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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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Grausamkeit durch einige Geschenke, die sie freylich
durch die Länge der Zeit, als eine Schuldigkeit for-
dern, zu zähmen, als sich wider eine Menge unstäter
Räuber, die so wenig zu verlieren haben, in einen
Krieg einzulassen, indem sie weder Häuser noch be-
ständige Wohnungen in ihrem Lande haben, sondern
das ganze Jahr durch in mit Fellen bedeckten Zelten
wohnen, worinn sie aber, in Ansehung der Reinlichkeit
und Bequemlichkeit, alle benachbarte Nationen, so-
gar diejenigen, die in festen Wohnungen leben, über-
treffen.

Die Kalmucken, wie auch alle andere Nationen
der großen Tartarey, sind Heiden. Was ihre Per-
son betrifft, so sind sie klein von Statur, und haben
gemeiniglich krumme Beine, welches daher kommt,
daß sie fast beständig reiten, oder im Sitzen die Bei-
ne unter sich haben. Jhre Gesichter sind breit und
flach, haben eine blatte Nase und kleine schwarze Au-
gen, die wie bey den Chinesern weit von einander ste-
hen. Sie sehen olivenfarfig aus, und ihre Gesichter sind
voll Runzeln; sie haben einen kleinen oder gar keinen
Bart; sie scheren sich die Haare auf dem Kopfe ab,
und lassen nur einen Büschel auf dem Wirbel stehen.
Die Vornehmsten unter ihnen tragen Röcke von Zeug
oder Seide, und darüber einen großen, weiten mit
Schaafsfellen gefütterten Pelz, und eine dergleichen
Mütze. Jm Kriege bedecken sie ihren Kopf und Leib
mit einer Art eiserner Netze, die sie einen Panzer nen-
nen, dessen Maschen so enge beysammen sind, daß es
alle andere Gewehre, das Feuergewehr ausgenommen,
aushält. Eine Kugel aber gehet durch, und führet
gemeiniglich einige zerbrochene Stücke mit in die

Wunde,

Grauſamkeit durch einige Geſchenke, die ſie freylich
durch die Laͤnge der Zeit, als eine Schuldigkeit for-
dern, zu zaͤhmen, als ſich wider eine Menge unſtaͤter
Raͤuber, die ſo wenig zu verlieren haben, in einen
Krieg einzulaſſen, indem ſie weder Haͤuſer noch be-
ſtaͤndige Wohnungen in ihrem Lande haben, ſondern
das ganze Jahr durch in mit Fellen bedeckten Zelten
wohnen, worinn ſie aber, in Anſehung der Reinlichkeit
und Bequemlichkeit, alle benachbarte Nationen, ſo-
gar diejenigen, die in feſten Wohnungen leben, uͤber-
treffen.

Die Kalmucken, wie auch alle andere Nationen
der großen Tartarey, ſind Heiden. Was ihre Per-
ſon betrifft, ſo ſind ſie klein von Statur, und haben
gemeiniglich krumme Beine, welches daher kommt,
daß ſie faſt beſtaͤndig reiten, oder im Sitzen die Bei-
ne unter ſich haben. Jhre Geſichter ſind breit und
flach, haben eine blatte Naſe und kleine ſchwarze Au-
gen, die wie bey den Chineſern weit von einander ſte-
hen. Sie ſehen olivenfarfig aus, und ihre Geſichter ſind
voll Runzeln; ſie haben einen kleinen oder gar keinen
Bart; ſie ſcheren ſich die Haare auf dem Kopfe ab,
und laſſen nur einen Buͤſchel auf dem Wirbel ſtehen.
Die Vornehmſten unter ihnen tragen Roͤcke von Zeug
oder Seide, und daruͤber einen großen, weiten mit
Schaafsfellen gefuͤtterten Pelz, und eine dergleichen
Muͤtze. Jm Kriege bedecken ſie ihren Kopf und Leib
mit einer Art eiſerner Netze, die ſie einen Panzer nen-
nen, deſſen Maſchen ſo enge beyſammen ſind, daß es
alle andere Gewehre, das Feuergewehr ausgenommen,
aushaͤlt. Eine Kugel aber gehet durch, und fuͤhret
gemeiniglich einige zerbrochene Stuͤcke mit in die

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[284/0294] Grauſamkeit durch einige Geſchenke, die ſie freylich durch die Laͤnge der Zeit, als eine Schuldigkeit for- dern, zu zaͤhmen, als ſich wider eine Menge unſtaͤter Raͤuber, die ſo wenig zu verlieren haben, in einen Krieg einzulaſſen, indem ſie weder Haͤuſer noch be- ſtaͤndige Wohnungen in ihrem Lande haben, ſondern das ganze Jahr durch in mit Fellen bedeckten Zelten wohnen, worinn ſie aber, in Anſehung der Reinlichkeit und Bequemlichkeit, alle benachbarte Nationen, ſo- gar diejenigen, die in feſten Wohnungen leben, uͤber- treffen. Die Kalmucken, wie auch alle andere Nationen der großen Tartarey, ſind Heiden. Was ihre Per- ſon betrifft, ſo ſind ſie klein von Statur, und haben gemeiniglich krumme Beine, welches daher kommt, daß ſie faſt beſtaͤndig reiten, oder im Sitzen die Bei- ne unter ſich haben. Jhre Geſichter ſind breit und flach, haben eine blatte Naſe und kleine ſchwarze Au- gen, die wie bey den Chineſern weit von einander ſte- hen. Sie ſehen olivenfarfig aus, und ihre Geſichter ſind voll Runzeln; ſie haben einen kleinen oder gar keinen Bart; ſie ſcheren ſich die Haare auf dem Kopfe ab, und laſſen nur einen Buͤſchel auf dem Wirbel ſtehen. Die Vornehmſten unter ihnen tragen Roͤcke von Zeug oder Seide, und daruͤber einen großen, weiten mit Schaafsfellen gefuͤtterten Pelz, und eine dergleichen Muͤtze. Jm Kriege bedecken ſie ihren Kopf und Leib mit einer Art eiſerner Netze, die ſie einen Panzer nen- nen, deſſen Maſchen ſo enge beyſammen ſind, daß es alle andere Gewehre, das Feuergewehr ausgenommen, aushaͤlt. Eine Kugel aber gehet durch, und fuͤhret gemeiniglich einige zerbrochene Stuͤcke mit in die Wunde,

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/294>, abgerufen am 22.11.2024.