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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

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Natur-Kräffte, Gesetze und Eigensch. etc.

Nicht des Schöpfers Macht erkennen? Jhn bewundern
fürchten, lieben

Und ihn ewiglich verehren? Ja, mein Geist! bereite dich!
Schicke dich zur Andacht an! sencke dich in Demuth nieder
Vor des Schöpfers Majestät! denck auf Danck- und Freu-
den-Lieder!

Vor bewunderndem Erstaunen, grosser GOTT, verlieh
ich mich,

Und bey dieser einzgen Krafft des so mächtigen Gewichts,
Die iedoch, aus Deinem Meer, nur ein Tröpfchen; wir
mein Geist,

Nebst der Geister andrer Menschen Krafft zu dencken, fast zu
Nichts.

Himmel, Erde, Meer und Lufft, selbst die wirckende Natur
Gleichen einer künstlichen aufgezognen Wunder-Uhr.
Wie ein' Uhr, durch ein Gewicht, also scheints, daß durch die
Schwehrde,

Himmel, Erde, Meer und Lufft auch im Gang' erhalten
werde.
Noch erblickt des Geistes Auge eine neue Wunder-Welt,
Die so gar durch ihre Kleinheit unsers Schöpfers Macht
und Grösse,

Und Sein Göttliches regieren deutlicher vor Augen stellt,
Als sonst etwas cörperlichs. Unser grosses Welt-Gefässe
Hängt zusammen und bestehet, wie bekannt, aus Theilen
nur,

Und die Theile sind es eben, die das Wesen der Natur
Uns am deutlichsten entdecken, und ihr innerstes fast zeigen:
So daß wir, durch ihrer Menge fast zu nichts gewordne
Kleinheit,

Zu der unümschränckten Gröss' ihres Ursprungs, zu der
Einheit
Des

Natur-Kraͤffte, Geſetze und Eigenſch. ꝛc.

Nicht des Schoͤpfers Macht erkennen? Jhn bewundern
fuͤrchten, lieben

Und ihn ewiglich verehren? Ja, mein Geiſt! bereite dich!
Schicke dich zur Andacht an! ſencke dich in Demuth nieder
Vor des Schoͤpfers Majeſtaͤt! denck auf Danck- und Freu-
den-Lieder!

Vor bewunderndem Erſtaunen, groſſer GOTT, verlieh
ich mich,

Und bey dieſer einzgen Krafft des ſo maͤchtigen Gewichts,
Die iedoch, aus Deinem Meer, nur ein Troͤpfchen; wir
mein Geiſt,

Nebſt der Geiſter andrer Menſchen Krafft zu dencken, faſt zu
Nichts.

Himmel, Erde, Meer und Lufft, ſelbſt die wirckende Natur
Gleichen einer kuͤnſtlichen aufgezognen Wunder-Uhr.
Wie ein’ Uhr, durch ein Gewicht, alſo ſcheints, daß durch die
Schwehrde,

Himmel, Erde, Meer und Lufft auch im Gang’ erhalten
werde.
Noch erblickt des Geiſtes Auge eine neue Wunder-Welt,
Die ſo gar durch ihre Kleinheit unſers Schoͤpfers Macht
und Groͤſſe,

Und Sein Goͤttliches regieren deutlicher vor Augen ſtellt,
Als ſonſt etwas coͤrperlichs. Unſer groſſes Welt-Gefaͤſſe
Haͤngt zuſammen und beſtehet, wie bekannt, aus Theilen
nur,

Und die Theile ſind es eben, die das Weſen der Natur
Uns am deutlichſten entdecken, und ihr innerſtes faſt zeigen:
So daß wir, durch ihrer Menge faſt zu nichts gewordne
Kleinheit,

Zu der unuͤmſchraͤnckten Groͤſſ’ ihres Urſprungs, zu der
Einheit
Des
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[502/0534] Natur-Kraͤffte, Geſetze und Eigenſch. ꝛc. Nicht des Schoͤpfers Macht erkennen? Jhn bewundern fuͤrchten, lieben Und ihn ewiglich verehren? Ja, mein Geiſt! bereite dich! Schicke dich zur Andacht an! ſencke dich in Demuth nieder Vor des Schoͤpfers Majeſtaͤt! denck auf Danck- und Freu- den-Lieder! Vor bewunderndem Erſtaunen, groſſer GOTT, verlieh ich mich, Und bey dieſer einzgen Krafft des ſo maͤchtigen Gewichts, Die iedoch, aus Deinem Meer, nur ein Troͤpfchen; wir mein Geiſt, Nebſt der Geiſter andrer Menſchen Krafft zu dencken, faſt zu Nichts. Himmel, Erde, Meer und Lufft, ſelbſt die wirckende Natur Gleichen einer kuͤnſtlichen aufgezognen Wunder-Uhr. Wie ein’ Uhr, durch ein Gewicht, alſo ſcheints, daß durch die Schwehrde, Himmel, Erde, Meer und Lufft auch im Gang’ erhalten werde. Noch erblickt des Geiſtes Auge eine neue Wunder-Welt, Die ſo gar durch ihre Kleinheit unſers Schoͤpfers Macht und Groͤſſe, Und Sein Goͤttliches regieren deutlicher vor Augen ſtellt, Als ſonſt etwas coͤrperlichs. Unſer groſſes Welt-Gefaͤſſe Haͤngt zuſammen und beſtehet, wie bekannt, aus Theilen nur, Und die Theile ſind es eben, die das Weſen der Natur Uns am deutlichſten entdecken, und ihr innerſtes faſt zeigen: So daß wir, durch ihrer Menge faſt zu nichts gewordne Kleinheit, Zu der unuͤmſchraͤnckten Groͤſſ’ ihres Urſprungs, zu der Einheit Des

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/534>, abgerufen am 21.05.2024.