Die Striche richtig abzutheilen, sie zu zertheilen, zu ver- binden, Auf der ganz leeren Schilderey, allein der denkende Ver- stand Nach der entworfenen Jdee, vermittelst der geschickten Hand. Du wirfst vielleicht hierwider ein: Dieß Gleichniß schicke sich nicht hier, und könn' hier gar nicht brauchbar seyn, Jndem im Samen Hände fehlten. Zwar Menschen- hände, das ist wahr, Doch göttliches Vermögen nicht! Es ist ja dieß auch offenbar, Daß der Natur, die unsre Hände ja selber sonder Hand formirt, Die alles auf der Welt gebildet, und die die Welt so schön geziert, Es nicht an Wegen fehlen wird, so unzählbare Trefflich- keiten, Mit uns ganz unbekanntem Werkzeug, ohn' Hand und Finger zu bereiten. Hier hindert nicht des Raumes Kleinheit, auch nicht des Stoffs Verächtlichkeit: Die Kleinheit ist für sich nicht klein, sie zeiget unsre Kleinheit nur, Als die wir nicht zu sehen fähig die Werk' im Wege der Natur, Die sich darinn vor uns verbirgt, und die zu diesem End- zweck eben, Sich nicht zu zeigen, uns die Sinnen vielleicht nicht scharf genug gegeben. Des Stoffs Verächtlichkeit sollt' uns am wenigsten noch Anstoß bringeu,
Da
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uͤber das Reich der Thiere.
Die Striche richtig abzutheilen, ſie zu zertheilen, zu ver- binden, Auf der ganz leeren Schilderey, allein der denkende Ver- ſtand Nach der entworfenen Jdee, vermittelſt der geſchickten Hand. Du wirfſt vielleicht hierwider ein: Dieß Gleichniß ſchicke ſich nicht hier, und koͤnn’ hier gar nicht brauchbar ſeyn, Jndem im Samen Haͤnde fehlten. Zwar Menſchen- haͤnde, das iſt wahr, Doch goͤttliches Vermoͤgen nicht! Es iſt ja dieß auch offenbar, Daß der Natur, die unſre Haͤnde ja ſelber ſonder Hand formirt, Die alles auf der Welt gebildet, und die die Welt ſo ſchoͤn geziert, Es nicht an Wegen fehlen wird, ſo unzaͤhlbare Trefflich- keiten, Mit uns ganz unbekanntem Werkzeug, ohn’ Hand und Finger zu bereiten. Hier hindert nicht des Raumes Kleinheit, auch nicht des Stoffs Veraͤchtlichkeit: Die Kleinheit iſt fuͤr ſich nicht klein, ſie zeiget unſre Kleinheit nur, Als die wir nicht zu ſehen faͤhig die Werk’ im Wege der Natur, Die ſich darinn vor uns verbirgt, und die zu dieſem End- zweck eben, Sich nicht zu zeigen, uns die Sinnen vielleicht nicht ſcharf genug gegeben. Des Stoffs Veraͤchtlichkeit ſollt’ uns am wenigſten noch Anſtoß bringeu,
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uͤber das Reich der Thiere.
Die Striche richtig abzutheilen, ſie zu zertheilen, zu ver-
binden,
Auf der ganz leeren Schilderey, allein der denkende Ver-
ſtand
Nach der entworfenen Jdee, vermittelſt der geſchickten
Hand.
Du wirfſt vielleicht hierwider ein:
Dieß Gleichniß ſchicke ſich nicht hier, und koͤnn’ hier gar
nicht brauchbar ſeyn,
Jndem im Samen Haͤnde fehlten. Zwar Menſchen-
haͤnde, das iſt wahr,
Doch goͤttliches Vermoͤgen nicht! Es iſt ja dieß auch
offenbar,
Daß der Natur, die unſre Haͤnde ja ſelber ſonder Hand
formirt,
Die alles auf der Welt gebildet, und die die Welt ſo
ſchoͤn geziert,
Es nicht an Wegen fehlen wird, ſo unzaͤhlbare Trefflich-
keiten,
Mit uns ganz unbekanntem Werkzeug, ohn’ Hand und
Finger zu bereiten.
Hier hindert nicht des Raumes Kleinheit, auch nicht
des Stoffs Veraͤchtlichkeit:
Die Kleinheit iſt fuͤr ſich nicht klein, ſie zeiget unſre
Kleinheit nur,
Als die wir nicht zu ſehen faͤhig die Werk’ im Wege der
Natur,
Die ſich darinn vor uns verbirgt, und die zu dieſem End-
zweck eben,
Sich nicht zu zeigen, uns die Sinnen vielleicht nicht
ſcharf genug gegeben.
Des Stoffs Veraͤchtlichkeit ſollt’ uns am wenigſten noch
Anſtoß bringeu,
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/249>, abgerufen am 16.07.2024.
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