Weis Er, durch ganz verschiedenen Verband, Dieselben lieblich auszuzieren; Er weis denselbigen so holde Form zu schenken; Er weis so süssen Glanz und Reiz darein zu senken, Daß wir, in ihrem schönen Kleide, Von einer angenehmen Freude, Und Anmuth tausend Quellen spüren. Ja da er, fern von uns, in wüste Wälder, Die schreckenden Figuren treibt: So schafft Er, daß auf unsre Felder, Und naher Gärten Gegenden, der Blumen Schmuck rings um uns bleibt. Es siehet sich demnach der Mensch, in seinem Leben, Mit Gegenwürfen rings umgeben, Die bald in buntem Schmuck und bald im grünen, Zum Trost in seiner Arbeit dienen, Und die, mit ihren holden Schätzen, Ohn sein Gewissen zu verletzen, Jn lauter Unschuld, ihn ergetzen.
Die Blumen scheinen dergestalt bestimmt, durch ihrer Far- ben Zier, Den Erdkreis überall zu schmücken, und uns auf selben zu vergnügen; Daß noch die meisten, damit uns des Festes Schönheit mehr noch rühr, Gewürzte Düfte von sich hauchen, aus ihrem bunten Schoosse fliegen, Und in den Luftkreis dünsten lassen. Als wie ein unsichtba- rer Schwall, Dampft, aus derselben schönen Körpern, ein edles Räuchwerk überall.
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Nuͤtzliche Blumen-Betrachtung.
Weis Er, durch ganz verſchiedenen Verband, Dieſelben lieblich auszuzieren; Er weis denſelbigen ſo holde Form zu ſchenken; Er weis ſo ſuͤſſen Glanz und Reiz darein zu ſenken, Daß wir, in ihrem ſchoͤnen Kleide, Von einer angenehmen Freude, Und Anmuth tauſend Quellen ſpuͤren. Ja da er, fern von uns, in wuͤſte Waͤlder, Die ſchreckenden Figuren treibt: So ſchafft Er, daß auf unſre Felder, Und naher Gaͤrten Gegenden, der Blumen Schmuck rings um uns bleibt. Es ſiehet ſich demnach der Menſch, in ſeinem Leben, Mit Gegenwuͤrfen rings umgeben, Die bald in buntem Schmuck und bald im gruͤnen, Zum Troſt in ſeiner Arbeit dienen, Und die, mit ihren holden Schaͤtzen, Ohn ſein Gewiſſen zu verletzen, Jn lauter Unſchuld, ihn ergetzen.
Die Blumen ſcheinen dergeſtalt beſtimmt, durch ihrer Far- ben Zier, Den Erdkreis uͤberall zu ſchmuͤcken, und uns auf ſelben zu vergnuͤgen; Daß noch die meiſten, damit uns des Feſtes Schoͤnheit mehr noch ruͤhr, Gewuͤrzte Duͤfte von ſich hauchen, aus ihrem bunten Schooſſe fliegen, Und in den Luftkreis duͤnſten laſſen. Als wie ein unſichtba- rer Schwall, Dampft, aus derſelben ſchoͤnen Koͤrpern, ein edles Raͤuchwerk uͤberall.
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[87/0111]
Nuͤtzliche Blumen-Betrachtung.
Weis Er, durch ganz verſchiedenen Verband,
Dieſelben lieblich auszuzieren;
Er weis denſelbigen ſo holde Form zu ſchenken;
Er weis ſo ſuͤſſen Glanz und Reiz darein zu ſenken,
Daß wir, in ihrem ſchoͤnen Kleide,
Von einer angenehmen Freude,
Und Anmuth tauſend Quellen ſpuͤren.
Ja da er, fern von uns, in wuͤſte Waͤlder,
Die ſchreckenden Figuren treibt:
So ſchafft Er, daß auf unſre Felder,
Und naher Gaͤrten Gegenden, der Blumen Schmuck rings um
uns bleibt.
Es ſiehet ſich demnach der Menſch, in ſeinem Leben,
Mit Gegenwuͤrfen rings umgeben,
Die bald in buntem Schmuck und bald im gruͤnen,
Zum Troſt in ſeiner Arbeit dienen,
Und die, mit ihren holden Schaͤtzen,
Ohn ſein Gewiſſen zu verletzen,
Jn lauter Unſchuld, ihn ergetzen.
Die Blumen ſcheinen dergeſtalt beſtimmt, durch ihrer Far-
ben Zier,
Den Erdkreis uͤberall zu ſchmuͤcken, und uns auf ſelben zu
vergnuͤgen;
Daß noch die meiſten, damit uns des Feſtes Schoͤnheit mehr
noch ruͤhr,
Gewuͤrzte Duͤfte von ſich hauchen, aus ihrem bunten Schooſſe
fliegen,
Und in den Luftkreis duͤnſten laſſen. Als wie ein unſichtba-
rer Schwall,
Dampft, aus derſelben ſchoͤnen Koͤrpern, ein edles Raͤuchwerk
uͤberall.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/111>, abgerufen am 24.11.2024.
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