Menge Oel auf sie, welches sie sehr bald erstickte und beyde Körper in kurzem in Asche verwandelte, die sorg- fältig gesammelt und in eine Urne gethan wurde, weil sie an ihre Freunde nach Jndien geschickt werden sollte.
Diese barbarische Gewohnheit wurde anfänglich aus einem politischen Grunde eingeführet; denn da die Vielweiberey viele bittere Eifersucht unter den Weibern, den Mitbuhlerinnen an der Liebe ihrer Männer, verursachte, so pflegte es oft zu gesche- hen, daß diejenigen, die hintenangesetzt zu werden glaubten, ihre Männer umbrachten. Um ih[n]en also das Leben ihrer Männer werth zu machen, wurde ver- ordnet, daß bloß diejenigen Weiber, die entschlossen wären, ihren Männern in die andere Welt Gesell- schaft zu leisten, und sich, wenn er sterben würde, mit seinem Körper verbrennen ließen, den Ruhm haben sollten, daß sie ehrliche und tugendsame Weiber wä- ren, und daß diejenigen, die diese Probe ihrer Liebe nicht ablegen wollten, nach dem Tode ihres Mannes für unehrlich angesehen werden sollten. Qbgleich die Pflicht, sich mit ihren Ehemännern zu verbrennen, den- jenigen, die es ausschlagen, keine andere Strafe auf- legt, als daß sie deswegen für unehrlich gehalten wer- den, so war doch die Begierde nach Ehre und die Liebe zum Ruhme bey den Banyanischen Weibern so groß, daß man unzählige Beyspiele unter ihnen von solchen hat, die ihr Leben freywillig auf den Scheiterhaufen aufgeopfert haben. Was sie hierzu bewegt, ist, daß sie glauben, wenn eine Frau eine so große Liebe zu ihrem Manne hat, sich nach seinem Tode mit ihm zu verbren- nen, sie in der andern Welt siebenmal so lange mit ihm leben, und siebenfaches Vergnügen von dem, welches
sie
Menge Oel auf ſie, welches ſie ſehr bald erſtickte und beyde Koͤrper in kurzem in Aſche verwandelte, die ſorg- faͤltig geſammelt und in eine Urne gethan wurde, weil ſie an ihre Freunde nach Jndien geſchickt werden ſollte.
Dieſe barbariſche Gewohnheit wurde anfaͤnglich aus einem politiſchen Grunde eingefuͤhret; denn da die Vielweiberey viele bittere Eiferſucht unter den Weibern, den Mitbuhlerinnen an der Liebe ihrer Maͤnner, verurſachte, ſo pflegte es oft zu geſche- hen, daß diejenigen, die hintenangeſetzt zu werden glaubten, ihre Maͤnner umbrachten. Um ih[n]en alſo das Leben ihrer Maͤnner werth zu machen, wurde ver- ordnet, daß bloß diejenigen Weiber, die entſchloſſen waͤren, ihren Maͤnnern in die andere Welt Geſell- ſchaft zu leiſten, und ſich, wenn er ſterben wuͤrde, mit ſeinem Koͤrper verbrennen ließen, den Ruhm haben ſollten, daß ſie ehrliche und tugendſame Weiber waͤ- ren, und daß diejenigen, die dieſe Probe ihrer Liebe nicht ablegen wollten, nach dem Tode ihres Mannes fuͤr unehrlich angeſehen werden ſollten. Qbgleich die Pflicht, ſich mit ihren Ehemaͤnnern zu verbrennen, den- jenigen, die es ausſchlagen, keine andere Strafe auf- legt, als daß ſie deswegen fuͤr unehrlich gehalten wer- den, ſo war doch die Begierde nach Ehre und die Liebe zum Ruhme bey den Banyaniſchen Weibern ſo groß, daß man unzaͤhlige Beyſpiele unter ihnen von ſolchen hat, die ihr Leben freywillig auf den Scheiterhaufen aufgeopfert haben. Was ſie hierzu bewegt, iſt, daß ſie glauben, wenn eine Frau eine ſo große Liebe zu ihrem Manne hat, ſich nach ſeinem Tode mit ihm zu verbren- nen, ſie in der andern Welt ſiebenmal ſo lange mit ihm leben, und ſiebenfaches Vergnuͤgen von dem, welches
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Menge Oel auf ſie, welches ſie ſehr bald erſtickte und
beyde Koͤrper in kurzem in Aſche verwandelte, die ſorg-
faͤltig geſammelt und in eine Urne gethan wurde, weil
ſie an ihre Freunde nach Jndien geſchickt werden ſollte.
Dieſe barbariſche Gewohnheit wurde anfaͤnglich
aus einem politiſchen Grunde eingefuͤhret; denn da
die Vielweiberey viele bittere Eiferſucht unter den
Weibern, den Mitbuhlerinnen an der Liebe ihrer
Maͤnner, verurſachte, ſo pflegte es oft zu geſche-
hen, daß diejenigen, die hintenangeſetzt zu werden
glaubten, ihre Maͤnner umbrachten. Um ihnen alſo
das Leben ihrer Maͤnner werth zu machen, wurde ver-
ordnet, daß bloß diejenigen Weiber, die entſchloſſen
waͤren, ihren Maͤnnern in die andere Welt Geſell-
ſchaft zu leiſten, und ſich, wenn er ſterben wuͤrde, mit
ſeinem Koͤrper verbrennen ließen, den Ruhm haben
ſollten, daß ſie ehrliche und tugendſame Weiber waͤ-
ren, und daß diejenigen, die dieſe Probe ihrer Liebe
nicht ablegen wollten, nach dem Tode ihres Mannes
fuͤr unehrlich angeſehen werden ſollten. Qbgleich die
Pflicht, ſich mit ihren Ehemaͤnnern zu verbrennen, den-
jenigen, die es ausſchlagen, keine andere Strafe auf-
legt, als daß ſie deswegen fuͤr unehrlich gehalten wer-
den, ſo war doch die Begierde nach Ehre und die Liebe
zum Ruhme bey den Banyaniſchen Weibern ſo groß,
daß man unzaͤhlige Beyſpiele unter ihnen von ſolchen
hat, die ihr Leben freywillig auf den Scheiterhaufen
aufgeopfert haben. Was ſie hierzu bewegt, iſt, daß ſie
glauben, wenn eine Frau eine ſo große Liebe zu ihrem
Manne hat, ſich nach ſeinem Tode mit ihm zu verbren-
nen, ſie in der andern Welt ſiebenmal ſo lange mit ihm
leben, und ſiebenfaches Vergnuͤgen von dem, welches
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/308>, abgerufen am 25.11.2024.
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