Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtung einiger Pflichten.
Uns überführt die ganze Welt, es hab uns Gott hier wer-
den lassen,

Jn seinem Werk ihn zu bewundern, und nicht so, wie man
glaubt, zu fassen,

Was alles, ja Gott selber, sey. Daß sie der Seelen Jnners
rühre,

Daß sie, in einem frölichen Empfinden, uns zum Schöpfer führe,
Jst allbereit von uns gemerket. Jtzt wird noch zu betrachten
seyn,

Daß sie, wie sie ein Gottesdienst, auch allen Menschen all-
gemein,

Daß dem kein Glaube widerspreche, am wenigsten der wahre
Glaube,

Daß, ohne sie, man uns die Menschheit, ja gleichsam Gott
die Gottheit raube.
Bewunderung ist eine Handlung, in welcher Achtsam-
keit, Vergnügen,

Lob, Ehre, Preis und Ruhm, (für den, der was Bewun-
derns-werth verübt,

Wodurch man ihn, zusammt der Achtung, zugleich auch hoch-
hält und ihn liebt,)

Auch Demuth dessen, der bewundert, sich lieblich mit ein-
ander fügen,
So bald wir was bewundern müssen (in dem wir unsre
Schwäch erkennen,

Woraus die Demuth denn entspringt) so werden würdige
Jdeen,

Für den, der die Bewundrung wirkt, so gleich in unsrer Seel
entstehen,

Man wird ihm, nach Beschaffenheit der Wunder, alle Nei-
gung gönnen,
Wozu
Betrachtung einiger Pflichten.
Uns uͤberfuͤhrt die ganze Welt, es hab uns Gott hier wer-
den laſſen,

Jn ſeinem Werk ihn zu bewundern, und nicht ſo, wie man
glaubt, zu faſſen,

Was alles, ja Gott ſelber, ſey. Daß ſie der Seelen Jnners
ruͤhre,

Daß ſie, in einem froͤlichen Empfinden, uns zum Schoͤpfer fuͤhre,
Jſt allbereit von uns gemerket. Jtzt wird noch zu betrachten
ſeyn,

Daß ſie, wie ſie ein Gottesdienſt, auch allen Menſchen all-
gemein,

Daß dem kein Glaube widerſpreche, am wenigſten der wahre
Glaube,

Daß, ohne ſie, man uns die Menſchheit, ja gleichſam Gott
die Gottheit raube.
Bewunderung iſt eine Handlung, in welcher Achtſam-
keit, Vergnuͤgen,

Lob, Ehre, Preis und Ruhm, (fuͤr den, der was Bewun-
derns-werth veruͤbt,

Wodurch man ihn, zuſammt der Achtung, zugleich auch hoch-
haͤlt und ihn liebt,)

Auch Demuth deſſen, der bewundert, ſich lieblich mit ein-
ander fuͤgen,
So bald wir was bewundern muͤſſen (in dem wir unſre
Schwaͤch erkennen,

Woraus die Demuth denn entſpringt) ſo werden wuͤrdige
Jdeen,

Fuͤr den, der die Bewundrung wirkt, ſo gleich in unſrer Seel
entſtehen,

Man wird ihm, nach Beſchaffenheit der Wunder, alle Nei-
gung goͤnnen,
Wozu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0686" n="662"/>
            <fw place="top" type="header">Betrachtung einiger Pflichten.</fw><lb/>
            <lg n="63">
              <l>Uns u&#x0364;berfu&#x0364;hrt die ganze Welt, es hab uns Gott hier wer-<lb/><hi rendition="#et">den la&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
              <l>Jn &#x017F;einem Werk ihn zu bewundern, und nicht &#x017F;o, wie man<lb/><hi rendition="#et">glaubt, zu fa&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
              <l>Was alles, ja Gott &#x017F;elber, &#x017F;ey. Daß &#x017F;ie der Seelen Jnners<lb/><hi rendition="#et">ru&#x0364;hre,</hi></l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie, in einem fro&#x0364;lichen Empfinden, uns zum Scho&#x0364;pfer fu&#x0364;hre,</l><lb/>
              <l>J&#x017F;t allbereit von uns gemerket. Jtzt wird noch zu betrachten<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;eyn,</hi></l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie, wie &#x017F;ie ein Gottesdien&#x017F;t, auch allen Men&#x017F;chen all-<lb/><hi rendition="#et">gemein,</hi></l><lb/>
              <l>Daß dem kein Glaube wider&#x017F;preche, am wenig&#x017F;ten der wahre<lb/><hi rendition="#et">Glaube,</hi></l><lb/>
              <l>Daß, ohne &#x017F;ie, man uns die Men&#x017F;chheit, ja gleich&#x017F;am Gott<lb/><hi rendition="#et">die Gottheit raube.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="64">
              <l><hi rendition="#fr">Bewunderung</hi> i&#x017F;t eine Handlung, in welcher <hi rendition="#fr">Acht&#x017F;am-<lb/><hi rendition="#et">keit, Vergnu&#x0364;gen,</hi></hi></l><lb/>
              <l><hi rendition="#fr">Lob, Ehre, Preis</hi> und <hi rendition="#fr">Ruhm</hi>, (fu&#x0364;r den, der was Bewun-<lb/><hi rendition="#et">derns-werth veru&#x0364;bt,</hi></l><lb/>
              <l>Wodurch man ihn, zu&#x017F;ammt der Achtung, zugleich auch hoch-<lb/><hi rendition="#et">ha&#x0364;lt und ihn liebt,)</hi></l><lb/>
              <l>Auch <hi rendition="#fr">Demuth</hi> de&#x017F;&#x017F;en, der bewundert, &#x017F;ich lieblich mit ein-<lb/><hi rendition="#et">ander fu&#x0364;gen,</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="65">
              <l>So bald wir was bewundern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en (in dem wir un&#x017F;re<lb/><hi rendition="#et">Schwa&#x0364;ch erkennen,</hi></l><lb/>
              <l>Woraus die <hi rendition="#fr">Demuth</hi> denn ent&#x017F;pringt) &#x017F;o werden wu&#x0364;rdige<lb/><hi rendition="#et">Jdeen,</hi></l><lb/>
              <l>Fu&#x0364;r den, der die Bewundrung wirkt, &#x017F;o gleich in un&#x017F;rer Seel<lb/><hi rendition="#et">ent&#x017F;tehen,</hi></l><lb/>
              <l>Man wird ihm, nach Be&#x017F;chaffenheit der Wunder, alle Nei-<lb/><hi rendition="#et">gung go&#x0364;nnen,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wozu</fw><lb/></l>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[662/0686] Betrachtung einiger Pflichten. Uns uͤberfuͤhrt die ganze Welt, es hab uns Gott hier wer- den laſſen, Jn ſeinem Werk ihn zu bewundern, und nicht ſo, wie man glaubt, zu faſſen, Was alles, ja Gott ſelber, ſey. Daß ſie der Seelen Jnners ruͤhre, Daß ſie, in einem froͤlichen Empfinden, uns zum Schoͤpfer fuͤhre, Jſt allbereit von uns gemerket. Jtzt wird noch zu betrachten ſeyn, Daß ſie, wie ſie ein Gottesdienſt, auch allen Menſchen all- gemein, Daß dem kein Glaube widerſpreche, am wenigſten der wahre Glaube, Daß, ohne ſie, man uns die Menſchheit, ja gleichſam Gott die Gottheit raube. Bewunderung iſt eine Handlung, in welcher Achtſam- keit, Vergnuͤgen, Lob, Ehre, Preis und Ruhm, (fuͤr den, der was Bewun- derns-werth veruͤbt, Wodurch man ihn, zuſammt der Achtung, zugleich auch hoch- haͤlt und ihn liebt,) Auch Demuth deſſen, der bewundert, ſich lieblich mit ein- ander fuͤgen, So bald wir was bewundern muͤſſen (in dem wir unſre Schwaͤch erkennen, Woraus die Demuth denn entſpringt) ſo werden wuͤrdige Jdeen, Fuͤr den, der die Bewundrung wirkt, ſo gleich in unſrer Seel entſtehen, Man wird ihm, nach Beſchaffenheit der Wunder, alle Nei- gung goͤnnen, Wozu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/686
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/686>, abgerufen am 23.11.2024.