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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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herunter hängt, worüber sie ihre Hemden tragen, und
ihr Oberkleid darüber anziehen, welches sie mit einem
Gürtel gürten. Unter diesem haben sie eine enge We-
ste, deren Aermel nur bis an die Ellbogen reichen.
Sie tragen sammtne, brocadene oder von vergoldetem
Leder gemachte Schuhe, die sie mit Riemen an die
Füße befestigen, und sie ausziehen, wenn sie in ein
Zimmer gehen, worinn der Boden gemeiniglich mit
Teppichen bedeckt ist. Sie tragen aber hölzerne
Schuhe, wenn sie auf dem Lande gehen.

Jhre Braminen, oder Priester unterscheiden sich
nur durch dasjenige von andern, was sie um ihre
Köpfe tragen, welches aus Leinwand gemacht, und
viele Mahle um ihren Kopf herum gewickelt ist, ihr
heiliges Haar damit zu bedecken, das sie niemals ab-
schneiden. Sie tragen auch zwey Stück Bindfaden
auf der bloßen Haut, die von den Schultern queer
über die Brust bis an die Lenden herunter gehen, die
sie niemals ablegen, wenn sie auch ihr Leben dadurch
retten sollten. Sie stehen wegen ihrer Heiligkeit in
solchem Ansehen, daß keine Heirath für heilig gehal-
ten wird, wenn die Braut nicht dazu von dem Prie-
ster durch den ersten Genuß eingeweihet worden ist,
zu dem sie jederzeit aus dieser Absicht gesühret wird,
und der diesen Theil seines heiligen Amtes, außer dem
emsigen Bitten des Bräutigams, ihn dieser sauern
Arbeit zu überheben, sehr hoch anrechnet. Auf diese
Art befriediget der listige Priester, indem er die Ein-
falt seiner Heerde hintergehet, seinen natürlichen Trieb,
und auch zugleich seinen Geiz, nach Wunsch. Aber
das ist es noch nicht alles, denn der Ehemann behält
gegen seinen Mitgenossen eine so fromme Hochach-

tung,

herunter haͤngt, woruͤber ſie ihre Hemden tragen, und
ihr Oberkleid daruͤber anziehen, welches ſie mit einem
Guͤrtel guͤrten. Unter dieſem haben ſie eine enge We-
ſte, deren Aermel nur bis an die Ellbogen reichen.
Sie tragen ſammtne, brocadene oder von vergoldetem
Leder gemachte Schuhe, die ſie mit Riemen an die
Fuͤße befeſtigen, und ſie ausziehen, wenn ſie in ein
Zimmer gehen, worinn der Boden gemeiniglich mit
Teppichen bedeckt iſt. Sie tragen aber hoͤlzerne
Schuhe, wenn ſie auf dem Lande gehen.

Jhre Braminen, oder Prieſter unterſcheiden ſich
nur durch dasjenige von andern, was ſie um ihre
Koͤpfe tragen, welches aus Leinwand gemacht, und
viele Mahle um ihren Kopf herum gewickelt iſt, ihr
heiliges Haar damit zu bedecken, das ſie niemals ab-
ſchneiden. Sie tragen auch zwey Stuͤck Bindfaden
auf der bloßen Haut, die von den Schultern queer
uͤber die Bruſt bis an die Lenden herunter gehen, die
ſie niemals ablegen, wenn ſie auch ihr Leben dadurch
retten ſollten. Sie ſtehen wegen ihrer Heiligkeit in
ſolchem Anſehen, daß keine Heirath fuͤr heilig gehal-
ten wird, wenn die Braut nicht dazu von dem Prie-
ſter durch den erſten Genuß eingeweihet worden iſt,
zu dem ſie jederzeit aus dieſer Abſicht geſuͤhret wird,
und der dieſen Theil ſeines heiligen Amtes, außer dem
emſigen Bitten des Braͤutigams, ihn dieſer ſauern
Arbeit zu uͤberheben, ſehr hoch anrechnet. Auf dieſe
Art befriediget der liſtige Prieſter, indem er die Ein-
falt ſeiner Heerde hintergehet, ſeinen natuͤrlichen Trieb,
und auch zugleich ſeinen Geiz, nach Wunſch. Aber
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gegen ſeinen Mitgenoſſen eine ſo fromme Hochach-

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[300/0310] herunter haͤngt, woruͤber ſie ihre Hemden tragen, und ihr Oberkleid daruͤber anziehen, welches ſie mit einem Guͤrtel guͤrten. Unter dieſem haben ſie eine enge We- ſte, deren Aermel nur bis an die Ellbogen reichen. Sie tragen ſammtne, brocadene oder von vergoldetem Leder gemachte Schuhe, die ſie mit Riemen an die Fuͤße befeſtigen, und ſie ausziehen, wenn ſie in ein Zimmer gehen, worinn der Boden gemeiniglich mit Teppichen bedeckt iſt. Sie tragen aber hoͤlzerne Schuhe, wenn ſie auf dem Lande gehen. Jhre Braminen, oder Prieſter unterſcheiden ſich nur durch dasjenige von andern, was ſie um ihre Koͤpfe tragen, welches aus Leinwand gemacht, und viele Mahle um ihren Kopf herum gewickelt iſt, ihr heiliges Haar damit zu bedecken, das ſie niemals ab- ſchneiden. Sie tragen auch zwey Stuͤck Bindfaden auf der bloßen Haut, die von den Schultern queer uͤber die Bruſt bis an die Lenden herunter gehen, die ſie niemals ablegen, wenn ſie auch ihr Leben dadurch retten ſollten. Sie ſtehen wegen ihrer Heiligkeit in ſolchem Anſehen, daß keine Heirath fuͤr heilig gehal- ten wird, wenn die Braut nicht dazu von dem Prie- ſter durch den erſten Genuß eingeweihet worden iſt, zu dem ſie jederzeit aus dieſer Abſicht geſuͤhret wird, und der dieſen Theil ſeines heiligen Amtes, außer dem emſigen Bitten des Braͤutigams, ihn dieſer ſauern Arbeit zu uͤberheben, ſehr hoch anrechnet. Auf dieſe Art befriediget der liſtige Prieſter, indem er die Ein- falt ſeiner Heerde hintergehet, ſeinen natuͤrlichen Trieb, und auch zugleich ſeinen Geiz, nach Wunſch. Aber das iſt es noch nicht alles, denn der Ehemann behaͤlt gegen ſeinen Mitgenoſſen eine ſo fromme Hochach- tung,

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/310>, abgerufen am 25.11.2024.