Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Betrachtungen
Es ist diese Frucht an Kräften,
An Geschmack, Gestalt, Natur,
An so wohlgemischten Säften,
Farb und Bildungen nicht nur
Von den andern unterschieden,
Sondern nützt auch einem jeden,
Ja es ist ihr Laub so gar
Nützlich, dienlich, wunderbar.
Diese Blätter sind die Speise
Der Geschöpfe, welche dir
Auf so wunderbare Weise,
So zum Nutzen, als zur Zier,
Die beliebte Seide weben.
Aller Seidenwürmer Leben,
Das stets vielen Vortheil gab,
Hängt von Maulbeerblättern ab.
Wenn man allen Nutz entdecket,
Der in dieser Blätter Saft
Wunderbar verborgen stecket;
Wenn man, wie durch Kaufmannschaft
So verschiedne Nationen
Ungezählte Millionen
Durch die Seid' erworben, denkt:
O, so dankt dem, der sie schenkt!
Laßt uns nun auch selbst die Früchte
Dieses Wunderbaums besehn!
Sie sind an Größ' und Gewichte
Nicht beträchtlich, oder schön;
Aber an Erfrischungskräften,
Und an säu'rlichsüßen Säften,
Sind dieselben wunderreich,
Daß fast keine Frucht ihr gleich.
Jhre
Betrachtungen
Es iſt dieſe Frucht an Kraͤften,
An Geſchmack, Geſtalt, Natur,
An ſo wohlgemiſchten Saͤften,
Farb und Bildungen nicht nur
Von den andern unterſchieden,
Sondern nuͤtzt auch einem jeden,
Ja es iſt ihr Laub ſo gar
Nuͤtzlich, dienlich, wunderbar.
Dieſe Blaͤtter ſind die Speiſe
Der Geſchoͤpfe, welche dir
Auf ſo wunderbare Weiſe,
So zum Nutzen, als zur Zier,
Die beliebte Seide weben.
Aller Seidenwuͤrmer Leben,
Das ſtets vielen Vortheil gab,
Haͤngt von Maulbeerblaͤttern ab.
Wenn man allen Nutz entdecket,
Der in dieſer Blaͤtter Saft
Wunderbar verborgen ſtecket;
Wenn man, wie durch Kaufmannſchaft
So verſchiedne Nationen
Ungezaͤhlte Millionen
Durch die Seid’ erworben, denkt:
O, ſo dankt dem, der ſie ſchenkt!
Laßt uns nun auch ſelbſt die Fruͤchte
Dieſes Wunderbaums beſehn!
Sie ſind an Groͤß’ und Gewichte
Nicht betraͤchtlich, oder ſchoͤn;
Aber an Erfriſchungskraͤften,
Und an ſaͤu’rlichſuͤßen Saͤften,
Sind dieſelben wunderreich,
Daß faſt keine Frucht ihr gleich.
Jhre
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0192" n="172"/>
        <fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/>
        <lg n="670">
          <l>Es i&#x017F;t die&#x017F;e Frucht an Kra&#x0364;ften,</l><lb/>
          <l>An Ge&#x017F;chmack, Ge&#x017F;talt, Natur,</l><lb/>
          <l>An &#x017F;o wohlgemi&#x017F;chten Sa&#x0364;ften,</l><lb/>
          <l>Farb und Bildungen nicht nur</l><lb/>
          <l>Von den andern unter&#x017F;chieden,</l><lb/>
          <l>Sondern nu&#x0364;tzt auch einem jeden,</l><lb/>
          <l>Ja es i&#x017F;t ihr Laub &#x017F;o gar</l><lb/>
          <l>Nu&#x0364;tzlich, dienlich, wunderbar.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="671">
          <l>Die&#x017F;e Bla&#x0364;tter &#x017F;ind die Spei&#x017F;e</l><lb/>
          <l>Der Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe, welche dir</l><lb/>
          <l>Auf &#x017F;o wunderbare Wei&#x017F;e,</l><lb/>
          <l>So zum Nutzen, als zur Zier,</l><lb/>
          <l>Die beliebte Seide weben.</l><lb/>
          <l>Aller Seidenwu&#x0364;rmer Leben,</l><lb/>
          <l>Das &#x017F;tets vielen Vortheil gab,</l><lb/>
          <l>Ha&#x0364;ngt von Maulbeerbla&#x0364;ttern ab.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="672">
          <l>Wenn man allen Nutz entdecket,</l><lb/>
          <l>Der in die&#x017F;er Bla&#x0364;tter Saft</l><lb/>
          <l>Wunderbar verborgen &#x017F;tecket;</l><lb/>
          <l>Wenn man, wie durch Kaufmann&#x017F;chaft</l><lb/>
          <l>So ver&#x017F;chiedne Nationen</l><lb/>
          <l>Ungeza&#x0364;hlte Millionen</l><lb/>
          <l>Durch die Seid&#x2019; erworben, denkt:</l><lb/>
          <l>O, &#x017F;o dankt dem, der &#x017F;ie &#x017F;chenkt!</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="673">
          <l>Laßt uns nun auch &#x017F;elb&#x017F;t die Fru&#x0364;chte</l><lb/>
          <l>Die&#x017F;es Wunderbaums be&#x017F;ehn!</l><lb/>
          <l>Sie &#x017F;ind an Gro&#x0364;ß&#x2019; und Gewichte</l><lb/>
          <l>Nicht betra&#x0364;chtlich, oder &#x017F;cho&#x0364;n;</l><lb/>
          <l>Aber an Erfri&#x017F;chungskra&#x0364;ften,</l><lb/>
          <l>Und an &#x017F;a&#x0364;u&#x2019;rlich&#x017F;u&#x0364;ßen Sa&#x0364;ften,</l><lb/>
          <l>Sind die&#x017F;elben wunderreich,</l><lb/>
          <l>Daß fa&#x017F;t keine Frucht ihr gleich.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Jhre</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0192] Betrachtungen Es iſt dieſe Frucht an Kraͤften, An Geſchmack, Geſtalt, Natur, An ſo wohlgemiſchten Saͤften, Farb und Bildungen nicht nur Von den andern unterſchieden, Sondern nuͤtzt auch einem jeden, Ja es iſt ihr Laub ſo gar Nuͤtzlich, dienlich, wunderbar. Dieſe Blaͤtter ſind die Speiſe Der Geſchoͤpfe, welche dir Auf ſo wunderbare Weiſe, So zum Nutzen, als zur Zier, Die beliebte Seide weben. Aller Seidenwuͤrmer Leben, Das ſtets vielen Vortheil gab, Haͤngt von Maulbeerblaͤttern ab. Wenn man allen Nutz entdecket, Der in dieſer Blaͤtter Saft Wunderbar verborgen ſtecket; Wenn man, wie durch Kaufmannſchaft So verſchiedne Nationen Ungezaͤhlte Millionen Durch die Seid’ erworben, denkt: O, ſo dankt dem, der ſie ſchenkt! Laßt uns nun auch ſelbſt die Fruͤchte Dieſes Wunderbaums beſehn! Sie ſind an Groͤß’ und Gewichte Nicht betraͤchtlich, oder ſchoͤn; Aber an Erfriſchungskraͤften, Und an ſaͤu’rlichſuͤßen Saͤften, Sind dieſelben wunderreich, Daß faſt keine Frucht ihr gleich. Jhre

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/192
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/192>, abgerufen am 25.11.2024.