Er verwandelt das Meer ins Trocken, daß man zu Fusse über das Wasser gehet, deß freuen wir uns in Jhm.
Ein' Jnsel, die oft keine Jnsel, ein fest- und doch kein festes Land, Das bald ein Bett der tiefen Fluhten, und bald ein aufge- deckter Sand. Das Neue-Werk, so man nicht unrecht ein Wunder der Natur wird nennen, Und Fremden etwas, das kaum glaublich, von seiner Lag' erzehlen können, Soll meiner Lieder Vorwurf seyn. Ach gieb, HErr! daß, zu Deiner Ehr', Jn der Betrachtung, die Bewundrung, und darinn sich Dein Lob vermehr'. Es liegt nicht weit vom Mund der Elbe, wo selbe sich ins Meer ergiesset, Jedoch nicht immer, sondern öfters, zum Wunder, wieder rückwerts fliesset, Recht mitten in den blauen Fluhten ein Land, worauf ver- schiedne Höh'n, Ob es gleich an sich selber flach, durch Menschen-Hand erbaut, zu seh'n. Wenn die bisher geschwollne Fluht von Osten wieder rück- werts dringet, Und, durch die sogenannte Ebbe, das Meer sie wieder in sich schlinget, Entdecket sich der tiefe Grund. Der Boden, der verborgen lag, Tritt, aus der wilden Wellen Reich und dunklem Zustand, an den Tag.
Wo
S 2
Das Neue-Werk ohnweit Ritzebuͤttel.
PſalmLXVI. 6.
Er verwandelt das Meer ins Trocken, daß man zu Fuſſe uͤber das Waſſer gehet, deß freuen wir uns in Jhm.
Ein’ Jnſel, die oft keine Jnſel, ein feſt- und doch kein feſtes Land, Das bald ein Bett der tiefen Fluhten, und bald ein aufge- deckter Sand. Das Neue-Werk, ſo man nicht unrecht ein Wunder der Natur wird nennen, Und Fremden etwas, das kaum glaublich, von ſeiner Lag’ erzehlen koͤnnen, Soll meiner Lieder Vorwurf ſeyn. Ach gieb, HErr! daß, zu Deiner Ehr’, Jn der Betrachtung, die Bewundrung, und darinn ſich Dein Lob vermehr’. Es liegt nicht weit vom Mund der Elbe, wo ſelbe ſich ins Meer ergieſſet, Jedoch nicht immer, ſondern oͤfters, zum Wunder, wieder ruͤckwerts flieſſet, Recht mitten in den blauen Fluhten ein Land, worauf ver- ſchiedne Hoͤh’n, Ob es gleich an ſich ſelber flach, durch Menſchen-Hand erbaut, zu ſeh’n. Wenn die bisher geſchwollne Fluht von Oſten wieder ruͤck- werts dringet, Und, durch die ſogenannte Ebbe, das Meer ſie wieder in ſich ſchlinget, Entdecket ſich der tiefe Grund. Der Boden, der verborgen lag, Tritt, aus der wilden Wellen Reich und dunklem Zuſtand, an den Tag.
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Das Neue-Werk ohnweit Ritzebuͤttel.
Pſalm LXVI. 6.
Er verwandelt das Meer ins Trocken, daß man zu
Fuſſe uͤber das Waſſer gehet, deß freuen wir uns
in Jhm.
Ein’ Jnſel, die oft keine Jnſel, ein feſt- und doch kein feſtes
Land,
Das bald ein Bett der tiefen Fluhten, und bald ein aufge-
deckter Sand.
Das Neue-Werk, ſo man nicht unrecht ein Wunder der Natur
wird nennen,
Und Fremden etwas, das kaum glaublich, von ſeiner Lag’
erzehlen koͤnnen,
Soll meiner Lieder Vorwurf ſeyn. Ach gieb, HErr! daß, zu
Deiner Ehr’,
Jn der Betrachtung, die Bewundrung, und darinn ſich Dein
Lob vermehr’.
Es liegt nicht weit vom Mund der Elbe, wo ſelbe ſich ins
Meer ergieſſet,
Jedoch nicht immer, ſondern oͤfters, zum Wunder, wieder
ruͤckwerts flieſſet,
Recht mitten in den blauen Fluhten ein Land, worauf ver-
ſchiedne Hoͤh’n,
Ob es gleich an ſich ſelber flach, durch Menſchen-Hand
erbaut, zu ſeh’n.
Wenn die bisher geſchwollne Fluht von Oſten wieder ruͤck-
werts dringet,
Und, durch die ſogenannte Ebbe, das Meer ſie wieder in ſich
ſchlinget,
Entdecket ſich der tiefe Grund. Der Boden, der verborgen lag,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/293>, abgerufen am 24.11.2024.
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