Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

sie hier gehabt hat, ohne eine Mitbuhlerinn, genießen
wird. Sie betrachten also diese Art des Todes als
einen Uebergang, durch den sie zu dem Genusse der-
jenigen Ergötzlichkeiten, woran sie nur einen kleinen
Antheil in dieser Welt hatten, gelangen werden.
Diese Gewohnheit ist nur bey den Banyanen, und
nicht in ganz Jndien üblich.

Jndien wird von drey verschiedenen Völkern be-
wohnet: das erste sind die Jndostaner, welches die
alten Eingebohrnen dieses Landes sind, eine träge und
schmutzige Nation; das zweyte die Moguln, die aus
der großen Tartarey gekommen sind, ein kriegerisches
und zu den Waffen sehr geneigtes Volk; diese sind
alle Mahometaner. Das dritte sind die Banyanen,
die ursprünglich aus China herrühren, alle Heiden
sind, und sich einzig und allein auf Manufacturen
und den Handel legen. Die Banyanen sind verstän-
diger, listiger und höflicher, als alle andere Jndia-
ner. Es giebt keine Art von Handlung in Persien
oder dem Türkischen Gebiete, die nicht größtentheils
von ihnen getrieben wird, wie es denn auch in ganz
Jndien keine Waaren giebt, womit sie nicht handeln.
Die Banyanen unterscheiden sich durch ihre KleidungBanyanen.
von den Türkischen Glaubensgenossen, denn sie tragen
kein langes Haar, scheren auch ihre Köpfe nicht, wie
denn auch die Weiber ihre Angesichter nicht, wie die
Mahometaner, bedecken. Schwarze Zähne werden
bey ihnen so hoch geschätzt, daß sie die Europäer mit
weißen Zähnen nur Bondra oder Affen nennen. Sie
tragen auch keine Beinkleider, wie die andern Jndia-
ner, sondern nur ein Stück seidnen Zeug, welches sie
um sich wickeln, und welches bis auf die dicken Beine

herunter

ſie hier gehabt hat, ohne eine Mitbuhlerinn, genießen
wird. Sie betrachten alſo dieſe Art des Todes als
einen Uebergang, durch den ſie zu dem Genuſſe der-
jenigen Ergoͤtzlichkeiten, woran ſie nur einen kleinen
Antheil in dieſer Welt hatten, gelangen werden.
Dieſe Gewohnheit iſt nur bey den Banyanen, und
nicht in ganz Jndien uͤblich.

Jndien wird von drey verſchiedenen Voͤlkern be-
wohnet: das erſte ſind die Jndoſtaner, welches die
alten Eingebohrnen dieſes Landes ſind, eine traͤge und
ſchmutzige Nation; das zweyte die Moguln, die aus
der großen Tartarey gekommen ſind, ein kriegeriſches
und zu den Waffen ſehr geneigtes Volk; dieſe ſind
alle Mahometaner. Das dritte ſind die Banyanen,
die urſpruͤnglich aus China herruͤhren, alle Heiden
ſind, und ſich einzig und allein auf Manufacturen
und den Handel legen. Die Banyanen ſind verſtaͤn-
diger, liſtiger und hoͤflicher, als alle andere Jndia-
ner. Es giebt keine Art von Handlung in Perſien
oder dem Tuͤrkiſchen Gebiete, die nicht groͤßtentheils
von ihnen getrieben wird, wie es denn auch in ganz
Jndien keine Waaren giebt, womit ſie nicht handeln.
Die Banyanen unterſcheiden ſich durch ihre KleidungBanyanen.
von den Tuͤrkiſchen Glaubensgenoſſen, denn ſie tragen
kein langes Haar, ſcheren auch ihre Koͤpfe nicht, wie
denn auch die Weiber ihre Angeſichter nicht, wie die
Mahometaner, bedecken. Schwarze Zaͤhne werden
bey ihnen ſo hoch geſchaͤtzt, daß ſie die Europaͤer mit
weißen Zaͤhnen nur Bondra oder Affen nennen. Sie
tragen auch keine Beinkleider, wie die andern Jndia-
ner, ſondern nur ein Stuͤck ſeidnen Zeug, welches ſie
um ſich wickeln, und welches bis auf die dicken Beine

herunter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0309" n="299"/>
&#x017F;ie hier gehabt hat, ohne eine Mitbuhlerinn, genießen<lb/>
wird. Sie betrachten al&#x017F;o die&#x017F;e Art des Todes als<lb/>
einen Uebergang, durch den &#x017F;ie zu dem Genu&#x017F;&#x017F;e der-<lb/>
jenigen Ergo&#x0364;tzlichkeiten, woran &#x017F;ie nur einen kleinen<lb/>
Antheil in die&#x017F;er Welt hatten, gelangen werden.<lb/>
Die&#x017F;e Gewohnheit i&#x017F;t nur bey den Banyanen, und<lb/>
nicht in ganz Jndien u&#x0364;blich.</p><lb/>
        <p>Jndien wird von drey ver&#x017F;chiedenen Vo&#x0364;lkern be-<lb/>
wohnet: das er&#x017F;te &#x017F;ind die Jndo&#x017F;taner, welches die<lb/>
alten Eingebohrnen die&#x017F;es Landes &#x017F;ind, eine tra&#x0364;ge und<lb/>
&#x017F;chmutzige Nation; das zweyte die Moguln, die aus<lb/>
der großen Tartarey gekommen &#x017F;ind, ein kriegeri&#x017F;ches<lb/>
und zu den Waffen &#x017F;ehr geneigtes Volk; die&#x017F;e &#x017F;ind<lb/>
alle Mahometaner. Das dritte &#x017F;ind die Banyanen,<lb/>
die ur&#x017F;pru&#x0364;nglich aus China herru&#x0364;hren, alle Heiden<lb/>
&#x017F;ind, und &#x017F;ich einzig und allein auf Manufacturen<lb/>
und den Handel legen. Die Banyanen &#x017F;ind ver&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
diger, li&#x017F;tiger und ho&#x0364;flicher, als alle andere Jndia-<lb/>
ner. Es giebt keine Art von Handlung in Per&#x017F;ien<lb/>
oder dem Tu&#x0364;rki&#x017F;chen Gebiete, die nicht gro&#x0364;ßtentheils<lb/>
von ihnen getrieben wird, wie es denn auch in ganz<lb/>
Jndien keine Waaren giebt, womit &#x017F;ie nicht handeln.<lb/>
Die Banyanen unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich durch ihre Kleidung<note place="right">Banyanen.</note><lb/>
von den Tu&#x0364;rki&#x017F;chen Glaubensgeno&#x017F;&#x017F;en, denn &#x017F;ie tragen<lb/>
kein langes Haar, &#x017F;cheren auch ihre Ko&#x0364;pfe nicht, wie<lb/>
denn auch die Weiber ihre Ange&#x017F;ichter nicht, wie die<lb/>
Mahometaner, bedecken. Schwarze Za&#x0364;hne werden<lb/>
bey ihnen &#x017F;o hoch ge&#x017F;cha&#x0364;tzt, daß &#x017F;ie die Europa&#x0364;er mit<lb/>
weißen Za&#x0364;hnen nur Bondra oder Affen nennen. Sie<lb/>
tragen auch keine Beinkleider, wie die andern Jndia-<lb/>
ner, &#x017F;ondern nur ein Stu&#x0364;ck &#x017F;eidnen Zeug, welches &#x017F;ie<lb/>
um &#x017F;ich wickeln, und welches bis auf die dicken Beine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">herunter</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0309] ſie hier gehabt hat, ohne eine Mitbuhlerinn, genießen wird. Sie betrachten alſo dieſe Art des Todes als einen Uebergang, durch den ſie zu dem Genuſſe der- jenigen Ergoͤtzlichkeiten, woran ſie nur einen kleinen Antheil in dieſer Welt hatten, gelangen werden. Dieſe Gewohnheit iſt nur bey den Banyanen, und nicht in ganz Jndien uͤblich. Jndien wird von drey verſchiedenen Voͤlkern be- wohnet: das erſte ſind die Jndoſtaner, welches die alten Eingebohrnen dieſes Landes ſind, eine traͤge und ſchmutzige Nation; das zweyte die Moguln, die aus der großen Tartarey gekommen ſind, ein kriegeriſches und zu den Waffen ſehr geneigtes Volk; dieſe ſind alle Mahometaner. Das dritte ſind die Banyanen, die urſpruͤnglich aus China herruͤhren, alle Heiden ſind, und ſich einzig und allein auf Manufacturen und den Handel legen. Die Banyanen ſind verſtaͤn- diger, liſtiger und hoͤflicher, als alle andere Jndia- ner. Es giebt keine Art von Handlung in Perſien oder dem Tuͤrkiſchen Gebiete, die nicht groͤßtentheils von ihnen getrieben wird, wie es denn auch in ganz Jndien keine Waaren giebt, womit ſie nicht handeln. Die Banyanen unterſcheiden ſich durch ihre Kleidung von den Tuͤrkiſchen Glaubensgenoſſen, denn ſie tragen kein langes Haar, ſcheren auch ihre Koͤpfe nicht, wie denn auch die Weiber ihre Angeſichter nicht, wie die Mahometaner, bedecken. Schwarze Zaͤhne werden bey ihnen ſo hoch geſchaͤtzt, daß ſie die Europaͤer mit weißen Zaͤhnen nur Bondra oder Affen nennen. Sie tragen auch keine Beinkleider, wie die andern Jndia- ner, ſondern nur ein Stuͤck ſeidnen Zeug, welches ſie um ſich wickeln, und welches bis auf die dicken Beine herunter Banyanen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/309
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/309>, abgerufen am 12.05.2024.