Diese plötzliche Kriegserklärung war mit Befeh-Kriegsrü- stungen. len an alle Bassas, Truppen zu werben, begleitet, und der Sultan begab sich mit seinem ganzen Hofe nach Adrianopel. Der König Augustus und die Re- publik Pohlen hatten sich indessen auf eine feyerliche Gesandtschaft an den Sultan gefaßt gemacht, die jetzt unter Weges war, und an deren Spitze sich der Woi- wode von Masovien befand, welcher ein prächtiges Gefolge von 300 Personen hatte. Allein der Sul- tan, der nur den Stanislaus für den König von Poh- len erkannte, verhinderte die Ankunft dieser Gesandt- schaft, indem er sich derselben unter Weges bemächtig- te, und sie in Gefängnisse setzen ließ. Der König Augustus besaß indessen Geschicklichkeit genug, den Tartar-Chan auf seine Seite zu bringen, und Ali Cumurgi, des Großherrn Liebling, der von dem Czar war gewonnen worden, fand Mittel, seinen Herrn zu überreden, daß der Aga, der nach PohlenEndlicher Friede. war geschickt worden, einen falschen Bericht in Anse- hung der Russischen Truppen daselbst gemacht habe. Der Vezier Solyman und der Mufti, welche wieder Günstlinge des Lieblings waren, hatten zwar beyde zum Kriege gerathen; als sie aber jetzt sahen, daß Ali Cumurgi kein Vergnügen mehr daran fand, so be- wegten sie ihren unbeständigen Herrn, daß er, aller die- ser großen Zubereitungen ungeachtet, einem Verglei- che Gehör gab, woran denn auch gearbeitet wurde. Die Unterhandlungen wurden also angefangen, da der Kanzler Schaffirow und der Graf Tscheremetof hin- längliche Vollmachten hatten, und im Nahmen des Czars versprachen, daß seine Truppen Pohlen wirk- lich räumen sollten. Der Großherr machte sich da-
gegen
Dieſe ploͤtzliche Kriegserklaͤrung war mit Befeh-Kriegsruͤ- ſtungen. len an alle Baſſas, Truppen zu werben, begleitet, und der Sultan begab ſich mit ſeinem ganzen Hofe nach Adrianopel. Der Koͤnig Auguſtus und die Re- publik Pohlen hatten ſich indeſſen auf eine feyerliche Geſandtſchaft an den Sultan gefaßt gemacht, die jetzt unter Weges war, und an deren Spitze ſich der Woi- wode von Maſovien befand, welcher ein praͤchtiges Gefolge von 300 Perſonen hatte. Allein der Sul- tan, der nur den Stanislaus fuͤr den Koͤnig von Poh- len erkannte, verhinderte die Ankunft dieſer Geſandt- ſchaft, indem er ſich derſelben unter Weges bemaͤchtig- te, und ſie in Gefaͤngniſſe ſetzen ließ. Der Koͤnig Auguſtus beſaß indeſſen Geſchicklichkeit genug, den Tartar-Chan auf ſeine Seite zu bringen, und Ali Cumurgi, des Großherrn Liebling, der von dem Czar war gewonnen worden, fand Mittel, ſeinen Herrn zu uͤberreden, daß der Aga, der nach PohlenEndlicher Friede. war geſchickt worden, einen falſchen Bericht in Anſe- hung der Ruſſiſchen Truppen daſelbſt gemacht habe. Der Vezier Solyman und der Mufti, welche wieder Guͤnſtlinge des Lieblings waren, hatten zwar beyde zum Kriege gerathen; als ſie aber jetzt ſahen, daß Ali Cumurgi kein Vergnuͤgen mehr daran fand, ſo be- wegten ſie ihren unbeſtaͤndigen Herrn, daß er, aller die- ſer großen Zubereitungen ungeachtet, einem Verglei- che Gehoͤr gab, woran denn auch gearbeitet wurde. Die Unterhandlungen wurden alſo angefangen, da der Kanzler Schaffirow und der Graf Tſcheremetof hin- laͤngliche Vollmachten hatten, und im Nahmen des Czars verſprachen, daß ſeine Truppen Pohlen wirk- lich raͤumen ſollten. Der Großherr machte ſich da-
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Dieſe ploͤtzliche Kriegserklaͤrung war mit Befeh-
len an alle Baſſas, Truppen zu werben, begleitet,
und der Sultan begab ſich mit ſeinem ganzen Hofe
nach Adrianopel. Der Koͤnig Auguſtus und die Re-
publik Pohlen hatten ſich indeſſen auf eine feyerliche
Geſandtſchaft an den Sultan gefaßt gemacht, die jetzt
unter Weges war, und an deren Spitze ſich der Woi-
wode von Maſovien befand, welcher ein praͤchtiges
Gefolge von 300 Perſonen hatte. Allein der Sul-
tan, der nur den Stanislaus fuͤr den Koͤnig von Poh-
len erkannte, verhinderte die Ankunft dieſer Geſandt-
ſchaft, indem er ſich derſelben unter Weges bemaͤchtig-
te, und ſie in Gefaͤngniſſe ſetzen ließ. Der Koͤnig
Auguſtus beſaß indeſſen Geſchicklichkeit genug, den
Tartar-Chan auf ſeine Seite zu bringen, und Ali
Cumurgi, des Großherrn Liebling, der von dem
Czar war gewonnen worden, fand Mittel, ſeinen
Herrn zu uͤberreden, daß der Aga, der nach Pohlen
war geſchickt worden, einen falſchen Bericht in Anſe-
hung der Ruſſiſchen Truppen daſelbſt gemacht habe.
Der Vezier Solyman und der Mufti, welche wieder
Guͤnſtlinge des Lieblings waren, hatten zwar beyde
zum Kriege gerathen; als ſie aber jetzt ſahen, daß
Ali Cumurgi kein Vergnuͤgen mehr daran fand, ſo be-
wegten ſie ihren unbeſtaͤndigen Herrn, daß er, aller die-
ſer großen Zubereitungen ungeachtet, einem Verglei-
che Gehoͤr gab, woran denn auch gearbeitet wurde.
Die Unterhandlungen wurden alſo angefangen, da
der Kanzler Schaffirow und der Graf Tſcheremetof hin-
laͤngliche Vollmachten hatten, und im Nahmen des
Czars verſprachen, daß ſeine Truppen Pohlen wirk-
lich raͤumen ſollten. Der Großherr machte ſich da-
gegen
Kriegsruͤ-
ſtungen.
Endlicher
Friede.
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/87>, abgerufen am 24.11.2024.
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