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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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der Name, und zwar von der Rechten zur Linken laufend,
beigeschrieben war; Idomeneus, auf dessen Schilde neben dem
Hahn, welchen Pausanias auf die Abstammung des Helden von
Helios bezieht, auch der Name des Künstlers eingegraben war;
und Odysseus, dessen Statue Nero nach Rom geschleppt hatte.
Die übrigen sechs müssen nach Homer gewesen sein: Diome-
des, die beiden Aias, Meriones, Eurypylos, Thoas. In der
Weihinschrift nannten sich die Achaeer Nachkommen des Pe-
lops und Tantalos, gaben aber die Veranlassung der Weihung
nicht näher an. Eine Vermuthung, welche Rathgeber (S. 417)
darüber aufstellt und auch auf den Hermes der Pheneaten an-
wenden will, beruht auf zu schwachen Grundlagen, als dass
sie ernstere Berücksichtigung verdiente.

6) Das Weihgeschenk, welches die Tarentiner für ihre
Siege über die barbarischen Peucetier in Delphi aufstellten:
Paus. X, 13, 5. Es waren Bilder von Kämpfern zu Fuss und
zu Ross, darunter der König der Jagypier, Opis, als Bundes-
genosse der Peucetier. Er war, als im Kampfe gefallen, lie-
gend gebildet; auf ihm standen der Heros Taras und Phalan-
thos aus Lakedaemon, nicht weit von Phalanthos aber ein Del-
phin mit Rücksicht auf seine wunderbare Rettung durch den-
selben. Ausser Onatas war an diesem Werke Kalynthos
thätig, ein Künstler, der sonst unbekannt ist. Da nun noch
dazu die Worte des Pausanias verderbt sind (Kalunthou te
estikosi ergou), so vermuthet Kayser (Rhein. Mus. N. F.
V, S. 349), dieser Kalynthos und der schon früher er-
wähnte Mitarbeiter des Onatas, Kalliteles, seien eine und die-
selbe Person. Wollen wir aber einmal den Namen verdächti-
gen, so liesse sich allenfalls auch auf Kalamis rathen in Hin-
blick auf das folgende Werk des Onatas:

7) Das Denkmal für die olympischen Siege des Hieron.
Es war ein Viergespann nebst Lenker; daneben aber stand
von der Hand des Kalamis auf jeder Seite ein Rennpferd von
einem Knaben geritten. Diese letzteren Bildwerke bezogen sich
auf die zwei Siege, welche Hieron im einfachen Pferderennen
davongetragen hatte.

8) Endlich hat man dem Onatas auch ein Gemälde beile-
gen wollen, den Zug der Sieben gegen Theben darstellend.
Es befand sich neben den Freiern der Penelope von Polygnot
im Tempel der Athene Areia zu Plataeae, für welchen Phidias

der Name, und zwar von der Rechten zur Linken laufend,
beigeschrieben war; Idomeneus, auf dessen Schilde neben dem
Hahn, welchen Pausanias auf die Abstammung des Helden von
Helios bezieht, auch der Name des Künstlers eingegraben war;
und Odysseus, dessen Statue Nero nach Rom geschleppt hatte.
Die übrigen sechs müssen nach Homer gewesen sein: Diome-
des, die beiden Aias, Meriones, Eurypylos, Thoas. In der
Weihinschrift nannten sich die Achaeer Nachkommen des Pe-
lops und Tantalos, gaben aber die Veranlassung der Weihung
nicht näher an. Eine Vermuthung, welche Rathgeber (S. 417)
darüber aufstellt und auch auf den Hermes der Pheneaten an-
wenden will, beruht auf zu schwachen Grundlagen, als dass
sie ernstere Berücksichtigung verdiente.

6) Das Weihgeschenk, welches die Tarentiner für ihre
Siege über die barbarischen Peucetier in Delphi aufstellten:
Paus. X, 13, 5. Es waren Bilder von Kämpfern zu Fuss und
zu Ross, darunter der König der Jagypier, Opis, als Bundes-
genosse der Peucetier. Er war, als im Kampfe gefallen, lie-
gend gebildet; auf ihm standen der Heros Taras und Phalan-
thos aus Lakedaemon, nicht weit von Phalanthos aber ein Del-
phin mit Rücksicht auf seine wunderbare Rettung durch den-
selben. Ausser Onatas war an diesem Werke Kalynthos
thätig, ein Künstler, der sonst unbekannt ist. Da nun noch
dazu die Worte des Pausanias verderbt sind (Καλύνϑου τε
εστικωσι εργου), so vermuthet Kayser (Rhein. Mus. N. F.
V, S. 349), dieser Kalynthos und der schon früher er-
wähnte Mitarbeiter des Onatas, Kalliteles, seien eine und die-
selbe Person. Wollen wir aber einmal den Namen verdächti-
gen, so liesse sich allenfalls auch auf Kalamis rathen in Hin-
blick auf das folgende Werk des Onatas:

7) Das Denkmal für die olympischen Siege des Hieron.
Es war ein Viergespann nebst Lenker; daneben aber stand
von der Hand des Kalamis auf jeder Seite ein Rennpferd von
einem Knaben geritten. Diese letzteren Bildwerke bezogen sich
auf die zwei Siege, welche Hieron im einfachen Pferderennen
davongetragen hatte.

8) Endlich hat man dem Onatas auch ein Gemälde beile-
gen wollen, den Zug der Sieben gegen Theben darstellend.
Es befand sich neben den Freiern der Penelope von Polygnot
im Tempel der Athene Areia zu Plataeae, für welchen Phidias

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[93/0106] der Name, und zwar von der Rechten zur Linken laufend, beigeschrieben war; Idomeneus, auf dessen Schilde neben dem Hahn, welchen Pausanias auf die Abstammung des Helden von Helios bezieht, auch der Name des Künstlers eingegraben war; und Odysseus, dessen Statue Nero nach Rom geschleppt hatte. Die übrigen sechs müssen nach Homer gewesen sein: Diome- des, die beiden Aias, Meriones, Eurypylos, Thoas. In der Weihinschrift nannten sich die Achaeer Nachkommen des Pe- lops und Tantalos, gaben aber die Veranlassung der Weihung nicht näher an. Eine Vermuthung, welche Rathgeber (S. 417) darüber aufstellt und auch auf den Hermes der Pheneaten an- wenden will, beruht auf zu schwachen Grundlagen, als dass sie ernstere Berücksichtigung verdiente. 6) Das Weihgeschenk, welches die Tarentiner für ihre Siege über die barbarischen Peucetier in Delphi aufstellten: Paus. X, 13, 5. Es waren Bilder von Kämpfern zu Fuss und zu Ross, darunter der König der Jagypier, Opis, als Bundes- genosse der Peucetier. Er war, als im Kampfe gefallen, lie- gend gebildet; auf ihm standen der Heros Taras und Phalan- thos aus Lakedaemon, nicht weit von Phalanthos aber ein Del- phin mit Rücksicht auf seine wunderbare Rettung durch den- selben. Ausser Onatas war an diesem Werke Kalynthos thätig, ein Künstler, der sonst unbekannt ist. Da nun noch dazu die Worte des Pausanias verderbt sind (Καλύνϑου τε εστικωσι εργου), so vermuthet Kayser (Rhein. Mus. N. F. V, S. 349), dieser Kalynthos und der schon früher er- wähnte Mitarbeiter des Onatas, Kalliteles, seien eine und die- selbe Person. Wollen wir aber einmal den Namen verdächti- gen, so liesse sich allenfalls auch auf Kalamis rathen in Hin- blick auf das folgende Werk des Onatas: 7) Das Denkmal für die olympischen Siege des Hieron. Es war ein Viergespann nebst Lenker; daneben aber stand von der Hand des Kalamis auf jeder Seite ein Rennpferd von einem Knaben geritten. Diese letzteren Bildwerke bezogen sich auf die zwei Siege, welche Hieron im einfachen Pferderennen davongetragen hatte. 8) Endlich hat man dem Onatas auch ein Gemälde beile- gen wollen, den Zug der Sieben gegen Theben darstellend. Es befand sich neben den Freiern der Penelope von Polygnot im Tempel der Athene Areia zu Plataeae, für welchen Phidias

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/106>, abgerufen am 24.11.2024.