Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Der neue Wald.
Uns, durch den Schirm der Bäume, schützet.
Er zieht uns, in der Luft, der Luft und Erde Zier,
Die Wipfel grüner Bäum', als grüne Wolken, für,
Um, was im Sonnen-Feur für uns zu viel, zu mindern,
Und ihrer Stralen Kraft zu mildern und zu lindern,
Wodurch zugleich, nebst dem empfindlichen Gefühl,
Durch das gemilderte, gebrochne Licht,
Das tausendfach gefärbt, dem forschenden Gesicht,
Da viele Stellen hier im hellen, dort im dunkeln,
Dort im gemischten, gelb- und grünen Feuer funkeln,
Ein' Anmuht wiederfährt. Wenn man den Blick nun lenkt
Jn das verwachsene Gebüsch, und hier und dar,
Den oft zurückgewiesnen Strahl der Augen senkt;
Was wird man überall für Wunder nicht gewahr!
Auf tausend Art gekrümmte Zweige, auf tausend Art geborst-
ne Knäste,
Auf tausend Art bewachs'ne Stämm', auf tausend Art gedreh-
te Aeste,
Auf tausend Art geformte Blätter, Gesträucher, Kräuter,
Gras und Klee,
Die den mit Klee bedeckten Boden geschmücket und bedecket
hatten,
Auf tausend Art formirte Lichter, auf tausend Art geformte
Schatten,
Auf tausend Art verworrne Hecken, bald niedrig und bald in
der Höh.
Man sah, wie hier im Sonnen-Strahl, und dort auf einem
dunklen Grunde,
Dort eine Menge dunkler Stämme, hier weisser Birken
Stämme stunde,
Die
Der neue Wald.
Uns, durch den Schirm der Baͤume, ſchuͤtzet.
Er zieht uns, in der Luft, der Luft und Erde Zier,
Die Wipfel gruͤner Baͤum’, als gruͤne Wolken, fuͤr,
Um, was im Sonnen-Feur fuͤr uns zu viel, zu mindern,
Und ihrer Stralen Kraft zu mildern und zu lindern,
Wodurch zugleich, nebſt dem empfindlichen Gefuͤhl,
Durch das gemilderte, gebrochne Licht,
Das tauſendfach gefaͤrbt, dem forſchenden Geſicht,
Da viele Stellen hier im hellen, dort im dunkeln,
Dort im gemiſchten, gelb- und gruͤnen Feuer funkeln,
Ein’ Anmuht wiederfaͤhrt. Wenn man den Blick nun lenkt
Jn das verwachſene Gebuͤſch, und hier und dar,
Den oft zuruͤckgewieſnen Strahl der Augen ſenkt;
Was wird man uͤberall fuͤr Wunder nicht gewahr!
Auf tauſend Art gekruͤmmte Zweige, auf tauſend Art geborſt-
ne Knaͤſte,
Auf tauſend Art bewachſ’ne Staͤmm’, auf tauſend Art gedreh-
te Aeſte,
Auf tauſend Art geformte Blaͤtter, Geſtraͤucher, Kraͤuter,
Gras und Klee,
Die den mit Klee bedeckten Boden geſchmuͤcket und bedecket
hatten,
Auf tauſend Art formirte Lichter, auf tauſend Art geformte
Schatten,
Auf tauſend Art verworrne Hecken, bald niedrig und bald in
der Hoͤh.
Man ſah, wie hier im Sonnen-Strahl, und dort auf einem
dunklen Grunde,
Dort eine Menge dunkler Staͤmme, hier weiſſer Birken
Staͤmme ſtunde,
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0088" n="70"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der neue Wald.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="7">
                <l>Uns, durch den Schirm der Ba&#x0364;ume, &#x017F;chu&#x0364;tzet.</l><lb/>
                <l>Er zieht uns, in der Luft, der Luft und Erde Zier,</l><lb/>
                <l>Die Wipfel gru&#x0364;ner Ba&#x0364;um&#x2019;, als gru&#x0364;ne Wolken, fu&#x0364;r,</l><lb/>
                <l>Um, was im Sonnen-Feur fu&#x0364;r uns zu viel, zu mindern,</l><lb/>
                <l>Und ihrer Stralen Kraft zu mildern und zu lindern,</l><lb/>
                <l>Wodurch zugleich, neb&#x017F;t dem empfindlichen Gefu&#x0364;hl,</l><lb/>
                <l>Durch das gemilderte, gebrochne Licht,</l><lb/>
                <l>Das tau&#x017F;endfach gefa&#x0364;rbt, dem for&#x017F;chenden Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
                <l>Da viele Stellen hier im hellen, dort im dunkeln,</l><lb/>
                <l>Dort im gemi&#x017F;chten, gelb- und gru&#x0364;nen Feuer funkeln,</l><lb/>
                <l>Ein&#x2019; Anmuht wiederfa&#x0364;hrt. Wenn man den Blick nun lenkt</l><lb/>
                <l>Jn das verwach&#x017F;ene Gebu&#x0364;&#x017F;ch, und hier und dar,</l><lb/>
                <l>Den oft zuru&#x0364;ckgewie&#x017F;nen Strahl der Augen &#x017F;enkt;</l><lb/>
                <l>Was wird man u&#x0364;berall fu&#x0364;r Wunder nicht gewahr!</l><lb/>
                <l>Auf tau&#x017F;end Art gekru&#x0364;mmte Zweige, auf tau&#x017F;end Art gebor&#x017F;t-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ne Kna&#x0364;&#x017F;te,</hi> </l><lb/>
                <l>Auf tau&#x017F;end Art bewach&#x017F;&#x2019;ne Sta&#x0364;mm&#x2019;, auf tau&#x017F;end Art gedreh-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">te Ae&#x017F;te,</hi> </l><lb/>
                <l>Auf tau&#x017F;end Art geformte Bla&#x0364;tter, Ge&#x017F;tra&#x0364;ucher, Kra&#x0364;uter,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Gras und Klee,</hi> </l><lb/>
                <l>Die den mit Klee bedeckten Boden ge&#x017F;chmu&#x0364;cket und bedecket</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">hatten,</hi> </l><lb/>
                <l>Auf tau&#x017F;end Art formirte Lichter, auf tau&#x017F;end Art geformte</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Schatten,</hi> </l><lb/>
                <l>Auf tau&#x017F;end Art verworrne Hecken, bald niedrig und bald in</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">der Ho&#x0364;h.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="8">
                <l>Man &#x017F;ah, wie hier im Sonnen-Strahl, und dort auf einem</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">dunklen Grunde,</hi> </l><lb/>
                <l>Dort eine Menge dunkler Sta&#x0364;mme, hier wei&#x017F;&#x017F;er Birken</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Sta&#x0364;mme &#x017F;tunde,</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0088] Der neue Wald. Uns, durch den Schirm der Baͤume, ſchuͤtzet. Er zieht uns, in der Luft, der Luft und Erde Zier, Die Wipfel gruͤner Baͤum’, als gruͤne Wolken, fuͤr, Um, was im Sonnen-Feur fuͤr uns zu viel, zu mindern, Und ihrer Stralen Kraft zu mildern und zu lindern, Wodurch zugleich, nebſt dem empfindlichen Gefuͤhl, Durch das gemilderte, gebrochne Licht, Das tauſendfach gefaͤrbt, dem forſchenden Geſicht, Da viele Stellen hier im hellen, dort im dunkeln, Dort im gemiſchten, gelb- und gruͤnen Feuer funkeln, Ein’ Anmuht wiederfaͤhrt. Wenn man den Blick nun lenkt Jn das verwachſene Gebuͤſch, und hier und dar, Den oft zuruͤckgewieſnen Strahl der Augen ſenkt; Was wird man uͤberall fuͤr Wunder nicht gewahr! Auf tauſend Art gekruͤmmte Zweige, auf tauſend Art geborſt- ne Knaͤſte, Auf tauſend Art bewachſ’ne Staͤmm’, auf tauſend Art gedreh- te Aeſte, Auf tauſend Art geformte Blaͤtter, Geſtraͤucher, Kraͤuter, Gras und Klee, Die den mit Klee bedeckten Boden geſchmuͤcket und bedecket hatten, Auf tauſend Art formirte Lichter, auf tauſend Art geformte Schatten, Auf tauſend Art verworrne Hecken, bald niedrig und bald in der Hoͤh. Man ſah, wie hier im Sonnen-Strahl, und dort auf einem dunklen Grunde, Dort eine Menge dunkler Staͤmme, hier weiſſer Birken Staͤmme ſtunde, Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/88
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/88>, abgerufen am 18.05.2024.