Aller Menschen Werk und Wandel Wär in mindrer Sicherheit; Schiffahrt, Kaufmannschaft und Handel Fänden größre Schwierigkeit; Schweiß und Witz wird keiner wollen Dem gemeinen Besten zollen: Wäre nicht das liebe Gold Aller Müh erwünschter Sold.
Die Begierde reich zu werden Zeugt zwar manches Bubenstück: Geiz verursacht auf der Erden Ungezähltes Ungelück: Aber könnt in unserm Leben Den Gebrauch ein Misbrauch heben; Müßt auch Feuer, Stahl und Wein Aus der Welt verbannet seyn.
Eine Prob' hievon zu geben, Wie das Geld so nöthig sey, Lasset uns nur einst das Leben Und die rauhe Barbarey Aller Völker recht betrachten, Die kein Gold, kein Silber achten! Welch ein Leben führen sie? Gleichen sie nicht fast dem Vieh?
Nur für Speis und Trank zu sorgen, Brauchen sie allein Verstand: Künste sind daselbst verborgen, Weisheit ist dort unbekannt. Es besteht all ihr Verlangen Etwan in ein Wild zu fangen, Keiner kennt dort Sicherheit, Wohlstand und Bequemlichkeit.
Spräche
Betrachtungen
Aller Menſchen Werk und Wandel Waͤr in mindrer Sicherheit; Schiffahrt, Kaufmannſchaft und Handel Faͤnden groͤßre Schwierigkeit; Schweiß und Witz wird keiner wollen Dem gemeinen Beſten zollen: Waͤre nicht das liebe Gold Aller Muͤh erwuͤnſchter Sold.
Die Begierde reich zu werden Zeugt zwar manches Bubenſtuͤck: Geiz verurſacht auf der Erden Ungezaͤhltes Ungeluͤck: Aber koͤnnt in unſerm Leben Den Gebrauch ein Misbrauch heben; Muͤßt auch Feuer, Stahl und Wein Aus der Welt verbannet ſeyn.
Eine Prob’ hievon zu geben, Wie das Geld ſo noͤthig ſey, Laſſet uns nur einſt das Leben Und die rauhe Barbarey Aller Voͤlker recht betrachten, Die kein Gold, kein Silber achten! Welch ein Leben fuͤhren ſie? Gleichen ſie nicht faſt dem Vieh?
Nur fuͤr Speis und Trank zu ſorgen, Brauchen ſie allein Verſtand: Kuͤnſte ſind daſelbſt verborgen, Weisheit iſt dort unbekannt. Es beſteht all ihr Verlangen Etwan in ein Wild zu fangen, Keiner kennt dort Sicherheit, Wohlſtand und Bequemlichkeit.
Spraͤche
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Betrachtungen
Aller Menſchen Werk und Wandel
Waͤr in mindrer Sicherheit;
Schiffahrt, Kaufmannſchaft und Handel
Faͤnden groͤßre Schwierigkeit;
Schweiß und Witz wird keiner wollen
Dem gemeinen Beſten zollen:
Waͤre nicht das liebe Gold
Aller Muͤh erwuͤnſchter Sold.
Die Begierde reich zu werden
Zeugt zwar manches Bubenſtuͤck:
Geiz verurſacht auf der Erden
Ungezaͤhltes Ungeluͤck:
Aber koͤnnt in unſerm Leben
Den Gebrauch ein Misbrauch heben;
Muͤßt auch Feuer, Stahl und Wein
Aus der Welt verbannet ſeyn.
Eine Prob’ hievon zu geben,
Wie das Geld ſo noͤthig ſey,
Laſſet uns nur einſt das Leben
Und die rauhe Barbarey
Aller Voͤlker recht betrachten,
Die kein Gold, kein Silber achten!
Welch ein Leben fuͤhren ſie?
Gleichen ſie nicht faſt dem Vieh?
Nur fuͤr Speis und Trank zu ſorgen,
Brauchen ſie allein Verſtand:
Kuͤnſte ſind daſelbſt verborgen,
Weisheit iſt dort unbekannt.
Es beſteht all ihr Verlangen
Etwan in ein Wild zu fangen,
Keiner kennt dort Sicherheit,
Wohlſtand und Bequemlichkeit.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/30>, abgerufen am 28.03.2024.
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