Von uns und aller Thiere Wesen, scheint das Vermehrungs- werk zu seyn. Den großen Zweck nun zu erlangen, sind die Bemühungen ungläublich, So die Natur dazu verwandt, so künstlich und so mancherley Die Reizungen, die Süßigkeiten, der Zug, die Wollust un- beschreiblich, So die Natur in uns gesenkt. Doch ist recht wunderbar dabey, (Damit zu heftiger Gebrauch der Creatur nicht schädlich sey,) Ein Gegenmittel angewendet, das eben fast so wunderbar. Ein eingepflanzter Widersinn, ein' Abkehr, wenn die Flam- men sich, Jn einem Augenblick gelöscht, ist minder nicht verwun- derlich, Als wie der heisse Trieb und Druck der süssen Brunst vor- hero war.
Mich deucht, und zwar mit allem Recht, daß Trieb und Ab- kehr, beyderley, Von einer weisen Absicht, Ordnung, ein deutlicher Beweisthum sey, Und mehr beträchtlich, als man glaubet, wer es erweget, der entdecket, Daß ein so nütz-als nöthig Mittel in diesem weisen End- zweck stecket.
Wann nun den Thieren, zum Vermehren, mit süssem Feur erfüllte Triebe So wohl, als uns, geschenket sind: So ist doch, in erlaubter Liebe, Bey uns die Süßigkeit weit größer, da wir nicht in der That allein,
Nein
Die Ehe.
Von uns und aller Thiere Weſen, ſcheint das Vermehrungs- werk zu ſeyn. Den großen Zweck nun zu erlangen, ſind die Bemuͤhungen unglaͤublich, So die Natur dazu verwandt, ſo kuͤnſtlich und ſo mancherley Die Reizungen, die Suͤßigkeiten, der Zug, die Wolluſt un- beſchreiblich, So die Natur in uns geſenkt. Doch iſt recht wunderbar dabey, (Damit zu heftiger Gebrauch der Creatur nicht ſchaͤdlich ſey,) Ein Gegenmittel angewendet, das eben faſt ſo wunderbar. Ein eingepflanzter Widerſinn, ein’ Abkehr, wenn die Flam- men ſich, Jn einem Augenblick geloͤſcht, iſt minder nicht verwun- derlich, Als wie der heiſſe Trieb und Druck der ſuͤſſen Brunſt vor- hero war.
Mich deucht, und zwar mit allem Recht, daß Trieb und Ab- kehr, beyderley, Von einer weiſen Abſicht, Ordnung, ein deutlicher Beweisthum ſey, Und mehr betraͤchtlich, als man glaubet, wer es erweget, der entdecket, Daß ein ſo nuͤtz-als noͤthig Mittel in dieſem weiſen End- zweck ſtecket.
Wann nun den Thieren, zum Vermehren, mit ſuͤſſem Feur erfuͤllte Triebe So wohl, als uns, geſchenket ſind: So iſt doch, in erlaubter Liebe, Bey uns die Suͤßigkeit weit groͤßer, da wir nicht in der That allein,
Nein
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Die Ehe.
Von uns und aller Thiere Weſen, ſcheint das Vermehrungs-
werk zu ſeyn.
Den großen Zweck nun zu erlangen, ſind die Bemuͤhungen
unglaͤublich,
So die Natur dazu verwandt, ſo kuͤnſtlich und ſo mancherley
Die Reizungen, die Suͤßigkeiten, der Zug, die Wolluſt un-
beſchreiblich,
So die Natur in uns geſenkt. Doch iſt recht wunderbar dabey,
(Damit zu heftiger Gebrauch der Creatur nicht ſchaͤdlich ſey,)
Ein Gegenmittel angewendet, das eben faſt ſo wunderbar.
Ein eingepflanzter Widerſinn, ein’ Abkehr, wenn die Flam-
men ſich,
Jn einem Augenblick geloͤſcht, iſt minder nicht verwun-
derlich,
Als wie der heiſſe Trieb und Druck der ſuͤſſen Brunſt vor-
hero war.
Mich deucht, und zwar mit allem Recht, daß Trieb und Ab-
kehr, beyderley,
Von einer weiſen Abſicht, Ordnung, ein deutlicher Beweisthum
ſey,
Und mehr betraͤchtlich, als man glaubet, wer es erweget, der
entdecket,
Daß ein ſo nuͤtz-als noͤthig Mittel in dieſem weiſen End-
zweck ſtecket.
Wann nun den Thieren, zum Vermehren, mit ſuͤſſem Feur
erfuͤllte Triebe
So wohl, als uns, geſchenket ſind: So iſt doch, in erlaubter
Liebe,
Bey uns die Suͤßigkeit weit groͤßer, da wir nicht in der That
allein,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/588>, abgerufen am 22.11.2024.
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