Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Herbst-Betrachtung.
Jn welchem neue besser glänzen,
Jm angenehmen Wechsel, wieder.

Jndem ich also steh und denke,
Und meinen Blick bald hie, bald dortwerts lenke:
Erhebet sich ein Wind; es fällt ein dicker Regen;
Jch spüret in der Luft ein schleuniges Bewegen;
Es fiel das bunte Laub, der Schmuck der bunten Büsche,
Mit einem raschelnden Gezische,
Recht Schaarenweis herab;
Das mir, wie folgt, zu denken Anlaß gab:
Man wird, selbst in dem Fall der Blätter,
Von Gottes Ordnungen belehret,
Der zu dem Endzweck, der Natur solch eine weise Richtschnur gab,
Da in dem Herbst, so wohl der Wind, als viele Feuchtigkeit
sich mehret.

Durch Regen muß der Stengel faulen; dann streift der Wind
sie fertig ab,

Da sonst, durch ihre Zähigkeit, sie sich vom Baum nicht leicht-
lich trennen,

Und folglich denen folgenden nicht ihren Platz verschaffen
können.


Nach

Herbſt-Betrachtung.
Jn welchem neue beſſer glaͤnzen,
Jm angenehmen Wechſel, wieder.

Jndem ich alſo ſteh und denke,
Und meinen Blick bald hie, bald dortwerts lenke:
Erhebet ſich ein Wind; es faͤllt ein dicker Regen;
Jch ſpuͤret in der Luft ein ſchleuniges Bewegen;
Es fiel das bunte Laub, der Schmuck der bunten Buͤſche,
Mit einem raſchelnden Geziſche,
Recht Schaarenweiſ herab;
Das mir, wie folgt, zu denken Anlaß gab:
Man wird, ſelbſt in dem Fall der Blaͤtter,
Von Gottes Ordnungen belehret,
Der zu dem Endzweck, der Natur ſolch eine weiſe Richtſchnur gab,
Da in dem Herbſt, ſo wohl der Wind, als viele Feuchtigkeit
ſich mehret.

Durch Regen muß der Stengel faulen; dann ſtreift der Wind
ſie fertig ab,

Da ſonſt, durch ihre Zaͤhigkeit, ſie ſich vom Baum nicht leicht-
lich trennen,

Und folglich denen folgenden nicht ihren Platz verſchaffen
koͤnnen.


Nach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="38">
            <l><pb facs="#f0174" n="150"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Herb&#x017F;t-Betrachtung.</hi></fw><lb/>
Jn welchem neue be&#x017F;&#x017F;er gla&#x0364;nzen,</l><lb/>
            <l>Jm angenehmen Wech&#x017F;el, wieder.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="39">
            <l>Jndem ich al&#x017F;o &#x017F;teh und denke,</l><lb/>
            <l>Und meinen Blick bald hie, bald dortwerts lenke:</l><lb/>
            <l>Erhebet &#x017F;ich ein Wind; es fa&#x0364;llt ein dicker Regen;</l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;pu&#x0364;ret in der Luft ein &#x017F;chleuniges Bewegen;</l><lb/>
            <l>Es fiel das bunte Laub, der Schmuck der bunten Bu&#x0364;&#x017F;che,</l><lb/>
            <l>Mit einem ra&#x017F;chelnden Gezi&#x017F;che,</l><lb/>
            <l>Recht Schaarenwei&#x017F; herab;</l><lb/>
            <l>Das mir, wie folgt, zu denken Anlaß gab:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="40">
            <l>Man wird, &#x017F;elb&#x017F;t in dem Fall der Bla&#x0364;tter,</l><lb/>
            <l>Von Gottes Ordnungen belehret,</l><lb/>
            <l>Der zu dem Endzweck, der Natur &#x017F;olch eine wei&#x017F;e Richt&#x017F;chnur gab,</l><lb/>
            <l>Da in dem Herb&#x017F;t, &#x017F;o wohl der Wind, als viele Feuchtigkeit<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ich mehret.</hi></l><lb/>
            <l>Durch Regen muß der Stengel faulen; dann &#x017F;treift der Wind<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ie fertig ab,</hi></l><lb/>
            <l>Da &#x017F;on&#x017F;t, durch ihre Za&#x0364;higkeit, &#x017F;ie &#x017F;ich vom Baum nicht leicht-<lb/><hi rendition="#et">lich trennen,</hi></l><lb/>
            <l>Und folglich denen folgenden nicht ihren Platz ver&#x017F;chaffen<lb/><hi rendition="#et">ko&#x0364;nnen.</hi></l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Nach</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0174] Herbſt-Betrachtung. Jn welchem neue beſſer glaͤnzen, Jm angenehmen Wechſel, wieder. Jndem ich alſo ſteh und denke, Und meinen Blick bald hie, bald dortwerts lenke: Erhebet ſich ein Wind; es faͤllt ein dicker Regen; Jch ſpuͤret in der Luft ein ſchleuniges Bewegen; Es fiel das bunte Laub, der Schmuck der bunten Buͤſche, Mit einem raſchelnden Geziſche, Recht Schaarenweiſ herab; Das mir, wie folgt, zu denken Anlaß gab: Man wird, ſelbſt in dem Fall der Blaͤtter, Von Gottes Ordnungen belehret, Der zu dem Endzweck, der Natur ſolch eine weiſe Richtſchnur gab, Da in dem Herbſt, ſo wohl der Wind, als viele Feuchtigkeit ſich mehret. Durch Regen muß der Stengel faulen; dann ſtreift der Wind ſie fertig ab, Da ſonſt, durch ihre Zaͤhigkeit, ſie ſich vom Baum nicht leicht- lich trennen, Und folglich denen folgenden nicht ihren Platz verſchaffen koͤnnen. Nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/174
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/174>, abgerufen am 13.05.2024.