Es bleibt so gar in der Natur, (Da Gott uns nicht will wissen lassen, Auf welche Weis' und Art er wirkt,) auch bey dem Glau- ben ganz allein, Und muß das Ende der Vernunft auch hier des Glau- bens Anfang seyn. Wir sind uns zu vergnügen schuldig an der Geschöpfe Nutz und Pracht, Und den in Demuth und Bewundrung zu ehren, welcher sie gemacht. Es scheint im Geist- und Leiblichen, als ob der große Schöpfer wolle, Daß man, vergnügt mit seiner Gnad', ihm die Ver- nunft zum Opfer zolle. Dieß wird am füglichsten geschehn, wenn wir derselben rege Kraft Auf die nebst uns geschaffner Wesen bewundernswerthe Eigenschaft Nach Möglichkeit vorher gelenkt, und in derselben Wun- derwerken, Als wie im wahren Buch' der Weisheit, ihn, als den Jnhalt, zu bemerken, Mit Ernst und Andacht uns bemüht; da wir zugleich auf dieser Erden Die Kleinheit unserer Vernunft, und seine Größ' erkennen werden.
Wenn wir bey Thieren überhaupt die Arten ihrer Zeu- gung sehn, So werden wir in ihnen finden und voll Verwunderung gestehn, Daß, von den Menschen anzurechnen, sie gleichsam staf- felweise gehn.
Der
Betrachtungen
Es bleibt ſo gar in der Natur, (Da Gott uns nicht will wiſſen laſſen, Auf welche Weiſ’ und Art er wirkt,) auch bey dem Glau- ben ganz allein, Und muß das Ende der Vernunft auch hier des Glau- bens Anfang ſeyn. Wir ſind uns zu vergnuͤgen ſchuldig an der Geſchoͤpfe Nutz und Pracht, Und den in Demuth und Bewundrung zu ehren, welcher ſie gemacht. Es ſcheint im Geiſt- und Leiblichen, als ob der große Schoͤpfer wolle, Daß man, vergnuͤgt mit ſeiner Gnad’, ihm die Ver- nunft zum Opfer zolle. Dieß wird am fuͤglichſten geſchehn, wenn wir derſelben rege Kraft Auf die nebſt uns geſchaffner Weſen bewundernswerthe Eigenſchaft Nach Moͤglichkeit vorher gelenkt, und in derſelben Wun- derwerken, Als wie im wahren Buch’ der Weisheit, ihn, als den Jnhalt, zu bemerken, Mit Ernſt und Andacht uns bemuͤht; da wir zugleich auf dieſer Erden Die Kleinheit unſerer Vernunft, und ſeine Groͤß’ erkennen werden.
Wenn wir bey Thieren uͤberhaupt die Arten ihrer Zeu- gung ſehn, So werden wir in ihnen finden und voll Verwunderung geſtehn, Daß, von den Menſchen anzurechnen, ſie gleichſam ſtaf- felweiſe gehn.
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Betrachtungen
Es bleibt ſo gar in der Natur,
(Da Gott uns nicht will wiſſen laſſen,
Auf welche Weiſ’ und Art er wirkt,) auch bey dem Glau-
ben ganz allein,
Und muß das Ende der Vernunft auch hier des Glau-
bens Anfang ſeyn.
Wir ſind uns zu vergnuͤgen ſchuldig an der Geſchoͤpfe
Nutz und Pracht,
Und den in Demuth und Bewundrung zu ehren, welcher
ſie gemacht.
Es ſcheint im Geiſt- und Leiblichen, als ob der große
Schoͤpfer wolle,
Daß man, vergnuͤgt mit ſeiner Gnad’, ihm die Ver-
nunft zum Opfer zolle.
Dieß wird am fuͤglichſten geſchehn, wenn wir derſelben
rege Kraft
Auf die nebſt uns geſchaffner Weſen bewundernswerthe
Eigenſchaft
Nach Moͤglichkeit vorher gelenkt, und in derſelben Wun-
derwerken,
Als wie im wahren Buch’ der Weisheit, ihn, als den
Jnhalt, zu bemerken,
Mit Ernſt und Andacht uns bemuͤht; da wir zugleich
auf dieſer Erden
Die Kleinheit unſerer Vernunft, und ſeine Groͤß’ erkennen
werden.
Wenn wir bey Thieren uͤberhaupt die Arten ihrer Zeu-
gung ſehn,
So werden wir in ihnen finden und voll Verwunderung
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Daß, von den Menſchen anzurechnen, ſie gleichſam ſtaf-
felweiſe gehn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/252>, abgerufen am 16.07.2024.
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