Wenn sie auch noch so weit entfernt, uns recht als gegenwar- tig, dar. Ja, wenn auch gleich berühmte Leute gar aus der Welt gehn und erkalten: So kann sie sie doch gleichsam lebend, auf viele Jahre noch erhalten, Durch eine wohlgebrauchte Hand. Lebt Plato, lebt De- mosthenes. Lebt Cäsar, Cicero, Virgil, Homerus, Aristo- teles, Nicht noch? Sie sind, ob gleich gestorben, doch noch unsterb- lich durch die Hand. Sie informiren noch; ihr Geist wird noch mit großem Nutz erkannt, Gefolget, nachgeahmt, bewundert. Wir würden, sonder Hand, den Thieren Und keinen Menschen ähnlich seyn. Wir würden ohne sie verlieren, Kunst, Ordnung, Zierde, Wissenschaft. Was einer auf der Welt allein, An Weisheit und an Kunst besessen, kann vielen mitgethei- let seyn, Als eine Erbschaft, durch die Hand. Aus unsrer Hand allein entstehen Der Zahl-und Linien Figuren, so manche Lettern, deren man, So viel als Nationen fast, in unterschiednen Zügen, sehen, Auf so verschiedne Art erdacht, als wie geschrieben, lesen kann.
Der weisen Alten weise Reden, der Völker Thaten und Geschichte, Das späte Leben und die Dauer der auserlesenen Gedichte,
Hat
der Wohlthaten in der Hand.
Wenn ſie auch noch ſo weit entfernt, uns recht als gegenwar- tig, dar. Ja, wenn auch gleich beruͤhmte Leute gar aus der Welt gehn und erkalten: So kann ſie ſie doch gleichſam lebend, auf viele Jahre noch erhalten, Durch eine wohlgebrauchte Hand. Lebt Plato, lebt De- moſthenes. Lebt Caͤſar, Cicero, Virgil, Homerus, Ariſto- teles, Nicht noch? Sie ſind, ob gleich geſtorben, doch noch unſterb- lich durch die Hand. Sie informiren noch; ihr Geiſt wird noch mit großem Nutz erkannt, Gefolget, nachgeahmt, bewundert. Wir wuͤrden, ſonder Hand, den Thieren Und keinen Menſchen aͤhnlich ſeyn. Wir wuͤrden ohne ſie verlieren, Kunſt, Ordnung, Zierde, Wiſſenſchaft. Was einer auf der Welt allein, An Weisheit und an Kunſt beſeſſen, kann vielen mitgethei- let ſeyn, Als eine Erbſchaft, durch die Hand. Aus unſrer Hand allein entſtehen Der Zahl-und Linien Figuren, ſo manche Lettern, deren man, So viel als Nationen faſt, in unterſchiednen Zuͤgen, ſehen, Auf ſo verſchiedne Art erdacht, als wie geſchrieben, leſen kann.
Der weiſen Alten weiſe Reden, der Voͤlker Thaten und Geſchichte, Das ſpaͤte Leben und die Dauer der auserleſenen Gedichte,
Hat
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der Wohlthaten in der Hand.
Wenn ſie auch noch ſo weit entfernt, uns recht als gegenwar-
tig, dar.
Ja, wenn auch gleich beruͤhmte Leute gar aus der Welt gehn
und erkalten:
So kann ſie ſie doch gleichſam lebend, auf viele Jahre noch
erhalten,
Durch eine wohlgebrauchte Hand. Lebt Plato, lebt De-
moſthenes.
Lebt Caͤſar, Cicero, Virgil, Homerus, Ariſto-
teles,
Nicht noch? Sie ſind, ob gleich geſtorben, doch noch unſterb-
lich durch die Hand.
Sie informiren noch; ihr Geiſt wird noch mit großem Nutz
erkannt,
Gefolget, nachgeahmt, bewundert. Wir wuͤrden, ſonder Hand,
den Thieren
Und keinen Menſchen aͤhnlich ſeyn. Wir wuͤrden ohne ſie
verlieren,
Kunſt, Ordnung, Zierde, Wiſſenſchaft. Was einer auf der
Welt allein,
An Weisheit und an Kunſt beſeſſen, kann vielen mitgethei-
let ſeyn,
Als eine Erbſchaft, durch die Hand. Aus unſrer Hand allein
entſtehen
Der Zahl-und Linien Figuren, ſo manche Lettern, deren man,
So viel als Nationen faſt, in unterſchiednen Zuͤgen, ſehen,
Auf ſo verſchiedne Art erdacht, als wie geſchrieben, leſen
kann.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/659>, abgerufen am 23.11.2024.
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