Da ja von einem Schaaf zu einem Hund' allein Die Staffeln fast unzehlig seyn. Und wie von dem zu uns die Abständ' |ohne Zahl, So daß es nicht einmahl Die wenigste Vergleichung leidet; So unterschiedlich müssen dort, Und zwar ohn Ende fort und fort, Die Kräffte, die Vollkommenheiten, Empfind-Entzückungen und Seeligkeiten, Jn immer, GOTT zum Lob', aufs neu entbranntem Triebe Zu finden seyn. Dieß ist, für GOTT, ja nicht zu viel, Jndem des Schöpfers Macht so groß, als Seine Liebe, Und beide sonder Maaß, und beide sonder Ziel.
Anbetungs-würdiger Monarch, was stellt von Dir Uns die Jdee von der unsichtbarn Welt Für eine neue Gröss' auf diese Weise für! Es scheint, ob wäre hier, indem wir hievon dencken, Ein neues Heiligthum uns vorgestellt.
So nahe kann man sich durch nichts zur Gottheit lencken, Als wenn man, da Er sich als einen Geist uns zeiget, Der aller Geister Geist; zu Jhm, für Lust entzückt, Auf der ohn End' erhabnen Leiter steiget, Und immer mehr Vortrefflichkeiten, Und immer mehr Vollkommenheiten Jn alle Ewigkeit im Geistigen erblickt.
Ob wir nun gleich hier nur geringe Spuren Von diesen herrlichen und seelgen Creaturen Vermercken, da sie sich für unsern Sinn verhüllen; So wird sich iederman doch leicht bereden lassen,
Daß
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Neu-Jahrs-Gedicht.
Da ja von einem Schaaf zu einem Hund’ allein Die Staffeln faſt unzehlig ſeyn. Und wie von dem zu uns die Abſtaͤnd’ |ohne Zahl, So daß es nicht einmahl Die wenigſte Vergleichung leidet; So unterſchiedlich muͤſſen dort, Und zwar ohn Ende fort und fort, Die Kraͤffte, die Vollkommenheiten, Empfind-Entzuͤckungen und Seeligkeiten, Jn immer, GOTT zum Lob’, aufs neu entbranntem Triebe Zu finden ſeyn. Dieß iſt, fuͤr GOTT, ja nicht zu viel, Jndem des Schoͤpfers Macht ſo groß, als Seine Liebe, Und beide ſonder Maaß, und beide ſonder Ziel.
Anbetungs-wuͤrdiger Monarch, was ſtellt von Dir Uns die Jdee von der unſichtbarn Welt Fuͤr eine neue Groͤſſ’ auf dieſe Weiſe fuͤr! Es ſcheint, ob waͤre hier, indem wir hievon dencken, Ein neues Heiligthum uns vorgeſtellt.
So nahe kann man ſich durch nichts zur Gottheit lencken, Als wenn man, da Er ſich als einen Geiſt uns zeiget, Der aller Geiſter Geiſt; zu Jhm, fuͤr Luſt entzuͤckt, Auf der ohn End’ erhabnen Leiter ſteiget, Und immer mehr Vortrefflichkeiten, Und immer mehr Vollkommenheiten Jn alle Ewigkeit im Geiſtigen erblickt.
Ob wir nun gleich hier nur geringe Spuren Von dieſen herrlichen und ſeelgen Creaturen Vermercken, da ſie ſich fuͤr unſern Sinn verhuͤllen; So wird ſich iederman doch leicht bereden laſſen,
Daß
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Neu-Jahrs-Gedicht.
Da ja von einem Schaaf zu einem Hund’ allein
Die Staffeln faſt unzehlig ſeyn.
Und wie von dem zu uns die Abſtaͤnd’ |ohne Zahl,
So daß es nicht einmahl
Die wenigſte Vergleichung leidet;
So unterſchiedlich muͤſſen dort,
Und zwar ohn Ende fort und fort,
Die Kraͤffte, die Vollkommenheiten,
Empfind-Entzuͤckungen und Seeligkeiten,
Jn immer, GOTT zum Lob’, aufs neu entbranntem Triebe
Zu finden ſeyn. Dieß iſt, fuͤr GOTT, ja nicht zu viel,
Jndem des Schoͤpfers Macht ſo groß, als Seine Liebe,
Und beide ſonder Maaß, und beide ſonder Ziel.
Anbetungs-wuͤrdiger Monarch, was ſtellt von Dir
Uns die Jdee von der unſichtbarn Welt
Fuͤr eine neue Groͤſſ’ auf dieſe Weiſe fuͤr!
Es ſcheint, ob waͤre hier, indem wir hievon dencken,
Ein neues Heiligthum uns vorgeſtellt.
So nahe kann man ſich durch nichts zur Gottheit lencken,
Als wenn man, da Er ſich als einen Geiſt uns zeiget,
Der aller Geiſter Geiſt; zu Jhm, fuͤr Luſt entzuͤckt,
Auf der ohn End’ erhabnen Leiter ſteiget,
Und immer mehr Vortrefflichkeiten,
Und immer mehr Vollkommenheiten
Jn alle Ewigkeit im Geiſtigen erblickt.
Ob wir nun gleich hier nur geringe Spuren
Von dieſen herrlichen und ſeelgen Creaturen
Vermercken, da ſie ſich fuͤr unſern Sinn verhuͤllen;
So wird ſich iederman doch leicht bereden laſſen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/515>, abgerufen am 19.02.2025.
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