Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Der neue Wald.
Und unsers Schöpfers Lieb und Macht,
Gelegenheit gehabt, noch ferner zu besingen.
Wo auf der Erden Licht und Schatten
An einem Ort sich lieblich gatten,
So ist dasselbe wunderschön,
Jn einem dichten Wald, zu sehn.
Ein jedes Blatt zeigt dem Gesicht,
Bey manchem Schatten, manches Licht.
Bald schwärzt ein Blatt sich halb, bald ganz,
Bald schmückt es schnell ein heller Glanz,
Bald, wenn der West-Wind lieblich kühlet,
Und mit den schwanken Zweigen spielet,
Wird dieß von jenem Blatt bedeckt,
Das wiederum von dem versteckt.
Bald sieht man einige sich gleichsam recht vergülden,
Bald andre, die nicht da, im Schatten nett sich bilden,
Die oft an weisse Stämm' auf Zweige deutlich fallen,
Und öfters still, und oft sanft, hin und wieder wallen.
Die Gipfel scheinen sich, zu diesem Zweck allein,
So angenehm zu neigen und zu ründen,
Daß, vor der Sonnen strengem Schein,
Wir ein gesichert Schirm-Dach finden.
Es scheint das zarte Laub sich, als mit Fleiß,
Recht Schuppen-weis' und dicht, zu fügen und zu schliessen,
Daß wir, wenn es zu schwühl und heiß,
Der süssen Kühlung Lust geniessen,
Uns in den grünen Schatten legen,
Und Dessen Güte preisen mögen,
Der vor der starken Sonnen-Gluht,
Die unserm Korn und unsrer Saat zwar nützet,
Und aller Frucht so nöhtig thut,
Vor uns jedoch zu heftig blitzet,
Uns,
E 3
Der neue Wald.
Und unſers Schoͤpfers Lieb und Macht,
Gelegenheit gehabt, noch ferner zu beſingen.
Wo auf der Erden Licht und Schatten
An einem Ort ſich lieblich gatten,
So iſt daſſelbe wunderſchoͤn,
Jn einem dichten Wald, zu ſehn.
Ein jedes Blatt zeigt dem Geſicht,
Bey manchem Schatten, manches Licht.
Bald ſchwaͤrzt ein Blatt ſich halb, bald ganz,
Bald ſchmuͤckt es ſchnell ein heller Glanz,
Bald, wenn der Weſt-Wind lieblich kuͤhlet,
Und mit den ſchwanken Zweigen ſpielet,
Wird dieß von jenem Blatt bedeckt,
Das wiederum von dem verſteckt.
Bald ſieht man einige ſich gleichſam recht verguͤlden,
Bald andre, die nicht da, im Schatten nett ſich bilden,
Die oft an weiſſe Staͤmm’ auf Zweige deutlich fallen,
Und oͤfters ſtill, und oft ſanft, hin und wieder wallen.
Die Gipfel ſcheinen ſich, zu dieſem Zweck allein,
So angenehm zu neigen und zu ruͤnden,
Daß, vor der Sonnen ſtrengem Schein,
Wir ein geſichert Schirm-Dach finden.
Es ſcheint das zarte Laub ſich, als mit Fleiß,
Recht Schuppen-weiſ’ und dicht, zu fuͤgen und zu ſchlieſſen,
Daß wir, wenn es zu ſchwuͤhl und heiß,
Der ſuͤſſen Kuͤhlung Luſt genieſſen,
Uns in den gruͤnen Schatten legen,
Und Deſſen Guͤte preiſen moͤgen,
Der vor der ſtarken Sonnen-Gluht,
Die unſerm Korn und unſrer Saat zwar nuͤtzet,
Und aller Frucht ſo noͤhtig thut,
Vor uns jedoch zu heftig blitzet,
Uns,
E 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0087" n="69"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der neue Wald.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Und un&#x017F;ers Scho&#x0364;pfers Lieb und Macht,</l><lb/>
                <l>Gelegenheit gehabt, noch ferner zu be&#x017F;ingen.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Wo auf der Erden Licht und Schatten</l><lb/>
                <l>An einem Ort &#x017F;ich lieblich gatten,</l><lb/>
                <l>So i&#x017F;t da&#x017F;&#x017F;elbe wunder&#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
                <l>Jn einem dichten Wald, zu &#x017F;ehn.</l><lb/>
                <l>Ein jedes Blatt zeigt dem Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
                <l>Bey manchem Schatten, manches Licht.</l><lb/>
                <l>Bald &#x017F;chwa&#x0364;rzt ein Blatt &#x017F;ich halb, bald ganz,</l><lb/>
                <l>Bald &#x017F;chmu&#x0364;ckt es &#x017F;chnell ein heller Glanz,</l><lb/>
                <l>Bald, wenn der We&#x017F;t-Wind lieblich ku&#x0364;hlet,</l><lb/>
                <l>Und mit den &#x017F;chwanken Zweigen &#x017F;pielet,</l><lb/>
                <l>Wird dieß von jenem Blatt bedeckt,</l><lb/>
                <l>Das wiederum von dem ver&#x017F;teckt.</l><lb/>
                <l>Bald &#x017F;ieht man einige &#x017F;ich gleich&#x017F;am recht vergu&#x0364;lden,</l><lb/>
                <l>Bald andre, die nicht da, im Schatten nett &#x017F;ich bilden,</l><lb/>
                <l>Die oft an wei&#x017F;&#x017F;e Sta&#x0364;mm&#x2019; auf Zweige deutlich fallen,</l><lb/>
                <l>Und o&#x0364;fters &#x017F;till, und oft &#x017F;anft, hin und wieder wallen.</l><lb/>
                <l>Die Gipfel &#x017F;cheinen &#x017F;ich, zu die&#x017F;em Zweck allein,</l><lb/>
                <l>So angenehm zu neigen und zu ru&#x0364;nden,</l><lb/>
                <l>Daß, vor der Sonnen &#x017F;trengem Schein,</l><lb/>
                <l>Wir ein ge&#x017F;ichert Schirm-Dach finden.</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;cheint das zarte Laub &#x017F;ich, als mit Fleiß,</l><lb/>
                <l>Recht Schuppen-wei&#x017F;&#x2019; und dicht, zu fu&#x0364;gen und zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Daß wir, wenn es zu &#x017F;chwu&#x0364;hl und heiß,</l><lb/>
                <l>Der &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Ku&#x0364;hlung Lu&#x017F;t genie&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Uns in den gru&#x0364;nen Schatten legen,</l><lb/>
                <l>Und De&#x017F;&#x017F;en Gu&#x0364;te prei&#x017F;en mo&#x0364;gen,</l><lb/>
                <l>Der vor der &#x017F;tarken Sonnen-Gluht,</l><lb/>
                <l>Die un&#x017F;erm Korn und un&#x017F;rer Saat zwar nu&#x0364;tzet,</l><lb/>
                <l>Und aller Frucht &#x017F;o no&#x0364;htig thut,</l><lb/>
                <l>Vor uns jedoch zu heftig blitzet,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">E 3</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Uns,</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0087] Der neue Wald. Und unſers Schoͤpfers Lieb und Macht, Gelegenheit gehabt, noch ferner zu beſingen. Wo auf der Erden Licht und Schatten An einem Ort ſich lieblich gatten, So iſt daſſelbe wunderſchoͤn, Jn einem dichten Wald, zu ſehn. Ein jedes Blatt zeigt dem Geſicht, Bey manchem Schatten, manches Licht. Bald ſchwaͤrzt ein Blatt ſich halb, bald ganz, Bald ſchmuͤckt es ſchnell ein heller Glanz, Bald, wenn der Weſt-Wind lieblich kuͤhlet, Und mit den ſchwanken Zweigen ſpielet, Wird dieß von jenem Blatt bedeckt, Das wiederum von dem verſteckt. Bald ſieht man einige ſich gleichſam recht verguͤlden, Bald andre, die nicht da, im Schatten nett ſich bilden, Die oft an weiſſe Staͤmm’ auf Zweige deutlich fallen, Und oͤfters ſtill, und oft ſanft, hin und wieder wallen. Die Gipfel ſcheinen ſich, zu dieſem Zweck allein, So angenehm zu neigen und zu ruͤnden, Daß, vor der Sonnen ſtrengem Schein, Wir ein geſichert Schirm-Dach finden. Es ſcheint das zarte Laub ſich, als mit Fleiß, Recht Schuppen-weiſ’ und dicht, zu fuͤgen und zu ſchlieſſen, Daß wir, wenn es zu ſchwuͤhl und heiß, Der ſuͤſſen Kuͤhlung Luſt genieſſen, Uns in den gruͤnen Schatten legen, Und Deſſen Guͤte preiſen moͤgen, Der vor der ſtarken Sonnen-Gluht, Die unſerm Korn und unſrer Saat zwar nuͤtzet, Und aller Frucht ſo noͤhtig thut, Vor uns jedoch zu heftig blitzet, Uns, E 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/87
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/87>, abgerufen am 22.11.2024.