Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Anleitung

Sie hatten alle langsam nur, und nur mit fauler Hand
gewirket,

Und doch soll deines Körpers Bau, in etwan sieben
Wochen Zeit,

Wie es dein Schöpfer dir bezirket,
Zertheilt und abgebrochen seyn. So muß mit einer
größern Macht

Ein stärker Krankheitheer gefodert, gebrauchet seyn und
angebracht,

Den festen Körper zu zertheilen. Solch' übertriebene Ge-
walt

Jst, ohne Schmerzen, sonder Plagen
Nicht zu erdulden, und dennoch mußt du dieselbigen ertragen,
Wo du zu der Zeit sterben sollt. Die Schwachen werden
dergestalt,

Auch Aeltere, nicht angegriffen, so wenig als verschiedner
Weiber

Weit schwächre, nicht so feste Leiber,
Jn welchen nämlich mindre Stärke und Festigkeit vor-
handen war.

Es brauchts demnach, sie aufzulösen, von Krankheit
keine solche Schaar.

Jn alten schon zernagten Körpern sind sie schon seit so lan-
ger Zeit

Damit beschäfftiget gewesen, das Leben ihnen zu entziehen,
Die weichen Nerven, welken Muskeln, des kalten Flei-
sches Schwächlichkeit

Gebrauchen von der letzten Krankheit kein solches unge-
stüm Bemühen.

Damit sie aber dich besiegen, der du von starken Kräften
bist,

Begreift man leicht, daß mehr Gewalt und Kraft dazu
vonnöthen ist,

Ja

Anleitung

Sie hatten alle langſam nur, und nur mit fauler Hand
gewirket,

Und doch ſoll deines Koͤrpers Bau, in etwan ſieben
Wochen Zeit,

Wie es dein Schoͤpfer dir bezirket,
Zertheilt und abgebrochen ſeyn. So muß mit einer
groͤßern Macht

Ein ſtaͤrker Krankheitheer gefodert, gebrauchet ſeyn und
angebracht,

Den feſten Koͤrper zu zertheilen. Solch’ uͤbertriebene Ge-
walt

Jſt, ohne Schmerzen, ſonder Plagen
Nicht zu erdulden, und dennoch mußt du dieſelbigen ertragen,
Wo du zu der Zeit ſterben ſollt. Die Schwachen werden
dergeſtalt,

Auch Aeltere, nicht angegriffen, ſo wenig als verſchiedner
Weiber

Weit ſchwaͤchre, nicht ſo feſte Leiber,
Jn welchen naͤmlich mindre Staͤrke und Feſtigkeit vor-
handen war.

Es brauchts demnach, ſie aufzuloͤſen, von Krankheit
keine ſolche Schaar.

Jn alten ſchon zernagten Koͤrpern ſind ſie ſchon ſeit ſo lan-
ger Zeit

Damit beſchaͤfftiget geweſen, das Leben ihnen zu entziehen,
Die weichen Nerven, welken Muskeln, des kalten Flei-
ſches Schwaͤchlichkeit

Gebrauchen von der letzten Krankheit kein ſolches unge-
ſtuͤm Bemuͤhen.

Damit ſie aber dich beſiegen, der du von ſtarken Kraͤften
biſt,

Begreift man leicht, daß mehr Gewalt und Kraft dazu
vonnoͤthen iſt,

Ja
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg>
              <l>
                <pb facs="#f0616" n="596"/>
                <fw place="top" type="header">Anleitung</fw>
              </l><lb/>
              <l>Sie hatten alle lang&#x017F;am nur, und nur mit fauler Hand<lb/><hi rendition="#et">gewirket,</hi></l><lb/>
              <l>Und doch &#x017F;oll deines Ko&#x0364;rpers Bau, in etwan &#x017F;ieben<lb/><hi rendition="#et">Wochen Zeit,</hi></l><lb/>
              <l>Wie es dein Scho&#x0364;pfer dir bezirket,</l><lb/>
              <l>Zertheilt und abgebrochen &#x017F;eyn. So muß mit einer<lb/><hi rendition="#et">gro&#x0364;ßern Macht</hi></l><lb/>
              <l>Ein &#x017F;ta&#x0364;rker Krankheitheer gefodert, gebrauchet &#x017F;eyn und<lb/><hi rendition="#et">angebracht,</hi></l><lb/>
              <l>Den fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rper zu zertheilen. Solch&#x2019; u&#x0364;bertriebene Ge-<lb/><hi rendition="#et">walt</hi></l><lb/>
              <l>J&#x017F;t, ohne Schmerzen, &#x017F;onder Plagen</l><lb/>
              <l>Nicht zu erdulden, und dennoch mußt du die&#x017F;elbigen ertragen,</l><lb/>
              <l>Wo du zu der Zeit &#x017F;terben &#x017F;ollt. Die Schwachen werden<lb/><hi rendition="#et">derge&#x017F;talt,</hi></l><lb/>
              <l>Auch Aeltere, nicht angegriffen, &#x017F;o wenig als ver&#x017F;chiedner<lb/><hi rendition="#et">Weiber</hi></l><lb/>
              <l>Weit &#x017F;chwa&#x0364;chre, nicht &#x017F;o fe&#x017F;te Leiber,</l><lb/>
              <l>Jn welchen na&#x0364;mlich mindre Sta&#x0364;rke und Fe&#x017F;tigkeit vor-<lb/><hi rendition="#et">handen war.</hi></l><lb/>
              <l>Es brauchts demnach, &#x017F;ie aufzulo&#x0364;&#x017F;en, von Krankheit<lb/><hi rendition="#et">keine &#x017F;olche Schaar.</hi></l><lb/>
              <l>Jn alten &#x017F;chon zernagten Ko&#x0364;rpern &#x017F;ind &#x017F;ie &#x017F;chon &#x017F;eit &#x017F;o lan-<lb/><hi rendition="#et">ger Zeit</hi></l><lb/>
              <l>Damit be&#x017F;cha&#x0364;fftiget gewe&#x017F;en, das Leben ihnen zu entziehen,</l><lb/>
              <l>Die weichen Nerven, welken Muskeln, des kalten Flei-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ches Schwa&#x0364;chlichkeit</hi></l><lb/>
              <l>Gebrauchen von der letzten Krankheit kein &#x017F;olches unge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tu&#x0364;m Bemu&#x0364;hen.</hi></l><lb/>
              <l>Damit &#x017F;ie aber dich be&#x017F;iegen, der du von &#x017F;tarken Kra&#x0364;ften<lb/><hi rendition="#et">bi&#x017F;t,</hi></l><lb/>
              <l>Begreift man leicht, daß mehr Gewalt und Kraft dazu<lb/><hi rendition="#et">vonno&#x0364;then i&#x017F;t,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ja</fw><lb/></l>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[596/0616] Anleitung Sie hatten alle langſam nur, und nur mit fauler Hand gewirket, Und doch ſoll deines Koͤrpers Bau, in etwan ſieben Wochen Zeit, Wie es dein Schoͤpfer dir bezirket, Zertheilt und abgebrochen ſeyn. So muß mit einer groͤßern Macht Ein ſtaͤrker Krankheitheer gefodert, gebrauchet ſeyn und angebracht, Den feſten Koͤrper zu zertheilen. Solch’ uͤbertriebene Ge- walt Jſt, ohne Schmerzen, ſonder Plagen Nicht zu erdulden, und dennoch mußt du dieſelbigen ertragen, Wo du zu der Zeit ſterben ſollt. Die Schwachen werden dergeſtalt, Auch Aeltere, nicht angegriffen, ſo wenig als verſchiedner Weiber Weit ſchwaͤchre, nicht ſo feſte Leiber, Jn welchen naͤmlich mindre Staͤrke und Feſtigkeit vor- handen war. Es brauchts demnach, ſie aufzuloͤſen, von Krankheit keine ſolche Schaar. Jn alten ſchon zernagten Koͤrpern ſind ſie ſchon ſeit ſo lan- ger Zeit Damit beſchaͤfftiget geweſen, das Leben ihnen zu entziehen, Die weichen Nerven, welken Muskeln, des kalten Flei- ſches Schwaͤchlichkeit Gebrauchen von der letzten Krankheit kein ſolches unge- ſtuͤm Bemuͤhen. Damit ſie aber dich beſiegen, der du von ſtarken Kraͤften biſt, Begreift man leicht, daß mehr Gewalt und Kraft dazu vonnoͤthen iſt, Ja

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/616
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/616>, abgerufen am 23.11.2024.