Sie scheinen ins besondre noch, die Balsam-Kräfte zu besparen, Und sie, am meisten für den Morgen, und für den Abend zu bewahren, Zu welcher Zeit die Menschen nemlich, am häufigsten spa- tziren gehn, Da, weilen wir den Rest des Tages dieselben selten nur zu sehn, Und minder ihnen uns zu nähern pflegen, Sie auch zur selben Zeit so viel von ihrer Balsam-Kraft nicht hegen. Wie? hat der bunten Blumen Zunft, Um uns so ordentlich zu dienen, denn Vernunft?
Wenn die Sonn im Mittag glüht, Und, durch ausgespannte Lüfte, Die verdünnten Blumen-Düfte Kräftig in die Höhe zieht; Da sie uns so stark nicht rühren! Können wir sie minder spüren. Und hingegen, wenn sie steigt, Oder sich des Abends neigt: Mehrt, zu unserem Gebrauch, Sich der Blumen süsser Hauch.
Siehet man der Blumen Flor, Jn so holder Ordnung an: Kömmt es mir von ihnen vor, Daß man billig sagen kann, Wie der Mensch, als Herr der Erde, Von der Blumen schönem Heer, Königlich bedienet werde; Da sie sich, ihn zu erfreuen, Nicht auf seinen Weg nur streuen,
Son-
Nuͤtzliche Blumen-Betrachtung.
Sie ſcheinen ins beſondre noch, die Balſam-Kraͤfte zu beſparen, Und ſie, am meiſten fuͤr den Morgen, und fuͤr den Abend zu bewahren, Zu welcher Zeit die Menſchen nemlich, am haͤufigſten ſpa- tziren gehn, Da, weilen wir den Reſt des Tages dieſelben ſelten nur zu ſehn, Und minder ihnen uns zu naͤhern pflegen, Sie auch zur ſelben Zeit ſo viel von ihrer Balſam-Kraft nicht hegen. Wie? hat der bunten Blumen Zunft, Um uns ſo ordentlich zu dienen, denn Vernunft?
Wenn die Sonn im Mittag gluͤht, Und, durch ausgeſpannte Luͤfte, Die verduͤnnten Blumen-Duͤfte Kraͤftig in die Hoͤhe zieht; Da ſie uns ſo ſtark nicht ruͤhren! Koͤnnen wir ſie minder ſpuͤren. Und hingegen, wenn ſie ſteigt, Oder ſich des Abends neigt: Mehrt, zu unſerem Gebrauch, Sich der Blumen ſuͤſſer Hauch.
Siehet man der Blumen Flor, Jn ſo holder Ordnung an: Koͤmmt es mir von ihnen vor, Daß man billig ſagen kann, Wie der Menſch, als Herr der Erde, Von der Blumen ſchoͤnem Heer, Koͤniglich bedienet werde; Da ſie ſich, ihn zu erfreuen, Nicht auf ſeinen Weg nur ſtreuen,
Son-
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Nuͤtzliche Blumen-Betrachtung.
Sie ſcheinen ins beſondre noch, die Balſam-Kraͤfte zu beſparen,
Und ſie, am meiſten fuͤr den Morgen, und fuͤr den Abend zu
bewahren,
Zu welcher Zeit die Menſchen nemlich, am haͤufigſten ſpa-
tziren gehn,
Da, weilen wir den Reſt des Tages dieſelben ſelten nur zu ſehn,
Und minder ihnen uns zu naͤhern pflegen,
Sie auch zur ſelben Zeit ſo viel von ihrer Balſam-Kraft nicht
hegen.
Wie? hat der bunten Blumen Zunft,
Um uns ſo ordentlich zu dienen, denn Vernunft?
Wenn die Sonn im Mittag gluͤht,
Und, durch ausgeſpannte Luͤfte,
Die verduͤnnten Blumen-Duͤfte
Kraͤftig in die Hoͤhe zieht;
Da ſie uns ſo ſtark nicht ruͤhren!
Koͤnnen wir ſie minder ſpuͤren.
Und hingegen, wenn ſie ſteigt,
Oder ſich des Abends neigt:
Mehrt, zu unſerem Gebrauch,
Sich der Blumen ſuͤſſer Hauch.
Siehet man der Blumen Flor,
Jn ſo holder Ordnung an:
Koͤmmt es mir von ihnen vor,
Daß man billig ſagen kann,
Wie der Menſch, als Herr der Erde,
Von der Blumen ſchoͤnem Heer,
Koͤniglich bedienet werde;
Da ſie ſich, ihn zu erfreuen,
Nicht auf ſeinen Weg nur ſtreuen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/112>, abgerufen am 24.11.2024.
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