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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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zum vergnügten und gelassenen Sterben.

Und zwar mit Fleiß so eingerichtet, und selbst von Gott so
zugeschickt,

Damit du durch die schlechten Umständ', aus Ekel, von
Verdruß gedrückt,

Den Körper willig lassen möchtest, der so beschwerlich,
welchen man

Mit größrem Recht ein dunkles Zuchthaus, als eine Woh-
nung, nennen kann.

Erwäge denn noch einst hiebey,
Wie sehr so gar der herben Krankheit Erfindung zu be-
wundern sey.

Man setze dieses noch hinzu, daß auch die Krankheit
dazu gut,

Daß sie des Todes herbsten Schmerz, den Stachel der
am wehsten thut,

Selbst gleichsam stumpf zu machen fähig, so daß dessel-
ben schärfste Pein

Und Quaalen einem Sterbenden im Sterben minder fühl-
bar seyn.

Wer merket hier nicht eine Spur
Von der bewundernswerthen Kunst der sich zerstörenden
Natur.

Wenn man mit ganz gesundem Körper und vollen Sin-
nen, unsrer Sehnen

Unleidlichs auseinander Dehnen,
Der Eingeweide pressend Drücken, des Herzens Stocken,
und die Quaalen,

Womit wir, wenn die Seele scheidet, die Schulden der
Natur bezahlen,
Ertra-
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zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben.

Und zwar mit Fleiß ſo eingerichtet, und ſelbſt von Gott ſo
zugeſchickt,

Damit du durch die ſchlechten Umſtaͤnd’, aus Ekel, von
Verdruß gedruͤckt,

Den Koͤrper willig laſſen moͤchteſt, der ſo beſchwerlich,
welchen man

Mit groͤßrem Recht ein dunkles Zuchthaus, als eine Woh-
nung, nennen kann.

Erwaͤge denn noch einſt hiebey,
Wie ſehr ſo gar der herben Krankheit Erfindung zu be-
wundern ſey.

Man ſetze dieſes noch hinzu, daß auch die Krankheit
dazu gut,

Daß ſie des Todes herbſten Schmerz, den Stachel der
am wehſten thut,

Selbſt gleichſam ſtumpf zu machen faͤhig, ſo daß deſſel-
ben ſchaͤrfſte Pein

Und Quaalen einem Sterbenden im Sterben minder fuͤhl-
bar ſeyn.

Wer merket hier nicht eine Spur
Von der bewundernswerthen Kunſt der ſich zerſtoͤrenden
Natur.

Wenn man mit ganz geſundem Koͤrper und vollen Sin-
nen, unſrer Sehnen

Unleidlichs auseinander Dehnen,
Der Eingeweide preſſend Druͤcken, des Herzens Stocken,
und die Quaalen,

Womit wir, wenn die Seele ſcheidet, die Schulden der
Natur bezahlen,
Ertra-
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[601/0621] zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben. Und zwar mit Fleiß ſo eingerichtet, und ſelbſt von Gott ſo zugeſchickt, Damit du durch die ſchlechten Umſtaͤnd’, aus Ekel, von Verdruß gedruͤckt, Den Koͤrper willig laſſen moͤchteſt, der ſo beſchwerlich, welchen man Mit groͤßrem Recht ein dunkles Zuchthaus, als eine Woh- nung, nennen kann. Erwaͤge denn noch einſt hiebey, Wie ſehr ſo gar der herben Krankheit Erfindung zu be- wundern ſey. Man ſetze dieſes noch hinzu, daß auch die Krankheit dazu gut, Daß ſie des Todes herbſten Schmerz, den Stachel der am wehſten thut, Selbſt gleichſam ſtumpf zu machen faͤhig, ſo daß deſſel- ben ſchaͤrfſte Pein Und Quaalen einem Sterbenden im Sterben minder fuͤhl- bar ſeyn. Wer merket hier nicht eine Spur Von der bewundernswerthen Kunſt der ſich zerſtoͤrenden Natur. Wenn man mit ganz geſundem Koͤrper und vollen Sin- nen, unſrer Sehnen Unleidlichs auseinander Dehnen, Der Eingeweide preſſend Druͤcken, des Herzens Stocken, und die Quaalen, Womit wir, wenn die Seele ſcheidet, die Schulden der Natur bezahlen, Ertra- P p 5

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/621>, abgerufen am 23.11.2024.