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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

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bey dem 1731. Jahrs-Wechsel betrachtet.

Daß das Wasser Lasten trägt, da der Meere breiten Rücken
So viel schwehr beladner Schiffe ungeheure Bürden drücken,
Und dadurch der Handelschafft und der Schiff-Fahrt nützlich
seyn,

Die sonst nicht bestehen könnte; wirckt die Schwehrde bloß
allein.

Sonder Druck und sonder Schwehrde würd auch selbst das
Feur nicht brennen,

Keine Flamme, Rauch, noch Wärm in die Höhe steigen können.

Wenn die Theilchen in der Lufft einmahl ausgedehnet
wären,

Und sie von der obern Lufft Last und Schwehrde nicht ge-
drückt,

Und in sich getrieben würden; müste, was da lebt, erstickt,
Unvermeidlich untergehn: alle Fische müsten sterben,
Und, weil sie kein Wasser deckte, an der dünnen Lufft ver-
derben.

Wären alle Wasser-Theilchen nach Vermögen ausgespannt,
Und nicht wiederüm gedrückt, durchs Gewicht der obern
Lufft;

Würden niemahls feuchte Dünste, würde kein verdünnter
Dufft

Jemahls in die Höhe steigen; folglich weder Thau noch
Regen

Jemahls wieder fallen können: sondern alles wär' ver-
brannt,

Bluhmen, Klee und Gras versengt. Wollen wir nun die-
serwegen,

Und dafür, daß unser Schöpfer, durch die Schwehrde
bloß allein,

Solch ein mächtiges Gesetz dem Natur-Reich vorgeschrieben,
Dem die Cörper unterthan, und so schnell gehorsam seyn;
Nicht
J i 3

bey dem 1731. Jahrs-Wechſel betrachtet.

Daß das Waſſer Laſten traͤgt, da der Meere breiten Ruͤcken
So viel ſchwehr beladner Schiffe ungeheure Buͤrden druͤcken,
Und dadurch der Handelſchafft und der Schiff-Fahrt nuͤtzlich
ſeyn,

Die ſonſt nicht beſtehen koͤnnte; wirckt die Schwehrde bloß
allein.

Sonder Druck und ſonder Schwehrde wuͤrd auch ſelbſt das
Feur nicht brennen,

Keine Flam̃e, Rauch, noch Waͤrm in die Hoͤhe ſteigen koͤnnen.

Wenn die Theilchen in der Lufft einmahl ausgedehnet
waͤren,

Und ſie von der obern Lufft Laſt und Schwehrde nicht ge-
druͤckt,

Und in ſich getrieben wuͤrden; muͤſte, was da lebt, erſtickt,
Unvermeidlich untergehn: alle Fiſche muͤſten ſterben,
Und, weil ſie kein Waſſer deckte, an der duͤnnen Lufft ver-
derben.

Waͤren alle Waſſer-Theilchen nach Vermoͤgen ausgeſpannt,
Und nicht wiederuͤm gedruͤckt, durchs Gewicht der obern
Lufft;

Wuͤrden niemahls feuchte Duͤnſte, wuͤrde kein verduͤnnter
Dufft

Jemahls in die Hoͤhe ſteigen; folglich weder Thau noch
Regen

Jemahls wieder fallen koͤnnen: ſondern alles waͤr’ ver-
brannt,

Bluhmen, Klee und Gras verſengt. Wollen wir nun die-
ſerwegen,

Und dafuͤr, daß unſer Schoͤpfer, durch die Schwehrde
bloß allein,

Solch ein maͤchtiges Geſetz dem Natur-Reich vorgeſchrieben,
Dem die Coͤrper unterthan, und ſo ſchnell gehorſam ſeyn;
Nicht
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[501/0533] bey dem 1731. Jahrs-Wechſel betrachtet. Daß das Waſſer Laſten traͤgt, da der Meere breiten Ruͤcken So viel ſchwehr beladner Schiffe ungeheure Buͤrden druͤcken, Und dadurch der Handelſchafft und der Schiff-Fahrt nuͤtzlich ſeyn, Die ſonſt nicht beſtehen koͤnnte; wirckt die Schwehrde bloß allein. Sonder Druck und ſonder Schwehrde wuͤrd auch ſelbſt das Feur nicht brennen, Keine Flam̃e, Rauch, noch Waͤrm in die Hoͤhe ſteigen koͤnnen. Wenn die Theilchen in der Lufft einmahl ausgedehnet waͤren, Und ſie von der obern Lufft Laſt und Schwehrde nicht ge- druͤckt, Und in ſich getrieben wuͤrden; muͤſte, was da lebt, erſtickt, Unvermeidlich untergehn: alle Fiſche muͤſten ſterben, Und, weil ſie kein Waſſer deckte, an der duͤnnen Lufft ver- derben. Waͤren alle Waſſer-Theilchen nach Vermoͤgen ausgeſpannt, Und nicht wiederuͤm gedruͤckt, durchs Gewicht der obern Lufft; Wuͤrden niemahls feuchte Duͤnſte, wuͤrde kein verduͤnnter Dufft Jemahls in die Hoͤhe ſteigen; folglich weder Thau noch Regen Jemahls wieder fallen koͤnnen: ſondern alles waͤr’ ver- brannt, Bluhmen, Klee und Gras verſengt. Wollen wir nun die- ſerwegen, Und dafuͤr, daß unſer Schoͤpfer, durch die Schwehrde bloß allein, Solch ein maͤchtiges Geſetz dem Natur-Reich vorgeſchrieben, Dem die Coͤrper unterthan, und ſo ſchnell gehorſam ſeyn; Nicht J i 3

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/533>, abgerufen am 21.05.2024.