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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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Bauern zu ihnen übergiengen, daher sie die Kosaken
dem Könige als gefährlich vorstellten. Es ward also
beschlossen, an einem Orte, der Kudak heißt, auf ei-
ner Spitze Land, die der Fluß Swamer macht, wo er
in den Dnieper fällt, eine Festung anzulegen, weil
dieser Ort seiner Lage nach bequem war, die Kosaken
im Zaum zu halten, indem er nicht weit von dem
Orte lag, wo sie sich gemeiniglich versammelten. Die
Kosaken, die die Absicht der Pohlen merkten, waren
nicht Willens, sich den Zaum über den Kopf werfen
zu lassen, und nachdem sie 200 Mann, die unter
dem Commando eines Obersten, bis die Festung fer-
tig seyn würde, zürück gelassen worden, geschlagen
hatten, brachten sie ein beträchtliches Corps Truppen
zusammen, den Pohlnischen General an seinem Vor-
haben zu hindern, und von dieser Zeit an gab es be-
ständig Zwistigkeiten und Kriege zwischen den Pohlen
und Kosaken. Während dieser Unruhen begaben
sich viele Kosaken mit ihren Familien an den Fluß
Don oder Tanais, und ließen sich zwischen dem Don
und der Wolga nieder, wo sie lange Zeit von ihren
Räubereyen auf der Wolga lebten.

Nachdem sie im Jahre 1653 von den Pohlen
ziemlich unter das Joch waren gebracht worden, so
vereinigten sie sich das folgende Jahr mit den Russen,
und nahmen durch ihren Beystand die Städte Smo-
linsko und Wilna weg, so daß man es hauptsächlich
der Tapferkeit der Kosaken zu danken hatte, daß die
Provinzen Smolinsko und Servien nebst der Woi-
wodschaft Kiow mit dem Russischen Reiche verbunden,
und ihm in dem Oliver Frieden 1666 eingeräumet
und bestätiget wurden. Um diese Zeit begaben sich

die

Bauern zu ihnen uͤbergiengen, daher ſie die Koſaken
dem Koͤnige als gefaͤhrlich vorſtellten. Es ward alſo
beſchloſſen, an einem Orte, der Kudak heißt, auf ei-
ner Spitze Land, die der Fluß Swamer macht, wo er
in den Dnieper faͤllt, eine Feſtung anzulegen, weil
dieſer Ort ſeiner Lage nach bequem war, die Koſaken
im Zaum zu halten, indem er nicht weit von dem
Orte lag, wo ſie ſich gemeiniglich verſammelten. Die
Koſaken, die die Abſicht der Pohlen merkten, waren
nicht Willens, ſich den Zaum uͤber den Kopf werfen
zu laſſen, und nachdem ſie 200 Mann, die unter
dem Commando eines Oberſten, bis die Feſtung fer-
tig ſeyn wuͤrde, zuͤruͤck gelaſſen worden, geſchlagen
hatten, brachten ſie ein betraͤchtliches Corps Truppen
zuſammen, den Pohlniſchen General an ſeinem Vor-
haben zu hindern, und von dieſer Zeit an gab es be-
ſtaͤndig Zwiſtigkeiten und Kriege zwiſchen den Pohlen
und Koſaken. Waͤhrend dieſer Unruhen begaben
ſich viele Koſaken mit ihren Familien an den Fluß
Don oder Tanais, und ließen ſich zwiſchen dem Don
und der Wolga nieder, wo ſie lange Zeit von ihren
Raͤubereyen auf der Wolga lebten.

Nachdem ſie im Jahre 1653 von den Pohlen
ziemlich unter das Joch waren gebracht worden, ſo
vereinigten ſie ſich das folgende Jahr mit den Ruſſen,
und nahmen durch ihren Beyſtand die Staͤdte Smo-
linsko und Wilna weg, ſo daß man es hauptſaͤchlich
der Tapferkeit der Koſaken zu danken hatte, daß die
Provinzen Smolinsko und Servien nebſt der Woi-
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[362/0372] Bauern zu ihnen uͤbergiengen, daher ſie die Koſaken dem Koͤnige als gefaͤhrlich vorſtellten. Es ward alſo beſchloſſen, an einem Orte, der Kudak heißt, auf ei- ner Spitze Land, die der Fluß Swamer macht, wo er in den Dnieper faͤllt, eine Feſtung anzulegen, weil dieſer Ort ſeiner Lage nach bequem war, die Koſaken im Zaum zu halten, indem er nicht weit von dem Orte lag, wo ſie ſich gemeiniglich verſammelten. Die Koſaken, die die Abſicht der Pohlen merkten, waren nicht Willens, ſich den Zaum uͤber den Kopf werfen zu laſſen, und nachdem ſie 200 Mann, die unter dem Commando eines Oberſten, bis die Feſtung fer- tig ſeyn wuͤrde, zuͤruͤck gelaſſen worden, geſchlagen hatten, brachten ſie ein betraͤchtliches Corps Truppen zuſammen, den Pohlniſchen General an ſeinem Vor- haben zu hindern, und von dieſer Zeit an gab es be- ſtaͤndig Zwiſtigkeiten und Kriege zwiſchen den Pohlen und Koſaken. Waͤhrend dieſer Unruhen begaben ſich viele Koſaken mit ihren Familien an den Fluß Don oder Tanais, und ließen ſich zwiſchen dem Don und der Wolga nieder, wo ſie lange Zeit von ihren Raͤubereyen auf der Wolga lebten. Nachdem ſie im Jahre 1653 von den Pohlen ziemlich unter das Joch waren gebracht worden, ſo vereinigten ſie ſich das folgende Jahr mit den Ruſſen, und nahmen durch ihren Beyſtand die Staͤdte Smo- linsko und Wilna weg, ſo daß man es hauptſaͤchlich der Tapferkeit der Koſaken zu danken hatte, daß die Provinzen Smolinsko und Servien nebſt der Woi- wodſchaft Kiow mit dem Ruſſiſchen Reiche verbunden, und ihm in dem Oliver Frieden 1666 eingeraͤumet und beſtaͤtiget wurden. Um dieſe Zeit begaben ſich die

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/372>, abgerufen am 12.05.2024.