Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

ihren Bedienten ohne des Herzogs Wissen senden konn-
te, so schickte sie den Herrn Bestuchef, ihren damali-
gen Kammerherrn (nachmaligen Großkanzler von
Rußland), an den General Weyde, und ersuchte ihn,
einen Expressen in seinem Nahmen an den Czar zu
senden. Hierauf schickte der General mich mit dem
Herrn Bestuchef nach Schwerin, ohne Vorwissen
des Herzogs, der sehr eifersüchtig war, zu der Her-
zoginn, und ihre Befehle zu empfangen. Wir gien-
gen durch einen Garten hinein, und als wir in das
Schloß kamen, so war er gerade die erste Person, der
wir begegneten, welches uns in einige Verwirrung
setzte. Wir machten ihm indessen ein tiefes Compli-
ment, und er gieng, ohne ein Wort zu sagen oder uns
zu bemerken, fort. Allein Herr Bestuchef führte
mich nunmehr, anstatt gerade zur Herzoginn zu gehen,
wie wir Willens gewesen waren, in seine Zimmer,
wo ich so lange blieb, bis es finster ward, da ich denn
zur Herzoginn geführet wurde, die mir ihre Befehle
gab, mit denen ich mich noch dieselbe Nacht bis Gü-
strow begab. Da der General indessen seine Briefe
fertig gemacht hatte, so machte ich mich den folgen-
den Tag auf den Weg nach Holland, und kam den
8ten May in Amsterdam an. Weil aber der Czar
nach Paris abgereiset war, so machte ich der Czarinn
meine Aufwartung, die mir dem Czar zu folgen be-
fahl. Als ich daher ihre Briefe bekommen hatte,
reisete ich den folgenden Tag ab, und kam den 13ten,
6 Tage nach Seiner Majestät Ankunft, in Paris an.
Die Aufnahme des Czars, und die ihm erwiesenen
Ehrenbezeugungen sind so bekannt, daß es verdrüß-
lich seyn würde, wenn ich sie hier wiederholen wollte.

Jch
N 3

ihren Bedienten ohne des Herzogs Wiſſen ſenden konn-
te, ſo ſchickte ſie den Herrn Beſtuchef, ihren damali-
gen Kammerherrn (nachmaligen Großkanzler von
Rußland), an den General Weyde, und erſuchte ihn,
einen Expreſſen in ſeinem Nahmen an den Czar zu
ſenden. Hierauf ſchickte der General mich mit dem
Herrn Beſtuchef nach Schwerin, ohne Vorwiſſen
des Herzogs, der ſehr eiferſuͤchtig war, zu der Her-
zoginn, und ihre Befehle zu empfangen. Wir gien-
gen durch einen Garten hinein, und als wir in das
Schloß kamen, ſo war er gerade die erſte Perſon, der
wir begegneten, welches uns in einige Verwirrung
ſetzte. Wir machten ihm indeſſen ein tiefes Compli-
ment, und er gieng, ohne ein Wort zu ſagen oder uns
zu bemerken, fort. Allein Herr Beſtuchef fuͤhrte
mich nunmehr, anſtatt gerade zur Herzoginn zu gehen,
wie wir Willens geweſen waren, in ſeine Zimmer,
wo ich ſo lange blieb, bis es finſter ward, da ich denn
zur Herzoginn gefuͤhret wurde, die mir ihre Befehle
gab, mit denen ich mich noch dieſelbe Nacht bis Guͤ-
ſtrow begab. Da der General indeſſen ſeine Briefe
fertig gemacht hatte, ſo machte ich mich den folgen-
den Tag auf den Weg nach Holland, und kam den
8ten May in Amſterdam an. Weil aber der Czar
nach Paris abgereiſet war, ſo machte ich der Czarinn
meine Aufwartung, die mir dem Czar zu folgen be-
fahl. Als ich daher ihre Briefe bekommen hatte,
reiſete ich den folgenden Tag ab, und kam den 13ten,
6 Tage nach Seiner Majeſtaͤt Ankunft, in Paris an.
Die Aufnahme des Czars, und die ihm erwieſenen
Ehrenbezeugungen ſind ſo bekannt, daß es verdruͤß-
lich ſeyn wuͤrde, wenn ich ſie hier wiederholen wollte.

Jch
N 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="197"/>
ihren Bedienten ohne des Herzogs Wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;enden konn-<lb/>
te, &#x017F;o &#x017F;chickte &#x017F;ie den Herrn Be&#x017F;tuchef, ihren damali-<lb/>
gen Kammerherrn (nachmaligen Großkanzler von<lb/>
Rußland), an den General Weyde, und er&#x017F;uchte ihn,<lb/>
einen Expre&#x017F;&#x017F;en in &#x017F;einem Nahmen an den Czar zu<lb/>
&#x017F;enden. Hierauf &#x017F;chickte der General mich mit dem<lb/>
Herrn Be&#x017F;tuchef nach Schwerin, ohne Vorwi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
des Herzogs, der &#x017F;ehr eifer&#x017F;u&#x0364;chtig war, zu der Her-<lb/>
zoginn, und ihre Befehle zu empfangen. Wir gien-<lb/>
gen durch einen Garten hinein, und als wir in das<lb/>
Schloß kamen, &#x017F;o war er gerade die er&#x017F;te Per&#x017F;on, der<lb/>
wir begegneten, welches uns in einige Verwirrung<lb/>
&#x017F;etzte. Wir machten ihm inde&#x017F;&#x017F;en ein tiefes Compli-<lb/>
ment, und er gieng, ohne ein Wort zu &#x017F;agen oder uns<lb/>
zu bemerken, fort. Allein Herr Be&#x017F;tuchef fu&#x0364;hrte<lb/>
mich nunmehr, an&#x017F;tatt gerade zur Herzoginn zu gehen,<lb/>
wie wir Willens gewe&#x017F;en waren, in &#x017F;eine Zimmer,<lb/>
wo ich &#x017F;o lange blieb, bis es fin&#x017F;ter ward, da ich denn<lb/>
zur Herzoginn gefu&#x0364;hret wurde, die mir ihre Befehle<lb/>
gab, mit denen ich mich noch die&#x017F;elbe Nacht bis Gu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;trow begab. Da der General inde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eine Briefe<lb/>
fertig gemacht hatte, &#x017F;o machte ich mich den folgen-<lb/>
den Tag auf den Weg nach Holland, und kam den<lb/>
8ten May in Am&#x017F;terdam an. Weil aber der Czar<lb/>
nach Paris abgerei&#x017F;et war, &#x017F;o machte ich der Czarinn<lb/>
meine Aufwartung, die mir dem Czar zu folgen be-<lb/>
fahl. Als ich daher ihre Briefe bekommen hatte,<lb/>
rei&#x017F;ete ich den folgenden Tag ab, und kam den 13ten,<lb/>
6 Tage nach Seiner Maje&#x017F;ta&#x0364;t Ankunft, in Paris an.<lb/>
Die Aufnahme des Czars, und die ihm erwie&#x017F;enen<lb/>
Ehrenbezeugungen &#x017F;ind &#x017F;o bekannt, daß es verdru&#x0364;ß-<lb/>
lich &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, wenn ich &#x017F;ie hier wiederholen wollte.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0207] ihren Bedienten ohne des Herzogs Wiſſen ſenden konn- te, ſo ſchickte ſie den Herrn Beſtuchef, ihren damali- gen Kammerherrn (nachmaligen Großkanzler von Rußland), an den General Weyde, und erſuchte ihn, einen Expreſſen in ſeinem Nahmen an den Czar zu ſenden. Hierauf ſchickte der General mich mit dem Herrn Beſtuchef nach Schwerin, ohne Vorwiſſen des Herzogs, der ſehr eiferſuͤchtig war, zu der Her- zoginn, und ihre Befehle zu empfangen. Wir gien- gen durch einen Garten hinein, und als wir in das Schloß kamen, ſo war er gerade die erſte Perſon, der wir begegneten, welches uns in einige Verwirrung ſetzte. Wir machten ihm indeſſen ein tiefes Compli- ment, und er gieng, ohne ein Wort zu ſagen oder uns zu bemerken, fort. Allein Herr Beſtuchef fuͤhrte mich nunmehr, anſtatt gerade zur Herzoginn zu gehen, wie wir Willens geweſen waren, in ſeine Zimmer, wo ich ſo lange blieb, bis es finſter ward, da ich denn zur Herzoginn gefuͤhret wurde, die mir ihre Befehle gab, mit denen ich mich noch dieſelbe Nacht bis Guͤ- ſtrow begab. Da der General indeſſen ſeine Briefe fertig gemacht hatte, ſo machte ich mich den folgen- den Tag auf den Weg nach Holland, und kam den 8ten May in Amſterdam an. Weil aber der Czar nach Paris abgereiſet war, ſo machte ich der Czarinn meine Aufwartung, die mir dem Czar zu folgen be- fahl. Als ich daher ihre Briefe bekommen hatte, reiſete ich den folgenden Tag ab, und kam den 13ten, 6 Tage nach Seiner Majeſtaͤt Ankunft, in Paris an. Die Aufnahme des Czars, und die ihm erwieſenen Ehrenbezeugungen ſind ſo bekannt, daß es verdruͤß- lich ſeyn wuͤrde, wenn ich ſie hier wiederholen wollte. Jch N 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/207
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/207>, abgerufen am 24.11.2024.