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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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zu seinem eigenen Nutzen angewendet. Bey dieser
allgemeinen Plünderung mußte ich ebenfalls leiden;
der Marschall hatte mir in seinem Testamente 200
Ducaten, sein bestes Kleid und das schönste Pferd
nebst dem dazu gehörigen Reitzeuge vermacht. Jch
bekam zwar das Geld und das Kleid, aber das Pferd
und Geschirr wurde in des Czars Stall gebracht, wo-
für mir 300 Ducaten versprochen wurden, die ich
aber niemals erhalten habe. Alles dieses rührte haupt-
sächlich von des le Fort zweyten Frau her, die er in
Deutschland geheirathet hatte, und die immer sehr
strenge gegen des Romanzofs Betragen gewesen war,
welches er denn auch zum Theil an mir zu rächen such-
te, indem sie meine nahe Verwandte war, ob ich
sonst gleich bey ihm in großen Gnaden stand.

Da dieses das erste Beyspiel von der willkührli-
chen und ungerechten Behandlung der Fremden war,
so gab es Personen von allen Ständen viel Gelegen-
heit zu Betrachtungen, besonders, da es bey einem
Manne von so großem persönlichen Verdienste und
allgemeiner Hochachtung vorgefallen war; bey einem
Manne, der der Enkel und Erbe des großen le Fort,
und der Schwiegersohn des Marschalls Weyde war,
beyde große Lieblinge des Czars, so daß sich künftig
niemand in Ansehung seines Vermögens für sicher
halten konnte. Diese ungerechte Behandlung mach-
te mir einen solchen Begriff von Rußland, daß mich
nach diesem nichts bewegen konnte, aller angetragenen
Beförderungen und Vortheile ungeachtet, mich dar-
inn niederzulassen.

Sein Leichen-
begängniß.

Nachdem man das Eingeweide aus dem Körper
des Marschalls heraus genommen und ihn einbalsami-

ret

zu ſeinem eigenen Nutzen angewendet. Bey dieſer
allgemeinen Pluͤnderung mußte ich ebenfalls leiden;
der Marſchall hatte mir in ſeinem Teſtamente 200
Ducaten, ſein beſtes Kleid und das ſchoͤnſte Pferd
nebſt dem dazu gehoͤrigen Reitzeuge vermacht. Jch
bekam zwar das Geld und das Kleid, aber das Pferd
und Geſchirr wurde in des Czars Stall gebracht, wo-
fuͤr mir 300 Ducaten verſprochen wurden, die ich
aber niemals erhalten habe. Alles dieſes ruͤhrte haupt-
ſaͤchlich von des le Fort zweyten Frau her, die er in
Deutſchland geheirathet hatte, und die immer ſehr
ſtrenge gegen des Romanzofs Betragen geweſen war,
welches er denn auch zum Theil an mir zu raͤchen ſuch-
te, indem ſie meine nahe Verwandte war, ob ich
ſonſt gleich bey ihm in großen Gnaden ſtand.

Da dieſes das erſte Beyſpiel von der willkuͤhrli-
chen und ungerechten Behandlung der Fremden war,
ſo gab es Perſonen von allen Staͤnden viel Gelegen-
heit zu Betrachtungen, beſonders, da es bey einem
Manne von ſo großem perſoͤnlichen Verdienſte und
allgemeiner Hochachtung vorgefallen war; bey einem
Manne, der der Enkel und Erbe des großen le Fort,
und der Schwiegerſohn des Marſchalls Weyde war,
beyde große Lieblinge des Czars, ſo daß ſich kuͤnftig
niemand in Anſehung ſeines Vermoͤgens fuͤr ſicher
halten konnte. Dieſe ungerechte Behandlung mach-
te mir einen ſolchen Begriff von Rußland, daß mich
nach dieſem nichts bewegen konnte, aller angetragenen
Befoͤrderungen und Vortheile ungeachtet, mich dar-
inn niederzulaſſen.

Sein Leichen-
begaͤngniß.

Nachdem man das Eingeweide aus dem Koͤrper
des Marſchalls heraus genommen und ihn einbalſami-

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[242/0252] zu ſeinem eigenen Nutzen angewendet. Bey dieſer allgemeinen Pluͤnderung mußte ich ebenfalls leiden; der Marſchall hatte mir in ſeinem Teſtamente 200 Ducaten, ſein beſtes Kleid und das ſchoͤnſte Pferd nebſt dem dazu gehoͤrigen Reitzeuge vermacht. Jch bekam zwar das Geld und das Kleid, aber das Pferd und Geſchirr wurde in des Czars Stall gebracht, wo- fuͤr mir 300 Ducaten verſprochen wurden, die ich aber niemals erhalten habe. Alles dieſes ruͤhrte haupt- ſaͤchlich von des le Fort zweyten Frau her, die er in Deutſchland geheirathet hatte, und die immer ſehr ſtrenge gegen des Romanzofs Betragen geweſen war, welches er denn auch zum Theil an mir zu raͤchen ſuch- te, indem ſie meine nahe Verwandte war, ob ich ſonſt gleich bey ihm in großen Gnaden ſtand. Da dieſes das erſte Beyſpiel von der willkuͤhrli- chen und ungerechten Behandlung der Fremden war, ſo gab es Perſonen von allen Staͤnden viel Gelegen- heit zu Betrachtungen, beſonders, da es bey einem Manne von ſo großem perſoͤnlichen Verdienſte und allgemeiner Hochachtung vorgefallen war; bey einem Manne, der der Enkel und Erbe des großen le Fort, und der Schwiegerſohn des Marſchalls Weyde war, beyde große Lieblinge des Czars, ſo daß ſich kuͤnftig niemand in Anſehung ſeines Vermoͤgens fuͤr ſicher halten konnte. Dieſe ungerechte Behandlung mach- te mir einen ſolchen Begriff von Rußland, daß mich nach dieſem nichts bewegen konnte, aller angetragenen Befoͤrderungen und Vortheile ungeachtet, mich dar- inn niederzulaſſen. Nachdem man das Eingeweide aus dem Koͤrper des Marſchalls heraus genommen und ihn einbalſami- ret

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/252>, abgerufen am 22.11.2024.