Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Pohlen, weil er glaubte, daß diese Kosaken der Pohl-
nischen Krone nicht allein wider die Einfälle der be-
nachbarten Crimmischen Tartarn nützlich seyn, son-
dern auch die Pohlnische Armee, die meistens aus
Reiterey bestand, verstärken, und fürchterlicher ma-
chen könnten, wenn sie durch eine so beträchtliche An-
zahl von Fußvolke verstärket würde, sich entschloß, diese
herumschweifenden Soldaten in Zucht und Ordnung
zu bringen, welches er auch dadurch bewerkstelligte,
daß er ihnen viele Freyheiten ertheilte, und ihnen einen
General aus ihrer Mitte gab, welchen sie Hetmann
nennen, und der die Gewalt hat, seine Officiers zu
ernennen. Nachdem er also ein Corps aus ihnen ge-
macht hatte, gab er ihnen die Stadt Techimerof am
Dniester mit allem dazu gehörigen Lande ein, die sie zu
ihrem Hauptsitze und zur Residenz ihres Hetmanns
machten. Dadurch wurde also der große wüste Strich
Landes, der sich am Dniester von Bar, Braclaw und
Kiow bis an das schwarze Meer erstreckt, ein be-
völkertes, mit kleinen und großen Städten angefüll-
tes Land, welches jetzt die Ukraine *) genannt wird.
So wie nun dieses Corps der Pohlnischen Krone, in-
dem es ihre Gränzen auf dieser Seite wider die Strei-
fereyen der Crimmischen Tartarn deckte, große Dien-
ste that, so ward es auch einige Zeit hernach sehr ge-
fährlich für sie, indem es verschiedene Mahle die Waf-
fen wider die Republik ergriff, wozu verschiedene gros-
se Pohlen Anlaß gaben, deren Bauern (ihre Vasal-
len) niemals gezwungen werden konnten, so lange die
Kosaken ihre Freyheiten genossen, weil täglich so viele

Bauern
*) Ukraine bedeutet in der Pohlnischen Sprache
Gränze.
Z 5

Pohlen, weil er glaubte, daß dieſe Koſaken der Pohl-
niſchen Krone nicht allein wider die Einfaͤlle der be-
nachbarten Crimmiſchen Tartarn nuͤtzlich ſeyn, ſon-
dern auch die Pohlniſche Armee, die meiſtens aus
Reiterey beſtand, verſtaͤrken, und fuͤrchterlicher ma-
chen koͤnnten, wenn ſie durch eine ſo betraͤchtliche An-
zahl von Fußvolke verſtaͤrket wuͤrde, ſich entſchloß, dieſe
herumſchweifenden Soldaten in Zucht und Ordnung
zu bringen, welches er auch dadurch bewerkſtelligte,
daß er ihnen viele Freyheiten ertheilte, und ihnen einen
General aus ihrer Mitte gab, welchen ſie Hetmann
nennen, und der die Gewalt hat, ſeine Officiers zu
ernennen. Nachdem er alſo ein Corps aus ihnen ge-
macht hatte, gab er ihnen die Stadt Techimerof am
Dnieſter mit allem dazu gehoͤrigen Lande ein, die ſie zu
ihrem Hauptſitze und zur Reſidenz ihres Hetmanns
machten. Dadurch wurde alſo der große wuͤſte Strich
Landes, der ſich am Dnieſter von Bar, Braclaw und
Kiow bis an das ſchwarze Meer erſtreckt, ein be-
voͤlkertes, mit kleinen und großen Staͤdten angefuͤll-
tes Land, welches jetzt die Ukraine *) genannt wird.
So wie nun dieſes Corps der Pohlniſchen Krone, in-
dem es ihre Graͤnzen auf dieſer Seite wider die Strei-
fereyen der Crimmiſchen Tartarn deckte, große Dien-
ſte that, ſo ward es auch einige Zeit hernach ſehr ge-
faͤhrlich fuͤr ſie, indem es verſchiedene Mahle die Waf-
fen wider die Republik ergriff, wozu verſchiedene groſ-
ſe Pohlen Anlaß gaben, deren Bauern (ihre Vaſal-
len) niemals gezwungen werden konnten, ſo lange die
Koſaken ihre Freyheiten genoſſen, weil taͤglich ſo viele

Bauern
*) Ukraine bedeutet in der Pohlniſchen Sprache
Graͤnze.
Z 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0371" n="361"/>
Pohlen, weil er glaubte, daß die&#x017F;e Ko&#x017F;aken der Pohl-<lb/>
ni&#x017F;chen Krone nicht allein wider die Einfa&#x0364;lle der be-<lb/>
nachbarten Crimmi&#x017F;chen Tartarn nu&#x0364;tzlich &#x017F;eyn, &#x017F;on-<lb/>
dern auch die Pohlni&#x017F;che Armee, die mei&#x017F;tens aus<lb/>
Reiterey be&#x017F;tand, ver&#x017F;ta&#x0364;rken, und fu&#x0364;rchterlicher ma-<lb/>
chen ko&#x0364;nnten, wenn &#x017F;ie durch eine &#x017F;o betra&#x0364;chtliche An-<lb/>
zahl von Fußvolke ver&#x017F;ta&#x0364;rket wu&#x0364;rde, &#x017F;ich ent&#x017F;chloß, die&#x017F;e<lb/>
herum&#x017F;chweifenden Soldaten in Zucht und Ordnung<lb/>
zu bringen, welches er auch dadurch bewerk&#x017F;telligte,<lb/>
daß er ihnen viele Freyheiten ertheilte, und ihnen einen<lb/>
General aus ihrer Mitte gab, welchen &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Hetmann</hi><lb/>
nennen, und der die Gewalt hat, &#x017F;eine Officiers zu<lb/>
ernennen. Nachdem er al&#x017F;o ein Corps aus ihnen ge-<lb/>
macht hatte, gab er ihnen die Stadt Techimerof am<lb/>
Dnie&#x017F;ter mit allem dazu geho&#x0364;rigen Lande ein, die &#x017F;ie zu<lb/>
ihrem Haupt&#x017F;itze und zur Re&#x017F;idenz ihres Hetmanns<lb/>
machten. Dadurch wurde al&#x017F;o der große wu&#x0364;&#x017F;te Strich<lb/>
Landes, der &#x017F;ich am Dnie&#x017F;ter von Bar, Braclaw und<lb/>
Kiow bis an das &#x017F;chwarze Meer er&#x017F;treckt, ein be-<lb/>
vo&#x0364;lkertes, mit kleinen und großen Sta&#x0364;dten angefu&#x0364;ll-<lb/>
tes Land, welches jetzt die <hi rendition="#fr">Ukraine</hi> <note place="foot" n="*)">Ukraine bedeutet in der Pohlni&#x017F;chen Sprache<lb/>
Gra&#x0364;nze.</note> genannt wird.<lb/>
So wie nun die&#x017F;es Corps der Pohlni&#x017F;chen Krone, in-<lb/>
dem es ihre Gra&#x0364;nzen auf die&#x017F;er Seite wider die Strei-<lb/>
fereyen der Crimmi&#x017F;chen Tartarn deckte, große Dien-<lb/>
&#x017F;te that, &#x017F;o ward es auch einige Zeit hernach &#x017F;ehr ge-<lb/>
fa&#x0364;hrlich fu&#x0364;r &#x017F;ie, indem es ver&#x017F;chiedene Mahle die Waf-<lb/>
fen wider die Republik ergriff, wozu ver&#x017F;chiedene gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e Pohlen Anlaß gaben, deren Bauern (ihre Va&#x017F;al-<lb/>
len) niemals gezwungen werden konnten, &#x017F;o lange die<lb/>
Ko&#x017F;aken ihre Freyheiten geno&#x017F;&#x017F;en, weil ta&#x0364;glich &#x017F;o viele<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Bauern</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0371] Pohlen, weil er glaubte, daß dieſe Koſaken der Pohl- niſchen Krone nicht allein wider die Einfaͤlle der be- nachbarten Crimmiſchen Tartarn nuͤtzlich ſeyn, ſon- dern auch die Pohlniſche Armee, die meiſtens aus Reiterey beſtand, verſtaͤrken, und fuͤrchterlicher ma- chen koͤnnten, wenn ſie durch eine ſo betraͤchtliche An- zahl von Fußvolke verſtaͤrket wuͤrde, ſich entſchloß, dieſe herumſchweifenden Soldaten in Zucht und Ordnung zu bringen, welches er auch dadurch bewerkſtelligte, daß er ihnen viele Freyheiten ertheilte, und ihnen einen General aus ihrer Mitte gab, welchen ſie Hetmann nennen, und der die Gewalt hat, ſeine Officiers zu ernennen. Nachdem er alſo ein Corps aus ihnen ge- macht hatte, gab er ihnen die Stadt Techimerof am Dnieſter mit allem dazu gehoͤrigen Lande ein, die ſie zu ihrem Hauptſitze und zur Reſidenz ihres Hetmanns machten. Dadurch wurde alſo der große wuͤſte Strich Landes, der ſich am Dnieſter von Bar, Braclaw und Kiow bis an das ſchwarze Meer erſtreckt, ein be- voͤlkertes, mit kleinen und großen Staͤdten angefuͤll- tes Land, welches jetzt die Ukraine *) genannt wird. So wie nun dieſes Corps der Pohlniſchen Krone, in- dem es ihre Graͤnzen auf dieſer Seite wider die Strei- fereyen der Crimmiſchen Tartarn deckte, große Dien- ſte that, ſo ward es auch einige Zeit hernach ſehr ge- faͤhrlich fuͤr ſie, indem es verſchiedene Mahle die Waf- fen wider die Republik ergriff, wozu verſchiedene groſ- ſe Pohlen Anlaß gaben, deren Bauern (ihre Vaſal- len) niemals gezwungen werden konnten, ſo lange die Koſaken ihre Freyheiten genoſſen, weil taͤglich ſo viele Bauern *) Ukraine bedeutet in der Pohlniſchen Sprache Graͤnze. Z 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/371
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/371>, abgerufen am 25.11.2024.