Da aller Stoff von einer Art, und wir, wenn wir uns selbst besehn, Sammt unsers ganzen Körpers Theilen sowohl aus keinen andern Dingen, Als woraus unsers Samens Stoff und inners Seyn be- steht, bestehn.
So viel annoch nun von der Thiere lebend'gen Gei- stern sich wird fassen Und auch von den empfindlichen von uns sich wird be- greifen lassen, So scheinen lebendige Geister im Thier' in nichts sonst zu bestehn, Als bloß in einer Art von Wärme, die durch den ganzen Körper dringet, Und (da sie mehrentheils im Blut) ihm Nahrung und den Wachsthum bringet, Nicht minder die Vermehrungskraft. So viel wir von den andern sehn, Die wir am Thier' empfindlich nennen, Und sie vielleicht mit Unrecht trennen, So kann sie fast nichts anders seyn, wenn wir auf ihre Wirkung achten, Und sie bey Thieren, auch bey uns, so viel uns möglich ist, betrachten, Als Geistigkeiten, welche sinnlich, und welche durch die Nerven gehn, Sich durch den ganzen Leib verbreiten, und oben im Ge- hirn entstehn. Wobey wir denn erinnern müssen, daß, wie der Weisen Hauf es meynet, Und wie es, wenn man's recht ergründet, auch in der That nicht anders scheinet,
Wir
Betrachtungen
Da aller Stoff von einer Art, und wir, wenn wir uns ſelbſt beſehn, Sammt unſers ganzen Koͤrpers Theilen ſowohl aus keinen andern Dingen, Als woraus unſers Samens Stoff und inners Seyn be- ſteht, beſtehn.
So viel annoch nun von der Thiere lebend’gen Gei- ſtern ſich wird faſſen Und auch von den empfindlichen von uns ſich wird be- greifen laſſen, So ſcheinen lebendige Geiſter im Thier’ in nichts ſonſt zu beſtehn, Als bloß in einer Art von Waͤrme, die durch den ganzen Koͤrper dringet, Und (da ſie mehrentheils im Blut) ihm Nahrung und den Wachsthum bringet, Nicht minder die Vermehrungskraft. So viel wir von den andern ſehn, Die wir am Thier’ empfindlich nennen, Und ſie vielleicht mit Unrecht trennen, So kann ſie faſt nichts anders ſeyn, wenn wir auf ihre Wirkung achten, Und ſie bey Thieren, auch bey uns, ſo viel uns moͤglich iſt, betrachten, Als Geiſtigkeiten, welche ſinnlich, und welche durch die Nerven gehn, Sich durch den ganzen Leib verbreiten, und oben im Ge- hirn entſtehn. Wobey wir denn erinnern muͤſſen, daß, wie der Weiſen Hauf es meynet, Und wie es, wenn man’s recht ergruͤndet, auch in der That nicht anders ſcheinet,
Wir
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Betrachtungen
Da aller Stoff von einer Art, und wir, wenn wir uns
ſelbſt beſehn,
Sammt unſers ganzen Koͤrpers Theilen ſowohl aus keinen
andern Dingen,
Als woraus unſers Samens Stoff und inners Seyn be-
ſteht, beſtehn.
So viel annoch nun von der Thiere lebend’gen Gei-
ſtern ſich wird faſſen
Und auch von den empfindlichen von uns ſich wird be-
greifen laſſen,
So ſcheinen lebendige Geiſter im Thier’ in nichts ſonſt
zu beſtehn,
Als bloß in einer Art von Waͤrme, die durch den ganzen
Koͤrper dringet,
Und (da ſie mehrentheils im Blut) ihm Nahrung und
den Wachsthum bringet,
Nicht minder die Vermehrungskraft. So viel wir von
den andern ſehn,
Die wir am Thier’ empfindlich nennen,
Und ſie vielleicht mit Unrecht trennen,
So kann ſie faſt nichts anders ſeyn, wenn wir auf ihre
Wirkung achten,
Und ſie bey Thieren, auch bey uns, ſo viel uns moͤglich
iſt, betrachten,
Als Geiſtigkeiten, welche ſinnlich, und welche durch
die Nerven gehn,
Sich durch den ganzen Leib verbreiten, und oben im Ge-
hirn entſtehn.
Wobey wir denn erinnern muͤſſen, daß, wie der Weiſen
Hauf es meynet,
Und wie es, wenn man’s recht ergruͤndet, auch in der
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/250>, abgerufen am 16.07.2024.
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