Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

der Menschen gegen Gott.
Und aller Menschen Schuldigkeit in diesem Punkt so of-
fenbar,
Als das es noch erklärens brauchte. Worin sie denn auch
wirklich recht,

Wo man es so bedenket, hätten; wenn nicht das menschliche
Geschlecht,

Von Leidenschaften und Gewohnheit verblendet, für des Schöp-
fers Ehre,

So unerkenntlich, als ein Stein, und gar so unempfind-
lich wäre.

Daher wenn deine größte Pflicht bisher wo von dir unter-
blieben:

So darfst du nicht so keck so gleich die Schuld auf deine
Lehrer schieben.

Es lehrt dich alles, was du siehst. Gluht, Erd und Fluth
sind deine Lehrer,

Die Thiere, Pflanzen, Sonn und Sterne. Sey du nur ihr
vernünftger Hörer,

So wird der überall vorhandnen, allgegenwärtigen Gottheit
Schein,

Wie unbekannt er dir gewesen, bald deiner Seelen sichtbar
seyn.

Wir müssen denn noch etwas mehr, von unsrer Seelen
besten Kraft,

Und der von Gott, zu seiner Ehr, ihr eingeprägten Eigen-
schaft,

Von der Bewunderung gedenken, als welche, wie man
billig meynt,

Die einzge Absicht eigentlich, wozu man hier erschaffen
scheint.
Uns
T t 3

der Menſchen gegen Gott.
Und aller Menſchen Schuldigkeit in dieſem Punkt ſo of-
fenbar,
Als das es noch erklaͤrens brauchte. Worin ſie denn auch
wirklich recht,

Wo man es ſo bedenket, haͤtten; wenn nicht das menſchliche
Geſchlecht,

Von Leidenſchaften und Gewohnheit verblendet, fuͤr des Schoͤp-
fers Ehre,

So unerkenntlich, als ein Stein, und gar ſo unempfind-
lich waͤre.

Daher wenn deine groͤßte Pflicht bisher wo von dir unter-
blieben:

So darfſt du nicht ſo keck ſo gleich die Schuld auf deine
Lehrer ſchieben.

Es lehrt dich alles, was du ſiehſt. Gluht, Erd und Fluth
ſind deine Lehrer,

Die Thiere, Pflanzen, Sonn und Sterne. Sey du nur ihr
vernuͤnftger Hoͤrer,

So wird der uͤberall vorhandnen, allgegenwaͤrtigen Gottheit
Schein,

Wie unbekannt er dir geweſen, bald deiner Seelen ſichtbar
ſeyn.

Wir muͤſſen denn noch etwas mehr, von unſrer Seelen
beſten Kraft,

Und der von Gott, zu ſeiner Ehr, ihr eingepraͤgten Eigen-
ſchaft,

Von der Bewunderung gedenken, als welche, wie man
billig meynt,

Die einzge Abſicht eigentlich, wozu man hier erſchaffen
ſcheint.
Uns
T t 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg n="61">
              <l><pb facs="#f0685" n="661"/><fw place="top" type="header">der Men&#x017F;chen gegen Gott.</fw><lb/>
Und aller Men&#x017F;chen Schuldigkeit in die&#x017F;em Punkt &#x017F;o of-<lb/><hi rendition="#et">fenbar,</hi></l><lb/>
              <l>Als das es noch erkla&#x0364;rens brauchte. Worin &#x017F;ie denn auch<lb/><hi rendition="#et">wirklich recht,</hi></l><lb/>
              <l>Wo man es &#x017F;o bedenket, ha&#x0364;tten; wenn nicht das men&#x017F;chliche<lb/><hi rendition="#et">Ge&#x017F;chlecht,</hi></l><lb/>
              <l>Von Leiden&#x017F;chaften und Gewohnheit verblendet, fu&#x0364;r des Scho&#x0364;p-<lb/><hi rendition="#et">fers Ehre,</hi></l><lb/>
              <l>So unerkenntlich, als ein Stein, und gar &#x017F;o unempfind-<lb/><hi rendition="#et">lich wa&#x0364;re.</hi></l><lb/>
              <l>Daher wenn deine gro&#x0364;ßte Pflicht bisher wo von dir unter-<lb/><hi rendition="#et">blieben:</hi></l><lb/>
              <l>So darf&#x017F;t du nicht &#x017F;o keck &#x017F;o gleich die Schuld auf deine<lb/><hi rendition="#et">Lehrer &#x017F;chieben.</hi></l><lb/>
              <l>Es lehrt dich alles, was du &#x017F;ieh&#x017F;t. Gluht, Erd und Fluth<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ind deine Lehrer,</hi></l><lb/>
              <l>Die Thiere, Pflanzen, Sonn und Sterne. Sey du nur ihr<lb/><hi rendition="#et">vernu&#x0364;nftger Ho&#x0364;rer,</hi></l><lb/>
              <l>So wird der u&#x0364;berall vorhandnen, allgegenwa&#x0364;rtigen Gottheit<lb/><hi rendition="#et">Schein,</hi></l><lb/>
              <l>Wie unbekannt er dir gewe&#x017F;en, bald deiner Seelen &#x017F;ichtbar<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;eyn.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="62">
              <l>Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en denn noch etwas mehr, von un&#x017F;rer Seelen<lb/><hi rendition="#et">be&#x017F;ten Kraft,</hi></l><lb/>
              <l>Und der von Gott, zu &#x017F;einer Ehr, ihr eingepra&#x0364;gten Eigen-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chaft,</hi></l><lb/>
              <l>Von der <hi rendition="#fr">Bewunderung</hi> gedenken, als welche, wie man<lb/><hi rendition="#et">billig meynt,</hi></l><lb/>
              <l>Die einzge Ab&#x017F;icht eigentlich, wozu man hier er&#x017F;chaffen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;cheint.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">T t 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Uns</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[661/0685] der Menſchen gegen Gott. Und aller Menſchen Schuldigkeit in dieſem Punkt ſo of- fenbar, Als das es noch erklaͤrens brauchte. Worin ſie denn auch wirklich recht, Wo man es ſo bedenket, haͤtten; wenn nicht das menſchliche Geſchlecht, Von Leidenſchaften und Gewohnheit verblendet, fuͤr des Schoͤp- fers Ehre, So unerkenntlich, als ein Stein, und gar ſo unempfind- lich waͤre. Daher wenn deine groͤßte Pflicht bisher wo von dir unter- blieben: So darfſt du nicht ſo keck ſo gleich die Schuld auf deine Lehrer ſchieben. Es lehrt dich alles, was du ſiehſt. Gluht, Erd und Fluth ſind deine Lehrer, Die Thiere, Pflanzen, Sonn und Sterne. Sey du nur ihr vernuͤnftger Hoͤrer, So wird der uͤberall vorhandnen, allgegenwaͤrtigen Gottheit Schein, Wie unbekannt er dir geweſen, bald deiner Seelen ſichtbar ſeyn. Wir muͤſſen denn noch etwas mehr, von unſrer Seelen beſten Kraft, Und der von Gott, zu ſeiner Ehr, ihr eingepraͤgten Eigen- ſchaft, Von der Bewunderung gedenken, als welche, wie man billig meynt, Die einzge Abſicht eigentlich, wozu man hier erſchaffen ſcheint. Uns T t 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/685
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/685>, abgerufen am 28.05.2024.