vermuthet, dass er diesen nach Olympia begleitete. Denn von seiner dortigen Thätigkeit legten die Schranken des Hippodrom Zeugniss ab, die er auf eine besonders kunstreiche Weise construirte 3). Die nähere Beschreibung können wir hier übergehen, da die ganze Einrichtung mehr der Architektur, als der Sculptur und Plastik angehört. Zum Beweise, dass Kleoetas sich auf diese Schranken etwas eingebildet habe, führt Pausanias die Inschrift einer Statue an, die er in Athen gemacht hatte. Es ist kein Grund zu zweifeln, dass es dieselbe sei, an der Pausanias 4) eine technische Besonderheit hervorhebt, aus der man nach den verschiedenen Zwecken Verschiedenes hat folgern wollen. Die Worte lauten: ὅστις δὲ τὰ σὺν τέχνῃ πεποιημένα ἐπίπροσϑε τίϑεται τῶν ἐς ἀρχαιότητα ἡκόντων, καὶ τάδε ἐστίν οἱ ϑεάσασϑαι. κράνος ἐστὶν ἐπικείμενος ἀνὴρ Κλεοίτου, καὶ οἱ τοὺς ὄνυχας 1) Stephani a. a. O. Rangabé ant. hell. n. 21. Bull. dell’ Inst. 1839. p. 75. Kunstbl. 1839 n. 46 u. 92. Schöll Mittheil. S. 46. Ἐφημ. ἀρχαιολ. 1838 Augustheft. 2) C. I. n. 150. p. 233. l. 13. 3) Paus. VI, 20, 7. 4) I, 24, 3.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/120
Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/120>, abgerufen am 04.05.2024.