Wer hat Gesetze vorgeschrieben? Wer führt das Schwerdt, um sie zu stützen? Wer baute Städte, Brücken, Dämme, und feste Mauren, uns zu schützen? Wer löschte, sonder sie, mit Wasser, den ungefehr entstand- nen Brand? Wer könnte sonder Hand begiessen; wer egen, pflanzen, pflü- gen, säen? Wer könnte schneiden, binden, laden, wer dröschen, düngen graben, mähen? Wer Häuser, Schiff und Thürme bauen, Metallen graben, schmelzen, schneiden? Wer würde nähen, backen, brauen? Wer könnt uns wär- men, decken, kleiden, Zur Noth und zur Bequemlichkeit? Wer könnte fischen, Vo- gelstellen? Wer könnte schmieden, mauren, zimmern? Wer Steine brechen, Bäume fällen? Wer in der Jugend uns erziehn? wer Kost und Nahrung uns erwerben? Wer uns versorgen, wenn wir leben? wer uns begraben, wenn wir sterben? Wer uns, auch nach dem Tod, erhalten, als unsre Hand, in klu- gen Schriften, Wodurch wir uns, auf späte Zeiten, ein rühmliches Gedächt- niß stiften? Wer kann Gedanken sichtbar machen, als unsre Hand, die aus der Luft, Verschwundne und vergangne Wörter, als aus dem Gra- be, wieder ruft, Und ihnen Daur und Leben schenkt? Sie stellet unsrer Freun- de Schaar,
Wenn
Betrachtung
Wer hat Geſetze vorgeſchrieben? Wer fuͤhrt das Schwerdt, um ſie zu ſtuͤtzen? Wer baute Staͤdte, Bruͤcken, Daͤmme, und feſte Mauren, uns zu ſchuͤtzen? Wer loͤſchte, ſonder ſie, mit Waſſer, den ungefehr entſtand- nen Brand? Wer koͤnnte ſonder Hand begieſſen; wer egen, pflanzen, pfluͤ- gen, ſaͤen? Wer koͤnnte ſchneiden, binden, laden, wer droͤſchen, duͤngen graben, maͤhen? Wer Haͤuſer, Schiff und Thuͤrme bauen, Metallen graben, ſchmelzen, ſchneiden? Wer wuͤrde naͤhen, backen, brauen? Wer koͤnnt uns waͤr- men, decken, kleiden, Zur Noth und zur Bequemlichkeit? Wer koͤnnte fiſchen, Vo- gelſtellen? Wer koͤnnte ſchmieden, mauren, zimmern? Wer Steine brechen, Baͤume faͤllen? Wer in der Jugend uns erziehn? wer Koſt und Nahrung uns erwerben? Wer uns verſorgen, wenn wir leben? wer uns begraben, wenn wir ſterben? Wer uns, auch nach dem Tod, erhalten, als unſre Hand, in klu- gen Schriften, Wodurch wir uns, auf ſpaͤte Zeiten, ein ruͤhmliches Gedaͤcht- niß ſtiften? Wer kann Gedanken ſichtbar machen, als unſre Hand, die aus der Luft, Verſchwundne und vergangne Woͤrter, als aus dem Gra- be, wieder ruft, Und ihnen Daur und Leben ſchenkt? Sie ſtellet unſrer Freun- de Schaar,
Wenn
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Betrachtung
Wer hat Geſetze vorgeſchrieben? Wer fuͤhrt das Schwerdt, um
ſie zu ſtuͤtzen?
Wer baute Staͤdte, Bruͤcken, Daͤmme, und feſte Mauren, uns
zu ſchuͤtzen?
Wer loͤſchte, ſonder ſie, mit Waſſer, den ungefehr entſtand-
nen Brand?
Wer koͤnnte ſonder Hand begieſſen; wer egen, pflanzen, pfluͤ-
gen, ſaͤen?
Wer koͤnnte ſchneiden, binden, laden, wer droͤſchen, duͤngen
graben, maͤhen?
Wer Haͤuſer, Schiff und Thuͤrme bauen, Metallen graben,
ſchmelzen, ſchneiden?
Wer wuͤrde naͤhen, backen, brauen? Wer koͤnnt uns waͤr-
men, decken, kleiden,
Zur Noth und zur Bequemlichkeit? Wer koͤnnte fiſchen, Vo-
gelſtellen?
Wer koͤnnte ſchmieden, mauren, zimmern? Wer Steine
brechen, Baͤume faͤllen?
Wer in der Jugend uns erziehn? wer Koſt und Nahrung uns
erwerben?
Wer uns verſorgen, wenn wir leben? wer uns begraben, wenn
wir ſterben?
Wer uns, auch nach dem Tod, erhalten, als unſre Hand, in klu-
gen Schriften,
Wodurch wir uns, auf ſpaͤte Zeiten, ein ruͤhmliches Gedaͤcht-
niß ſtiften?
Wer kann Gedanken ſichtbar machen, als unſre Hand, die aus
der Luft,
Verſchwundne und vergangne Woͤrter, als aus dem Gra-
be, wieder ruft,
Und ihnen Daur und Leben ſchenkt? Sie ſtellet unſrer Freun-
de Schaar,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/658>, abgerufen am 23.11.2024.
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