ein hübsches Frauenzimmer von achtzehn Jahren, hei- rathen wollte. Da sie wußten, daß das Schiff mit dem ersten guten Winde absegeln würde, so schlugen sie mir vor, das Schiff abfahren zu lassen, und ver- sicherten mich, daß es mir nicht an einer andern Ge- legenheit fehlen könnte, wenn auch dieser Vorschlag meinen Beyfall nicht finden sollte. Allein da ich kei- ne Lust hatte, mich an einem so abgelegenen Orte le- bendig zu begraben, so entschuldigte ich mich, so gut ich konnte.
Abreise nach Helsingör.
Den 21sten Julii des Nachmittags giengen alle Schiffe mit gutem Winde aus dem Hafen. Da un- ser Both zurück gelassen worden, mich auf das Schiff zu bringen, so begleitete mich der Gouverneur und seine ganze Gesellschaft bis an die Festung, wo ich Ab- schied von ihnen nahm, und mich auf das Schiff be- gab, wo ich einen guten Vorrath von frischen Lebens- mitteln fand, den der Gouverneur und Mademoiselle Fischer dahin hatten bringen lassen. Da ich keine Kanonen auf dem Schiffe hatte, so begrüßte ich sie mit sieben Musketen, welches mit fünf Kanonen von der Festung beantwortet wurde. Als wir bey Born- holm vorbey fuhren, redete ein Däne auf uns, und fragte uns, ob wir etwas von einer Russischen Flotte wüßten, oder etwas davon auf der See gehört hätten. Aus diesen wiederholten Fragen war offenbar, daß sie einen Einfall wegen Holstein besorgten, indem der Kaiser die Zurückgabe dieses Herzogthums an seinen rechtmäßigen Herrn in nachdrücklichen Ausdrücken verlangt hatte. Wir fuhren den 22sten bey der Jn- sel Muin vorbey, ankerten den folgenden vor Copen- hagen, und kamen den 24sten nach Helsingör. Hier
gieng
ein huͤbſches Frauenzimmer von achtzehn Jahren, hei- rathen wollte. Da ſie wußten, daß das Schiff mit dem erſten guten Winde abſegeln wuͤrde, ſo ſchlugen ſie mir vor, das Schiff abfahren zu laſſen, und ver- ſicherten mich, daß es mir nicht an einer andern Ge- legenheit fehlen koͤnnte, wenn auch dieſer Vorſchlag meinen Beyfall nicht finden ſollte. Allein da ich kei- ne Luſt hatte, mich an einem ſo abgelegenen Orte le- bendig zu begraben, ſo entſchuldigte ich mich, ſo gut ich konnte.
Abreiſe nach Helſingoͤr.
Den 21ſten Julii des Nachmittags giengen alle Schiffe mit gutem Winde aus dem Hafen. Da un- ſer Both zuruͤck gelaſſen worden, mich auf das Schiff zu bringen, ſo begleitete mich der Gouverneur und ſeine ganze Geſellſchaft bis an die Feſtung, wo ich Ab- ſchied von ihnen nahm, und mich auf das Schiff be- gab, wo ich einen guten Vorrath von friſchen Lebens- mitteln fand, den der Gouverneur und Mademoiſelle Fiſcher dahin hatten bringen laſſen. Da ich keine Kanonen auf dem Schiffe hatte, ſo begruͤßte ich ſie mit ſieben Musketen, welches mit fuͤnf Kanonen von der Feſtung beantwortet wurde. Als wir bey Born- holm vorbey fuhren, redete ein Daͤne auf uns, und fragte uns, ob wir etwas von einer Ruſſiſchen Flotte wuͤßten, oder etwas davon auf der See gehoͤrt haͤtten. Aus dieſen wiederholten Fragen war offenbar, daß ſie einen Einfall wegen Holſtein beſorgten, indem der Kaiſer die Zuruͤckgabe dieſes Herzogthums an ſeinen rechtmaͤßigen Herrn in nachdruͤcklichen Ausdruͤcken verlangt hatte. Wir fuhren den 22ſten bey der Jn- ſel Muin vorbey, ankerten den folgenden vor Copen- hagen, und kamen den 24ſten nach Helſingoͤr. Hier
gieng
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0446"n="436"/>
ein huͤbſches Frauenzimmer von achtzehn Jahren, hei-<lb/>
rathen wollte. Da ſie wußten, daß das Schiff mit<lb/>
dem erſten guten Winde abſegeln wuͤrde, ſo ſchlugen<lb/>ſie mir vor, das Schiff abfahren zu laſſen, und ver-<lb/>ſicherten mich, daß es mir nicht an einer andern Ge-<lb/>
legenheit fehlen koͤnnte, wenn auch dieſer Vorſchlag<lb/>
meinen Beyfall nicht finden ſollte. Allein da ich kei-<lb/>
ne Luſt hatte, mich an einem ſo abgelegenen Orte le-<lb/>
bendig zu begraben, ſo entſchuldigte ich mich, ſo gut<lb/>
ich konnte.</p><lb/><noteplace="left">Abreiſe nach<lb/>
Helſingoͤr.</note><p>Den 21ſten Julii des Nachmittags giengen alle<lb/>
Schiffe mit gutem Winde aus dem Hafen. Da un-<lb/>ſer Both zuruͤck gelaſſen worden, mich auf das Schiff<lb/>
zu bringen, ſo begleitete mich der Gouverneur und<lb/>ſeine ganze Geſellſchaft bis an die Feſtung, wo ich Ab-<lb/>ſchied von ihnen nahm, und mich auf das Schiff be-<lb/>
gab, wo ich einen guten Vorrath von friſchen Lebens-<lb/>
mitteln fand, den der Gouverneur und Mademoiſelle<lb/>
Fiſcher dahin hatten bringen laſſen. Da ich keine<lb/>
Kanonen auf dem Schiffe hatte, ſo begruͤßte ich ſie<lb/>
mit ſieben Musketen, welches mit fuͤnf Kanonen von<lb/>
der Feſtung beantwortet wurde. Als wir bey Born-<lb/>
holm vorbey fuhren, redete ein Daͤne auf uns, und<lb/>
fragte uns, ob wir etwas von einer Ruſſiſchen Flotte<lb/>
wuͤßten, oder etwas davon auf der See gehoͤrt haͤtten.<lb/>
Aus dieſen wiederholten Fragen war offenbar, daß<lb/>ſie einen Einfall wegen Holſtein beſorgten, indem der<lb/>
Kaiſer die Zuruͤckgabe dieſes Herzogthums an ſeinen<lb/>
rechtmaͤßigen Herrn in nachdruͤcklichen Ausdruͤcken<lb/>
verlangt hatte. Wir fuhren den 22ſten bey der Jn-<lb/>ſel Muin vorbey, ankerten den folgenden vor Copen-<lb/>
hagen, und kamen den 24ſten nach Helſingoͤr. Hier<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gieng</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[436/0446]
ein huͤbſches Frauenzimmer von achtzehn Jahren, hei-
rathen wollte. Da ſie wußten, daß das Schiff mit
dem erſten guten Winde abſegeln wuͤrde, ſo ſchlugen
ſie mir vor, das Schiff abfahren zu laſſen, und ver-
ſicherten mich, daß es mir nicht an einer andern Ge-
legenheit fehlen koͤnnte, wenn auch dieſer Vorſchlag
meinen Beyfall nicht finden ſollte. Allein da ich kei-
ne Luſt hatte, mich an einem ſo abgelegenen Orte le-
bendig zu begraben, ſo entſchuldigte ich mich, ſo gut
ich konnte.
Den 21ſten Julii des Nachmittags giengen alle
Schiffe mit gutem Winde aus dem Hafen. Da un-
ſer Both zuruͤck gelaſſen worden, mich auf das Schiff
zu bringen, ſo begleitete mich der Gouverneur und
ſeine ganze Geſellſchaft bis an die Feſtung, wo ich Ab-
ſchied von ihnen nahm, und mich auf das Schiff be-
gab, wo ich einen guten Vorrath von friſchen Lebens-
mitteln fand, den der Gouverneur und Mademoiſelle
Fiſcher dahin hatten bringen laſſen. Da ich keine
Kanonen auf dem Schiffe hatte, ſo begruͤßte ich ſie
mit ſieben Musketen, welches mit fuͤnf Kanonen von
der Feſtung beantwortet wurde. Als wir bey Born-
holm vorbey fuhren, redete ein Daͤne auf uns, und
fragte uns, ob wir etwas von einer Ruſſiſchen Flotte
wuͤßten, oder etwas davon auf der See gehoͤrt haͤtten.
Aus dieſen wiederholten Fragen war offenbar, daß
ſie einen Einfall wegen Holſtein beſorgten, indem der
Kaiſer die Zuruͤckgabe dieſes Herzogthums an ſeinen
rechtmaͤßigen Herrn in nachdruͤcklichen Ausdruͤcken
verlangt hatte. Wir fuhren den 22ſten bey der Jn-
ſel Muin vorbey, ankerten den folgenden vor Copen-
hagen, und kamen den 24ſten nach Helſingoͤr. Hier
gieng
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/446>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.