Mein, durch die Anmuht der Natur, erregt- und ange- stimmtes Singen, Dem Schöpfer der Natur zum Ruhm, vergnügte Lieder ließ erklingen, Erblickt itzt, stumm, für Gram und Sorgen, durchs Auge, mein betrübter Geist, Wie sich von dem, was sonst im Frühling die Erde schmücket, nichts fast weist. Welch Anblick, da ich die Verwirrung der Jahres-Zeiten überlegte, Mich selber mit Verwirrung füllte, und so zu denken mich bewegte:
Käm' auf den Frost kein Frühling wieder, hört' einst der Zeiten Wechsel-Lauf, Jn seiner unverrückten Ordnung, die nimmermehr gefehlet, auf; Verlöhr mein irdisches Vergnügen in GOtt, sich nicht alleine nur; Es würde der so feste Grund der festen Ordnung der Natur, Von einer weisen Macht gestützt, in allen menschlichen Ge- danken, Zum Schaden, der unwiederbringlich, nebst Zuversicht und Hoffnung, wanken.
Es würd' ein blindes Ungefehr sich suchen auf den Thron zu schwingen, Und sich bemühen wenigstens zur Ungewißheit uns zu brin- gen. Wobey Du, GOtt! zwar nichts verlöhrst, als ewig und unwandelbar, Der ist, und ewig bleiben wird das, was Er ist und ewig war.
Allein,
Aufloͤſung eines gemachten
Mein, durch die Anmuht der Natur, erregt- und ange- ſtimmtes Singen, Dem Schoͤpfer der Natur zum Ruhm, vergnuͤgte Lieder ließ erklingen, Erblickt itzt, ſtumm, fuͤr Gram und Sorgen, durchs Auge, mein betruͤbter Geiſt, Wie ſich von dem, was ſonſt im Fruͤhling die Erde ſchmuͤcket, nichts faſt weiſt. Welch Anblick, da ich die Verwirrung der Jahres-Zeiten uͤberlegte, Mich ſelber mit Verwirrung fuͤllte, und ſo zu denken mich bewegte:
Kaͤm’ auf den Froſt kein Fruͤhling wieder, hoͤrt’ einſt der Zeiten Wechſel-Lauf, Jn ſeiner unverruͤckten Ordnung, die nimmermehr gefehlet, auf; Verloͤhr mein irdiſches Vergnuͤgen in GOtt, ſich nicht alleine nur; Es wuͤrde der ſo feſte Grund der feſten Ordnung der Natur, Von einer weiſen Macht geſtuͤtzt, in allen menſchlichen Ge- danken, Zum Schaden, der unwiederbringlich, nebſt Zuverſicht und Hoffnung, wanken.
Es wuͤrd’ ein blindes Ungefehr ſich ſuchen auf den Thron zu ſchwingen, Und ſich bemuͤhen wenigſtens zur Ungewißheit uns zu brin- gen. Wobey Du, GOtt! zwar nichts verloͤhrſt, als ewig und unwandelbar, Der iſt, und ewig bleiben wird das, was Er iſt und ewig war.
Allein,
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Aufloͤſung eines gemachten
Mein, durch die Anmuht der Natur, erregt- und ange-
ſtimmtes Singen,
Dem Schoͤpfer der Natur zum Ruhm, vergnuͤgte Lieder
ließ erklingen,
Erblickt itzt, ſtumm, fuͤr Gram und Sorgen, durchs Auge,
mein betruͤbter Geiſt,
Wie ſich von dem, was ſonſt im Fruͤhling die Erde ſchmuͤcket,
nichts faſt weiſt.
Welch Anblick, da ich die Verwirrung der Jahres-Zeiten
uͤberlegte,
Mich ſelber mit Verwirrung fuͤllte, und ſo zu denken mich
bewegte:
Kaͤm’ auf den Froſt kein Fruͤhling wieder, hoͤrt’ einſt der
Zeiten Wechſel-Lauf,
Jn ſeiner unverruͤckten Ordnung, die nimmermehr gefehlet,
auf;
Verloͤhr mein irdiſches Vergnuͤgen in GOtt, ſich nicht alleine
nur;
Es wuͤrde der ſo feſte Grund der feſten Ordnung der Natur,
Von einer weiſen Macht geſtuͤtzt, in allen menſchlichen Ge-
danken,
Zum Schaden, der unwiederbringlich, nebſt Zuverſicht und
Hoffnung, wanken.
Es wuͤrd’ ein blindes Ungefehr ſich ſuchen auf den Thron
zu ſchwingen,
Und ſich bemuͤhen wenigſtens zur Ungewißheit uns zu brin-
gen.
Wobey Du, GOtt! zwar nichts verloͤhrſt, als ewig und
unwandelbar,
Der iſt, und ewig bleiben wird das, was Er iſt und ewig
war.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/650>, abgerufen am 22.11.2024.
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