Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
zum irdischen Vergnügen in Gott.
Geht über unsere Vernunft, du wirst nichts anders fin-
den können:

Als daß du ihn nun größer schätzest, als des Verstandes
Kräfte gehn;

Wo nicht, so wirst du deutlich finden, und überzeuget zu-
gestehn:

Er sey ganz anders, und du müssest ihn gänzlich unbe-
greiflich nennen,

Wie wirst du denn mit allem Grübeln von seinem Wesen
was erkennen?

Nein, sag ich, sprich doch nicht also: denn an dem uns
geschenkten Geist,

Jn welchem sich ein wirklich Fünkchen, der göttlich ist,
recht deutlich weist,

Jst wenigstens so viel zu merken, durch unumstößlich
helle Schlüsse,

Daß unser allerbestes Theil doch im Verstande liegen
müsse,

Und daß, da Gott ihn uns gegeben, wir billig von ihm
denken sollen,

Daß Gott, da er ihn uns geschenkt, er uns gewiß nicht
täuschen wollen.
Auf! laßt uns denn, was Gottes ist, uns auch bemü-
hen Gott zu geben,

Und, mit den Kräften der Vernunft, des Schöpfers
Größe zu erheben,

Jhn uns so groß man kann, zu zeigen aus seinen Wer-
ken, uns bestreben!

Zumal ja dieses unserm Glauben, und der uns ange-
wiesnen Pflicht,

Nicht, wie man fälschlich glaubt, zugegen, und in der
That nicht widerspricht.
Mich
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Geht uͤber unſere Vernunft, du wirſt nichts anders fin-
den koͤnnen:

Als daß du ihn nun groͤßer ſchaͤtzeſt, als des Verſtandes
Kraͤfte gehn;

Wo nicht, ſo wirſt du deutlich finden, und uͤberzeuget zu-
geſtehn:

Er ſey ganz anders, und du muͤſſeſt ihn gaͤnzlich unbe-
greiflich nennen,

Wie wirſt du denn mit allem Gruͤbeln von ſeinem Weſen
was erkennen?

Nein, ſag ich, ſprich doch nicht alſo: denn an dem uns
geſchenkten Geiſt,

Jn welchem ſich ein wirklich Fuͤnkchen, der goͤttlich iſt,
recht deutlich weiſt,

Jſt wenigſtens ſo viel zu merken, durch unumſtoͤßlich
helle Schluͤſſe,

Daß unſer allerbeſtes Theil doch im Verſtande liegen
muͤſſe,

Und daß, da Gott ihn uns gegeben, wir billig von ihm
denken ſollen,

Daß Gott, da er ihn uns geſchenkt, er uns gewiß nicht
taͤuſchen wollen.
Auf! laßt uns denn, was Gottes iſt, uns auch bemuͤ-
hen Gott zu geben,

Und, mit den Kraͤften der Vernunft, des Schoͤpfers
Groͤße zu erheben,

Jhn uns ſo groß man kann, zu zeigen aus ſeinen Wer-
ken, uns beſtreben!

Zumal ja dieſes unſerm Glauben, und der uns ange-
wieſnen Pflicht,

Nicht, wie man faͤlſchlich glaubt, zugegen, und in der
That nicht widerſpricht.
Mich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0403" n="383"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">zum irdi&#x017F;chen Vergnu&#x0364;gen in Gott.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="6">
            <l>Geht u&#x0364;ber un&#x017F;ere Vernunft, du wir&#x017F;t nichts anders fin-<lb/><hi rendition="#et">den ko&#x0364;nnen:</hi></l><lb/>
            <l>Als daß du ihn nun gro&#x0364;ßer &#x017F;cha&#x0364;tze&#x017F;t, als des Ver&#x017F;tandes<lb/><hi rendition="#et">Kra&#x0364;fte gehn;</hi></l><lb/>
            <l>Wo nicht, &#x017F;o wir&#x017F;t du deutlich finden, und u&#x0364;berzeuget zu-<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;tehn:</hi></l><lb/>
            <l>Er &#x017F;ey ganz anders, und du mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t ihn ga&#x0364;nzlich unbe-<lb/><hi rendition="#et">greiflich nennen,</hi></l><lb/>
            <l>Wie wir&#x017F;t du denn mit allem Gru&#x0364;beln von &#x017F;einem We&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">was erkennen?</hi></l><lb/>
            <l>Nein, &#x017F;ag ich, &#x017F;prich doch nicht al&#x017F;o: denn an dem uns<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;chenkten Gei&#x017F;t,</hi></l><lb/>
            <l>Jn welchem &#x017F;ich ein wirklich Fu&#x0364;nkchen, der go&#x0364;ttlich i&#x017F;t,<lb/><hi rendition="#et">recht deutlich wei&#x017F;t,</hi></l><lb/>
            <l>J&#x017F;t wenig&#x017F;tens &#x017F;o viel zu merken, durch unum&#x017F;to&#x0364;ßlich<lb/><hi rendition="#et">helle Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,</hi></l><lb/>
            <l>Daß un&#x017F;er allerbe&#x017F;tes Theil doch im Ver&#x017F;tande liegen<lb/><hi rendition="#et">mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,</hi></l><lb/>
            <l>Und daß, da Gott ihn uns gegeben, wir billig von ihm<lb/><hi rendition="#et">denken &#x017F;ollen,</hi></l><lb/>
            <l>Daß Gott, da er ihn uns ge&#x017F;chenkt, er uns gewiß nicht<lb/><hi rendition="#et">ta&#x0364;u&#x017F;chen wollen.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Auf! laßt uns denn, was Gottes i&#x017F;t, uns auch bemu&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">hen Gott zu geben,</hi></l><lb/>
            <l>Und, mit den Kra&#x0364;ften der Vernunft, des Scho&#x0364;pfers<lb/><hi rendition="#et">Gro&#x0364;ße zu erheben,</hi></l><lb/>
            <l>Jhn uns &#x017F;o groß man kann, zu zeigen aus &#x017F;einen Wer-<lb/><hi rendition="#et">ken, uns be&#x017F;treben!</hi></l><lb/>
            <l>Zumal ja die&#x017F;es un&#x017F;erm Glauben, und der uns ange-<lb/><hi rendition="#et">wie&#x017F;nen Pflicht,</hi></l><lb/>
            <l>Nicht, wie man fa&#x0364;l&#x017F;chlich glaubt, zugegen, und in der<lb/><hi rendition="#et">That nicht wider&#x017F;pricht.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Mich</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[383/0403] zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Geht uͤber unſere Vernunft, du wirſt nichts anders fin- den koͤnnen: Als daß du ihn nun groͤßer ſchaͤtzeſt, als des Verſtandes Kraͤfte gehn; Wo nicht, ſo wirſt du deutlich finden, und uͤberzeuget zu- geſtehn: Er ſey ganz anders, und du muͤſſeſt ihn gaͤnzlich unbe- greiflich nennen, Wie wirſt du denn mit allem Gruͤbeln von ſeinem Weſen was erkennen? Nein, ſag ich, ſprich doch nicht alſo: denn an dem uns geſchenkten Geiſt, Jn welchem ſich ein wirklich Fuͤnkchen, der goͤttlich iſt, recht deutlich weiſt, Jſt wenigſtens ſo viel zu merken, durch unumſtoͤßlich helle Schluͤſſe, Daß unſer allerbeſtes Theil doch im Verſtande liegen muͤſſe, Und daß, da Gott ihn uns gegeben, wir billig von ihm denken ſollen, Daß Gott, da er ihn uns geſchenkt, er uns gewiß nicht taͤuſchen wollen. Auf! laßt uns denn, was Gottes iſt, uns auch bemuͤ- hen Gott zu geben, Und, mit den Kraͤften der Vernunft, des Schoͤpfers Groͤße zu erheben, Jhn uns ſo groß man kann, zu zeigen aus ſeinen Wer- ken, uns beſtreben! Zumal ja dieſes unſerm Glauben, und der uns ange- wieſnen Pflicht, Nicht, wie man faͤlſchlich glaubt, zugegen, und in der That nicht widerſpricht. Mich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/403
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/403>, abgerufen am 06.05.2024.