Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.zum irdischen Vergnügen in Gott. Gewirket und hervorgebracht, Auf eine Weise, die dem Geist des klügsten Menschen unbekannt, Die alle Kunst beschämet, besieget, Und worinn auch der witzigste Verstand, Wie sie den Stoff bereitet, webet, füget, Vermischt, verschränkt, entwickelt und verbindet, Ein unauflöslichs Räthsel findet. Wer kann die Mannichfaltigkeit Der nimmer fehlenden Erfindung fassen? Wer muß in jeder Art bey der Vollkommenheit Es allemal nicht bloß nur beym Bewundern lassen? Nächst diesem stralet auch, bey schöner Blumen Flor, Der Farben helle Pracht und bunter Schmuck hervor, Worinn sie gleichsam eingekleidet, Und woran sich, so bald er sie erblickt, Der innre Geist durchs Auge weidet. Die Farben nun entstehn, aus der, von der Natur Den Blätterchen verliehenen Strucktur, Worauf, weil sie verschiedentlich gewebet, Und jedes Bläschen sich darauf bald senkt, bald hebet, Das alles färbende bewundrungsvolle Licht Sich immer unterschiedlich bricht, Und tausend Bindungen von Farben zeuget, Die, da sie sich bald nähren, bald sich schwächen, Jn ungezählten Grad- und Mischungen sich brechen, Und mit so mancherley Verschiedenheit, Die alle voller Lieblichkeit, Sich, sanft zusammenfließend, fügen, Und, da sie, durch die spiegelnde Crystallen Der Augen, ins Gehirn durch die zwo Nerven fallen, Durch bunte Harmonie den innern Geist vergnügen. Zu- F f
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Gewirket und hervorgebracht, Auf eine Weiſe, die dem Geiſt des kluͤgſten Menſchen unbekannt, Die alle Kunſt beſchaͤmet, beſieget, Und worinn auch der witzigſte Verſtand, Wie ſie den Stoff bereitet, webet, fuͤget, Vermiſcht, verſchraͤnkt, entwickelt und verbindet, Ein unaufloͤslichs Raͤthſel findet. Wer kann die Mannichfaltigkeit Der nimmer fehlenden Erfindung faſſen? Wer muß in jeder Art bey der Vollkommenheit Es allemal nicht bloß nur beym Bewundern laſſen? Naͤchſt dieſem ſtralet auch, bey ſchoͤner Blumen Flor, Der Farben helle Pracht und bunter Schmuck hervor, Worinn ſie gleichſam eingekleidet, Und woran ſich, ſo bald er ſie erblickt, Der innre Geiſt durchs Auge weidet. Die Farben nun entſtehn, aus der, von der Natur Den Blaͤtterchen verliehenen Strucktur, Worauf, weil ſie verſchiedentlich gewebet, Und jedes Blaͤschen ſich darauf bald ſenkt, bald hebet, Das alles faͤrbende bewundrungsvolle Licht Sich immer unterſchiedlich bricht, Und tauſend Bindungen von Farben zeuget, Die, da ſie ſich bald naͤhren, bald ſich ſchwaͤchen, Jn ungezaͤhlten Grad- und Miſchungen ſich brechen, Und mit ſo mancherley Verſchiedenheit, Die alle voller Lieblichkeit, Sich, ſanft zuſammenfließend, fuͤgen, Und, da ſie, durch die ſpiegelnde Cryſtallen Der Augen, ins Gehirn durch die zwo Nerven fallen, Durch bunte Harmonie den innern Geiſt vergnuͤgen. Zu- F f
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0469" n="449"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.</hi> </fw><lb/> <lg n="8"> <l>Gewirket und hervorgebracht,</l><lb/> <l>Auf eine Weiſe, die dem Geiſt des kluͤgſten Menſchen<lb/><hi rendition="#et">unbekannt,</hi></l><lb/> <l>Die alle Kunſt beſchaͤmet, beſieget,</l><lb/> <l>Und worinn auch der witzigſte Verſtand,</l><lb/> <l>Wie ſie den Stoff bereitet, webet, fuͤget,</l><lb/> <l>Vermiſcht, verſchraͤnkt, entwickelt und verbindet,</l><lb/> <l>Ein unaufloͤslichs Raͤthſel findet.</l><lb/> <l>Wer kann die Mannichfaltigkeit</l><lb/> <l>Der nimmer fehlenden Erfindung faſſen?</l><lb/> <l>Wer muß in jeder Art bey der Vollkommenheit</l><lb/> <l>Es allemal nicht bloß nur beym Bewundern laſſen?</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Naͤchſt dieſem ſtralet auch, bey ſchoͤner Blumen Flor,</l><lb/> <l>Der Farben helle Pracht und bunter Schmuck hervor,</l><lb/> <l>Worinn ſie gleichſam eingekleidet,</l><lb/> <l>Und woran ſich, ſo bald er ſie erblickt,</l><lb/> <l>Der innre Geiſt durchs Auge weidet.</l><lb/> <l>Die Farben nun entſtehn, aus der, von der Natur</l><lb/> <l>Den Blaͤtterchen verliehenen Strucktur,</l><lb/> <l>Worauf, weil ſie verſchiedentlich gewebet,</l><lb/> <l>Und jedes Blaͤschen ſich darauf bald ſenkt, bald hebet,</l><lb/> <l>Das alles faͤrbende bewundrungsvolle Licht</l><lb/> <l>Sich immer unterſchiedlich bricht,</l><lb/> <l>Und tauſend Bindungen von Farben zeuget,</l><lb/> <l>Die, da ſie ſich bald naͤhren, bald ſich ſchwaͤchen,</l><lb/> <l>Jn ungezaͤhlten Grad- und Miſchungen ſich brechen,</l><lb/> <l>Und mit ſo mancherley Verſchiedenheit,</l><lb/> <l>Die alle voller Lieblichkeit,</l><lb/> <l>Sich, ſanft zuſammenfließend, fuͤgen,</l><lb/> <l>Und, da ſie, durch die ſpiegelnde Cryſtallen</l><lb/> <l>Der Augen, ins Gehirn durch die zwo Nerven fallen,</l><lb/> <l>Durch bunte Harmonie den innern Geiſt vergnuͤgen.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">F f</fw> <fw place="bottom" type="catch">Zu-</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [449/0469]
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Gewirket und hervorgebracht,
Auf eine Weiſe, die dem Geiſt des kluͤgſten Menſchen
unbekannt,
Die alle Kunſt beſchaͤmet, beſieget,
Und worinn auch der witzigſte Verſtand,
Wie ſie den Stoff bereitet, webet, fuͤget,
Vermiſcht, verſchraͤnkt, entwickelt und verbindet,
Ein unaufloͤslichs Raͤthſel findet.
Wer kann die Mannichfaltigkeit
Der nimmer fehlenden Erfindung faſſen?
Wer muß in jeder Art bey der Vollkommenheit
Es allemal nicht bloß nur beym Bewundern laſſen?
Naͤchſt dieſem ſtralet auch, bey ſchoͤner Blumen Flor,
Der Farben helle Pracht und bunter Schmuck hervor,
Worinn ſie gleichſam eingekleidet,
Und woran ſich, ſo bald er ſie erblickt,
Der innre Geiſt durchs Auge weidet.
Die Farben nun entſtehn, aus der, von der Natur
Den Blaͤtterchen verliehenen Strucktur,
Worauf, weil ſie verſchiedentlich gewebet,
Und jedes Blaͤschen ſich darauf bald ſenkt, bald hebet,
Das alles faͤrbende bewundrungsvolle Licht
Sich immer unterſchiedlich bricht,
Und tauſend Bindungen von Farben zeuget,
Die, da ſie ſich bald naͤhren, bald ſich ſchwaͤchen,
Jn ungezaͤhlten Grad- und Miſchungen ſich brechen,
Und mit ſo mancherley Verſchiedenheit,
Die alle voller Lieblichkeit,
Sich, ſanft zuſammenfließend, fuͤgen,
Und, da ſie, durch die ſpiegelnde Cryſtallen
Der Augen, ins Gehirn durch die zwo Nerven fallen,
Durch bunte Harmonie den innern Geiſt vergnuͤgen.
Zu-
F f
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |