Verschiedentlich gerührt, vergnügt, Und, in der Lust, zu Gott geführet, gelabt, erquicket könne werden. Ohn eine solche Fähigkeit, Wär aller Kreaturen Pracht, Glanz, Ordnung und Vollkommenheit, Der Sinnen Werkzeug selbst, für uns umson st gemacht. Nun hat zwar solche Kraft, nebst uns, ein Thiergeist auch, Doch weil demselbigen, bey dieser Kraft Gebrauch, Die edle Kraft der Ueberlegung fehlet, Die sich so wunderbar mit unserm Geist vermählet; Jst unser Vorzug darinn klar, daß wir, bey dem Genuß, auch denken Und unsre Lust dadurch verlängern können. Ja gar, daß Gott die Kraft uns wollen gönnen, Auf ihn, den Ursprung alles Guten, den Geist erkennt- lich hin zu lenken; Jn seinen wunderbaren Werken Nicht nur sein Daseyn zu bemerken, Jhn anzubeten, zu verehren, zu lieben, kindlich zu ver- trauen, Und unser jetz- und künftigs Wohl auf seine Vaterhuld zu bauen. Nach unsers Geists erwognen Kraft, die in uns fühlbar, laßt uns wieder Zum Zweck, zur Absicht unsrer Lieder, Zum Schmuck, zur Pracht der Blumen kehren, Und einige darinn vorhandne Theil' erklären.
Da findet sich zuerst die zierliche Figur Und regelrechte Form, vom Finger der Natur Erstaunenswürdig schön erfunden und erdacht,
Ge-
Vermiſchte Gedichte
Verſchiedentlich geruͤhrt, vergnuͤgt, Und, in der Luſt, zu Gott gefuͤhret, gelabt, erquicket koͤnne werden. Ohn eine ſolche Faͤhigkeit, Waͤr aller Kreaturen Pracht, Glanz, Ordnung und Vollkommenheit, Der Sinnen Werkzeug ſelbſt, fuͤr uns umſon ſt gemacht. Nun hat zwar ſolche Kraft, nebſt uns, ein Thiergeiſt auch, Doch weil demſelbigen, bey dieſer Kraft Gebrauch, Die edle Kraft der Ueberlegung fehlet, Die ſich ſo wunderbar mit unſerm Geiſt vermaͤhlet; Jſt unſer Vorzug darinn klar, daß wir, bey dem Genuß, auch denken Und unſre Luſt dadurch verlaͤngern koͤnnen. Ja gar, daß Gott die Kraft uns wollen goͤnnen, Auf ihn, den Urſprung alles Guten, den Geiſt erkennt- lich hin zu lenken; Jn ſeinen wunderbaren Werken Nicht nur ſein Daſeyn zu bemerken, Jhn anzubeten, zu verehren, zu lieben, kindlich zu ver- trauen, Und unſer jetz- und kuͤnftigs Wohl auf ſeine Vaterhuld zu bauen. Nach unſers Geiſts erwognen Kraft, die in uns fuͤhlbar, laßt uns wieder Zum Zweck, zur Abſicht unſrer Lieder, Zum Schmuck, zur Pracht der Blumen kehren, Und einige darinn vorhandne Theil’ erklaͤren.
Da findet ſich zuerſt die zierliche Figur Und regelrechte Form, vom Finger der Natur Erſtaunenswuͤrdig ſchoͤn erfunden und erdacht,
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Vermiſchte Gedichte
Verſchiedentlich geruͤhrt, vergnuͤgt,
Und, in der Luſt, zu Gott gefuͤhret, gelabt, erquicket
koͤnne werden.
Ohn eine ſolche Faͤhigkeit,
Waͤr aller Kreaturen Pracht,
Glanz, Ordnung und Vollkommenheit,
Der Sinnen Werkzeug ſelbſt, fuͤr uns umſon ſt gemacht.
Nun hat zwar ſolche Kraft, nebſt uns, ein Thiergeiſt
auch,
Doch weil demſelbigen, bey dieſer Kraft Gebrauch,
Die edle Kraft der Ueberlegung fehlet,
Die ſich ſo wunderbar mit unſerm Geiſt vermaͤhlet;
Jſt unſer Vorzug darinn klar, daß wir, bey dem Genuß,
auch denken
Und unſre Luſt dadurch verlaͤngern koͤnnen.
Ja gar, daß Gott die Kraft uns wollen goͤnnen,
Auf ihn, den Urſprung alles Guten, den Geiſt erkennt-
lich hin zu lenken;
Jn ſeinen wunderbaren Werken
Nicht nur ſein Daſeyn zu bemerken,
Jhn anzubeten, zu verehren, zu lieben, kindlich zu ver-
trauen,
Und unſer jetz- und kuͤnftigs Wohl auf ſeine Vaterhuld
zu bauen.
Nach unſers Geiſts erwognen Kraft, die in uns fuͤhlbar,
laßt uns wieder
Zum Zweck, zur Abſicht unſrer Lieder,
Zum Schmuck, zur Pracht der Blumen kehren,
Und einige darinn vorhandne Theil’ erklaͤren.
Da findet ſich zuerſt die zierliche Figur
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/468>, abgerufen am 22.11.2024.
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